Aiways U6 SUV-Coupé triumphiert als "Firmenauto des Jahres"
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Aiways Automobile Europe GmbH

Bei der IAA Mobility in München sorgten chinesische Elektro-Autos für Aufsehen. Die EU denkt über Schutzzölle nach.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

EU untersucht Chinas Subventionen für E-Autobauer

Die Europäische Kommission will prüfen, ob chinesische Stromer durch staatliche Subventionen zu Dumpingpreisen auf den europäischen Markt gedrückt werden. Eine ähnliche Untersuchung wie einst in der Solarindustrie. Aus Peking kommt Protest.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Es ist richtig, dass Fairness hergestellt wird", begrüßt Bundesfinanzminister Christian Linder (FDP) wie seine europäischen Kollegen die Untersuchung. Diese EU-Untersuchung sei reiner Protektionismus und werde die Beziehungen Chinas mit der EU stören, heißt es higegen aus Peking. Unterschiedlicher könnten die Ansichten kaum sein.

Doch um was geht es eigentlich?

Dazu ein kurzer Rückblick: China hat früher als andere erkannt, dass der Verbrennungsmotor problematisch ist – extrem schlechte Luft auf überfüllten Großstadtstraßen zwang Peking zu dieser Erkenntnis; aber auch die jahrzehntelang erfolglosen Versuche, westliche Autobauer technisch und bei der Inlandskundennachfrage zu überholen. Volkswagen blieb unumstritten die Nummer eins.

China zündet früh den E-Turbo

Dann fielen bei den Automessen in Peking und Shanghai ab dem Jahr 2008 erstmals Kampagnen für "grünen" Antrieb auf. Doch die großen, auch deutschen Autokonzerne reagierten lange verhalten. Die chinesische Politik zwang sie dann zwar in eine gemeinschaftliche Produktion von Elektroautos. Doch einen wirklichen Turbo in Richtung E-Antrieb zündeten eher rein chinesische Firmen.

Das geschah von Anfang an mithilfe von Subventionen. 2009 legte Peking ein Subventionsprogramm auf, das an die Hersteller ausgezahlt wurde. Ende vergangenen Jahres lief es aus. Die Beratungsfirma AlixPartners, seit vielen Jahren Experte auf dem chinesischen Automarkt, hat ausgerechnet, wie viel Geld zwischen 2016 und 2022 floss: umgerechnet 57 Milliarden Dollar für sogenannte grüne Fahrzeuge – wobei die Chinesen dabei Hybride mitzählen.

Hinzu kommen Anreize für den Kauf solcher Fahrzeuge. Die hätten eigentlich schon auslaufen sollen. Stattdessen wurden sie im Juni verlängert. Bis Ende 2025 fallen Kaufsteuern weg. Für 2026 und 2027 muss der Kunde nur die Hälfte der normalerweise anfallenden Steuer zahlen. Geschätzte Summe dieser Unterstützung: umgerechnet 66 Milliarden Euro. Hinzu kommen weitere Anreize auf unteren politischen Ebenen, zum Beispiel in den Provinzen oder Städten. Die haben ein Interesse am Verkauf von E-Autos, weil sie Teilhaber bei Autobauern sind. So ist beispielsweise Chery im Besitz der Stadt Wuhu in der ostchinesischen Provinz Anhui.

Zulassungsverfahren bevorzugen E-Autos

Ein weiterer großer Anreiz zum Kauf eines E-Autos ist das Zulassungsverfahren – gerade in Metropolen wie Shanghai und Peking eine langwierige und teure Sache. Es sei denn, man will ein Auto mit E- oder Hybridantrieb zugelassen bekommen. Wenn man sich um ein grünes Nummernschild bewirbt, ist die Zulassung kostenlos. Eine erfolgreiche Methode, wie ARD-China-Korrespondentin Eva Lamby-Schmitt am kommenden Dienstag in der neuesten Folge des Podcasts "Welt.Macht.China" erzählt: "Wenn ich in Shanghai an der Straße stehe, dann sehe ich schätzungsweise zur Hälfte grüne und zur Hälfte blaue Nummernschilder. Blaue sind die Verbrenner." Shanghai hat vor kurzem eine Zulassungsrate von 50 Prozent grüner Schilder verkündet.

