Panoramaansicht von Shanghai.
Bildrechte: stock.adobe.com

China ist der wichtigste Handelspartner von Bayern.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

China-Strategie: Was schützt die deutsche Wirtschaft?

Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) hat diese Woche in Peking "Real- statt Moralpolitik mit China" versprochen. Bundesregierung und EU wollen hingegen weniger Risiko im China-Geschäft. Die Frage ist: Was schützt die deutsche Wirtschaft wirklich?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das Versprechen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) von "Real- statt Moralpolitik mit China" ist ein Seitenhieb auf die neue China-Strategie der Bundesregierung. Die betont an vielen Stellen, wie wichtig es im Umgang mit der autokratisch geführten Volksrepublik sei, die demokratische Ordnung hochzuhalten.

China ist zwar Deutschlands und auch Bayerns wichtigster Handelspartner, aber der Export bayerischer Produkte in die Volksrepublik nahm letztes Jahr um rund vier Prozent ab. Während die Bayern rund vier Prozent mehr chinesische Produkte einkauften. Die Bundesregierung fordert in ihrer China-Strategie von deutschen Firmen beispielsweise, zu kontrollieren, dass ihre chinesischen Lieferanten nicht mit Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit produzieren.

Deutschland will weiterhin "wirtschaftliche Verflechtung mit China"

Der für die deutsche Wirtschaft entscheidende Absatz der deutschen China-Strategie lautet aber: "An der wirtschaftlichen Verflechtung mit China wollen wir festhalten. Abhängigkeiten in kritischen Bereichen wollen wir jedoch verringern, um von ihnen ausgehende Risiken zu mindern." Das Schlagwort: De-Risking. Beispiele: Weniger enge Handelsbeziehungen in der Medizintechnik und bei Hightech-Vorprodukten wie Computer-Chips, Exportkontrollen für Güter, die möglicherweise gegen Deutschland eingesetzt werden könnten, Schutz von IT-Netzen und anderer kritischer Infrastruktur.

Außerdem fordert die Bundesregierung in ihrer Strategie einen besseren Marktzugang deutscher Firmen in China unter anderem in Dienstleistung, Finanzwirtschaft und bei öffentlichen Aufträgen. Das Argument: "Chinesischen Unternehmen steht der europäische Beschaffungsmarkt offen."

Wie dem chinesischen Innovations-Turbo begegnen?

Und nicht nur der, sagt Jörg Wuttke, lange Jahre Präsident der europäischen Handelskammer in China: "Bei vielen Produkten sind die Chinesen weit voran, etwa mit Solarpanels, die unglaublich billig sind. Das hat Folgen: China kann zweieinhalbmal die ganze Welt mit Solarpanels beglücken. Bei Windturbinen ist es ähnlich, und bei Autos wird fast die Hälfte aller Elektromobile in China hergestellt."

Trotzdem sieht Wuttke keine aussichtslose Situation: Noch seien die Europäer vorn, wenn es um komplexe Prozesse der Industrie gehe. Diesen Vorsprung im Know-how gelte es zu halten. "Das geht nur über Bildung", sagt Wuttke. Mit Sorge sieht er deshalb, dass Peking viel mehr Geld als die EU in Bildung, Forschung und Entwicklung pumpt.

Umfrage: Deutsche Unternehmen sehen sich in China benachteiligt

Die deutsche Auslandshandelskammer (AHK) analysiert jedes Jahr die Stimmung in den rund 5.000 deutschen Firmen in China, die dort eine Million Arbeitsplätze geschaffen haben. Die Unternehmen klagen seit langem über Benachteiligungen gegenüber der heimischen Konkurrenz. Denn China hat längst eine eigene De-Risking-Politik: Der Anteil ausländischer Komponenten in chinesischen Produkten sinkt seit Jahren deutlich.

Das erklärte Ziel der kommunistischen Partei ist es, bis zur 100-Jahrfeier der Volksrepublik im Jahr 2049 zur führenden globalen Wirtschaftsmacht aufzusteigen. "Wir wollen Hightech-Chips, aber die USA wollen sie durch Allianzen mit anderen Ländern von uns fernhalten", so der chinesische Generalkonsul Tong Defa im BR-Interview vor einigen Monaten. "Was sollen wir also machen? Rumsitzen und sterben? Ganz sicher nicht!"

Strategien für die Zeit nach den goldenen Jahren

Die Konkurrenz wird immer härter. "Die goldenen Jahre sind vorbei", sagte Jens Hildebrandt, Geschäftsführer der Außenhandelskammer (AHK) in Peking, kürzlich beim Wirtschaftsnetzwerk Chinaforum Bayern. "Dennoch wollen über 90 Prozent nicht weg aus China. Anders als früher ist der Grund aber nicht mehr Ausdehnen des eigenen Marktes, sondern nur Erhalten der Wettbewerbsfähigkeit."

Viele deutsche Firmenzentralen würden sich bereits auf das De-Risking einstellen und auch in Indien, Vietnam, Thailand und Indonesien investieren. Einige organisierten ihr China-Geschäft sogar komplett getrennt vom restlichen Weltmarkt – um im Fall reißender Lieferketten nicht von der Volksrepublik abhängig zu sein. Diese Strategie nennt sich "China plus eins".

Auch EU skeptisch im Umgang mit China

Auch die Europäische Union (EU) beobachtet die Entwicklung in China mit Sorge. Die EU setzt auf das Instrument der Strafzölle, wenn sie Dumpingpreise durch unerlaubte staatliche Subventionen feststellt. Momentan läuft deshalb in Brüssel eine Untersuchung zu den Preisen chinesischer E-Autos, die um rund 20 Prozent billiger sind als europäische Modelle.

Maximilian Butek von der AHK in Shanghai glaubt nicht, dass Strafzölle etwas bringen: "Die würden auch europäische Firmen treffen, die die Chinesen beliefern. Außerdem hätte die deutsche Autoindustrie viel zu verlieren, wenn die Chinesen Gegenmaßnahmen ergreifen." Stattdessen müsste die europäische Politik viel stärker das Prinzip der Gegenseitigkeit einfordern. Das hieße, dass die EU als Markt nur so offen ist für chinesische Firmen, wie der Markt China für europäische offensteht.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!