Ein Bäckerehepaar steht in seiner Backstube
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Die Laumers in ihrer Backstube

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Viechtacher Traditionsbäckerei: Mitarbeiter verzweifelt gesucht

Personal für Bäckereien ist Mangelware. Der Beruf wird immer unbeliebter, nicht nur wegen der nächtlichen Arbeitszeiten. Inzwischen trifft das auch alteingesessene Traditionsbäckereien, die wegen des Personalmangels ans Aufhören denken müssen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Die Bäckerei Laumer im niederbayerischen Viechtach im Landkreis Regen ist eine Institution: Die "Laumer"-Brezen gehören zum Bürgerfest wie das Bier und die Live-Musik. Aber heuer wird es auf dem beliebten Fest keine Brezen aus der Traditionsbäckerei neben der Kirche mehr geben, die laut Familienchronik seit 380 Jahren familiengeführt ist. Die Bäckerei hat den lukrativen Fest-Auftrag abgesagt. Grund: Personalmangel.

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Drei Arbeitskräfte für Tausende Backwaren pro Tag

Man schaffe auch das Alltagsgeschäft gerade noch so. Für täglich 1.600 gemischte Semmeln, 700 bis 1.000 Brezen, 40 Brote und zusätzlich Kuchen und Gebäck müssen inzwischen gerade mal drei Arbeitskräfte reichen. Ein angestellter tschechischer Bäcker, der schon jahrelang beim "Laumer" arbeitet, ein Lehrling und der Chef Johannes Laumer selbst.

Viechtacher Bäcker sucht verzweifelt nach Personal

Zwei weitere Bäcker und mehrere Helfer könnte der 40-Jährige einstellen, aber sie sind nicht zu kriegen, trotz Dauersuche:

"Ich bin überall in den sozialen Netzwerken aktiv. Ich poste das so oft, das liest, glaube ich, schon gar keiner mehr. Wir hatten ein Riesenplakat draußen am Stadtplatz aufgehängt. Wir hatten es in der Zeitung und suchen über Kleinanzeigen, fragen über Bekannte." Ramona Laumer, Chefin der Bäckerei Laumer

Doch es bewirbt sich kaum jemand und wenn doch, dann bleiben die Bewerber oft nur kurz da.

Kündigungen per WhatsApp von heute auf morgen

Bewerber, die sich ankündigen, aber dann nie erscheinen oder Leute, die nur einen Tag bleiben – die Laumers haben schon fast alles erlebt, sagen sie. Es sei schon früher schwierig gewesen, genug Personal zu finden. Aber seit Corona verhalten sich die Leute immer verrückter, sagt das Bäcker-Ehepaar.

"Inzwischen wird zum Beispiel einfach per WhatsApp gekündigt. Man bekommt bloß noch eine Nachricht: 'Du, ich komme morgen nicht mehr!' Eine hat sich verliebt, ist deshalb Knall auf Fall weggezogen. Eine andere hat mir am Sonntag geschrieben, dass sie am Montag nicht mehr kommt." Johannes Laumer, Bäckermeister

Viechtach hat viel Industrie, die nehme Personal weg, sagt Johannes Laumer. Aber daran allein liege es nicht. Handwerksberufe werden generell immer unbeliebter.

Johannes Laumer gibt auch der Debatte um die 4-Tage-Woche in Deutschland schuld an der Misere. Die Industrie und große Arbeitgeber könnten die 4-Tage-Woche bieten, eine handwerkliche Bäckerei nicht, zumindest solange die Kunden täglich frische Semmeln wollen und keine Aufbackware.

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Die Bäckerei Laumer ist in Viechtach eine Institution.

Gutes Betriebsklima, Laden nur noch vormittags auf

Das gutgehende Café hat das junge Paar, das die Bäckerei vor zehn Jahren von den Eltern übernommen hat, schon länger geschlossen. Grund war auch da der zunehmende Personalmangel, vor allem für den Cafébetrieb am Wochenende. Der Laden ist jetzt auch nur noch vormittags geöffnet. Weiter reduzieren kann man nicht mehr, weil man aus der Backstube auch jeden Tag mehrere große Hotels und Campingplätze in der Region mit frischen Semmeln beliefert.

Urlaub und das Familienleben mit den beiden sechs und sieben Jahre alten Kindern kommen für Ramona und Johannes Laumer schon lange zu kurz. Ewig schaffen die zwei das nicht mehr: "Wenn sich nichts tut und gar nichts ändert, dann geht das nur noch ein paar Wochen und dann gibt es den großen Knall", befürchtet Ramona Laumer.

Stammkunden schätzen die handwerkliche Qualität

Die beiden haben schon öfter überlegt, ganz aufzuhören mit dem Betrieb oder ihn extrem zu verkleinern. Doch das ist schwierig, auch weil Schulden abzuzahlen sind. Außerdem ist Bäcker für Johannes Laumer sein "Traumberuf". Aus wenig Zutaten Gutes machen, das mache ihm bis heute Spaß. An die Arbeitszeiten ab 1 Uhr nachts gewöhne man sich. Dafür habe man vormittags schon wieder Feierabend.

Das Betriebsklima ist gut: "Mir gefällt die Arbeit und ich mag den Bäckerberuf. Er ist abwechslungsreich und es kommt immer was Schönes raus", sagt Martin Lobersiner, angestellter Bäcker beim "Laumer". Und Anita Stern sagt: "Ich verstehe nicht, dass sich keiner bewirbt, weil wir wirklich ein tolles Team haben und auch tolle Ware, hinter der man stehen kann", so die Bäckereifachverkäuferin.

Für die Viechtacher wäre es sowieso unvorstellbar, wenn "der Laumer" aufhört. Die vielen Stammkunden schätzen die gute handwerkliche Qualität.

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Über Anzeigen und Social Media sucht die Bäckerei neue Mitarbeiter.

Dieser Artikel ist erstmals am 11.06.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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