Die Subventionen gehen aber noch weiter: Von Anfang an hat man in China die Bedeutung der Lade-Infrastruktur erkannt. Batteriefirmen wie CATL stiegen so zum Weltmarktführer auf. Batteriehersteller BYD baut heute auch E-Autos und ist die Nummer eins beim chinesischen Kunden. Dazu Auto-Experte Gregor Sebastian von der auf China spezialisierten Berliner Denkfabrik Merics

"Man hat sehr, sehr viel in die Lade-Infrastruktur investiert, beziehungsweise hier hat man für Firmen Anreize geschaffen, genau das zu tun. Ich glaube, das ist der maßgebliche Faktor. Dazu kommt, dass viele Subventionen auch in Produktionsstätten für E-Autobauer geflossen sind." China- und Auto-Experte Gregor Sebastian im Podcast "Welt.Macht.China"

Das Ergebnis: laut offiziellen Zahlen sieben Millionen Ladestationen.

Welche Auswirkungen hat das auf den EU-Markt?

Noch ist der Anteil der chinesischen E-Autos in Europa relativ klein, laut EU-Kommission liegt er derzeit bei acht Prozent. In Deutschland rollen nach Zahlen des renommierten Center of Automotive Management in Bergisch-Gladbach etwa 20.000 Stück. Zum Vergleich: VW war bei uns im vergangenen Jahr Marktführer mit 200.000 verkauften Wagen, Tesla kam dahinter mit 145.000. Doch die Wachstumsraten der chinesischen Marken wie BYD sind enorm. Die EU rechnet mit einem Anteil von bald 15 Prozent. Hinzu kommen Flotten wie die von Sixt. Der Autoverleiher hat für die nächsten Jahre 100.000 BYD bestellt. Und einer Umfrage des Zulieferers Conti zufolge könnten sich 45 Prozent der befragten Deutschen vorstellen, ein chinesisches E-Auto zu kaufen.

Bleibt abzuwarten, wie sich der Preis dieser Autos auswirken wird.

Laut EU-Kommission sind E-Autos Made in China um 20 Prozent billiger als solche, die in Europa hergestellt werden. Staatliche Subventionen sind nicht der einzige Dumpingfaktor, sondern auch die Konzernstrategie von Tesla: Der amerikanische Weltmarktführer produziert seit 2022 auch in Shanghai – mit rund 700.000 Wagen die Hälfte seiner gesamten Flotte. Seit Monaten fährt Tesla in China eine heftige Rabattschlacht und hat viele andere Hersteller gezwungen, mitzuziehen.

Was passiert nun im Subventionsstreit um E-Autos?

Die EU-Kommission stellt erst einmal eine Untersuchung an. Dabei hat sie alle in China produzierten, von Batterien getriebenen Autos im Visier. Das heißt: auch die Autos von nicht- chinesischen Konzernen. Zum Beispiel von Tesla.

Die amerikanische Denkfabrik Center of Strategic and International Studies schätzt, dass mehr als ein Drittel der chinesischen E-Auto-Exporte eigentlich Teslas sind. Die EU-Kommission untersucht nun die Preise, die verwendeten Rohstoffe und die Batterien, auch die Vergabe von Krediten oder Vergabe von Firmengelände zu künstlich verbilligten Preisen. Kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass hier unfaire Subventionen vorliegen, wird über Dumpingzölle verhandelt – ähnlich wie bei Solaranlagen.

Die Reaktion in Peking: Die angekündigte Untersuchung sei "ein reiner protektionistischer Akt", heißt es aus dem Handelsministerium. Die EU behaupte, fairen Wettbewerb zu schützen, wolle aber eigentlich nur die eigene Industrie schützen. Dumpingzölle würden zwangsläufig zu schlechteren Beziehungen zwischen der EU und China führen, so das Pekinger Handelsministerium weiter.

Deutsche Wirtschaft warnt vor Konflikt

Kommt es also zu einem Wettlauf von Strafzöllen, so wie zwischen China und den USA? In der deutschen Industrie wächst die Besorgnis. Die deutschen Autobauer verkaufen etwa jedes dritte Auto in China und sind deshalb abhängig vom größten Automarkt der Welt. Volker Treier, Chef der Außenwirtschaft der Deutschen Industrie- und Handelskammern (DIHK), sagt: "Neue Handelskonflikte – und mit unserem wichtigsten Handelspartner China allemal – sind vor dem Hintergrund der derzeit multiplen Krisen völlig ungeeignet, uns aus der aktuell schwierigen Situation zu befreien."

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!