Ein Mädchen schaut ein Video auf TikTok an (Symbolbild)
Bildrechte: pa/dpa/Robin Utrecht

Ein Mädchen schaut ein Video auf TikTok an (Symbolbild)

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

EU ermittelt gegen TikTok wegen Mängeln beim Jugendschutz

Die EU-Kommission hat ein Verfahren gegen die Kurzvideo-Plattform TikTok eröffnet. Es geht um den Verdacht, dass TikTok Verpflichtungen zum Schutz von Minderjährigen nicht nachkommt, die mit dem EU-Gesetz für digitale Dienste verschärft wurden.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Wegen eines mutmaßlich mangelhaften Jugendschutzes hat die Europäische Union ein formelles Ermittlungsverfahren gegen TikTok eingeleitet. Dabei werde untersucht, ob das Design der App süchtig mache und ob die Kurzvideo-Plattform das Alter seiner Nutzer ausreichend prüfe, schrieb EU-Industriekommissar Thierry Breton auf X. Außerdem nähmen die Behörden die Standard-Datenschutzeinstellungen genauer unter die Lupe.

Schutz junger Europäer im Fokus

Breton erklärte, TikTok werde von "Millionen Kindern und Jugendlichen" genutzt und spiele deshalb auch eine besondere Rolle beim Schutz von Minderjährigen im Netz. Dies sei "eine der obersten Durchsetzungsprioritäten" des neuen EU-Gesetzes für digitale Dienste DSA (Digital Services Act).

Im Verfahren gegen das Unternehmen, das zum chinesischen Konzern Bytedance gehört, werde die Kommission prüfen, ob TikTok die notwendigen Maßnahmen ergreift, um das "körperliche und emotionale Wohlbefinden" junger Europäerinnen und Europäer zu schützen, kündigte der Kommissar an. Die EU dürfe hier "keine Mühe scheuen", der Jugendschutz sei "eine der obersten Durchsetzungsprioritäten" des DSA.

Digital Services Act als Grundlage

Der Digital Services Act gilt seit August vergangenen Jahres für 22 Onlinedienste mit jeweils mehr als 45 Millionen aktiven Nutzerinnen und Nutzern in der EU pro Monat und erlegt den Internet-Plattformen strenge Regeln auf. Bei einem Verstoß drohen Strafen in Höhe von bis zu sechs Prozent des weltweiten jährlichen Umsatzes.

Im vergangenen Herbst hatte die EU bereits gegen den Kurznachrichtendienst X formelle Ermittlungen eingeleitet, weil dieser nicht konsequent genug gegen Falschinformationen vorgehe. Aus ähnlichen Gründen kassierte Meta, die Mutter von Facebook und Instagram, damals eine Rüge.

Der DSA soll Online-Firmen dazu zwingen, Hassbotschaften sowie andere illegale Inhalte aus dem Internet zu verbannen. Manipulative Praktiken, die Nutzer zu Käufen drängen, sind ebenso verboten wie auf Kinder ausgerichtete Werbung.

TikTok-Algorithmus soll auf den Prüfstand

Die EU-Kommission will in dem Verfahren insbesondere klären, ob der Algorithmus von TikTok zur Abhängigkeit führen kann und wie die Plattform gewährleistet, dass Minderjährige "effektiv" vor unangemessenen Inhalten geschützt werden. Auch der Effekt der TikTok-Videos auf Radikalisierungsprozesse ist Gegenstand des Verfahrens. In Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt waren TikTok-Inhalte in der EU und auch in den USA in die Kritik geraten.

Zudem geht es um die Transparenz der Werbung auf TikTok und den Zugang von Forschern zu den Daten der Plattform. Der DSA schreibt vor, dass Unternehmen offenlegen müssen, welche Daten sie für personalisierte Werbung nutzen. Nutzerinnen und Nutzer sollen sehen können, mit welchen Einstellungen Werbung auf sie angepasst wird und wer die Anzeigen finanziert.

Besonders sensible Daten wie sexuelle Orientierung, politische Einstellung und Religionszugehörigkeit dürfen nicht für gezielte Werbung genutzt werden. Personalisierte Anzeigen für Minderjährige sind vollständig verboten.

TikTok sieht sich als Vorreiter bei Schutzmaßnahmen

TikTok ist vor allem bei Kindern und Jugendlichen extrem beliebt und hatte nach eigenen Angaben im vergangenen April knapp 136 Millionen aktive Nutzer pro Monat in der EU. Sie können auf der Plattform selbst kurze Videos erstellen, ein Algorithmus schlägt zudem Videos zum Anschauen vor. Bei der Nutzungszeit hat die Video-App andere Netzwerke wie YouTube, Twitter, Instagram und Facebook längst überholt.

Das Unternehmen verteidigte sich gegen Vorwürfe seitens der EU. "TikTok ist ein Vorreiter bei der Entwicklung von Funktionen und Einstellungen zum Schutz von Teenagern und zum Fernhalten von unter 13-Jährigen von der Plattform", hieß es. Man wolle den Behörden diese Maßnahmen nun detailliert erläutern.

Die EU allerdings zeigte sich misstrauisch. Die geschäftsführende Vizepräsidentin der EU-Kommission Margrethe Vestager erklärte, die Onlineplattform müsse die "Risiken genau abwägen", die ihre Dienste für ihre Nutzer – ob jung oder alt – mit sich brächten. Die Kommission werde TikTok nun eingehend prüfen.

Mit Informationen von Reuters und AFP

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!