Israelisch-deutsches Projektorchester in Gunzenhausen
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Israelisch-deutsches Projektorchester in Gunzenhausen: Nach einer einzigen Probe spielen die Jugendlichen gemeinsam Konzerte.

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Viel mehr als Musik: Israelisch-deutsches Projektorchester

Sie haben sich zuvor noch nie gesehen und noch nie zusammen Musik gemacht: Nach nur einer gemeinsamen Probe spielen rund 50 israelische und deutsche Musiker heute und am Sonntag gemeinsam Konzerte in Gunzenhausen. Dabei geht es um mehr als nur Musik.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Es wimmelt vor jungen Menschen in der Aula der Wirtschaftsschule Gunzenhausen. Musikinstrumente werden hereingetragen, Stühle zurechtgerückt und Notenständer positioniert. Eine gewisse Anspannung ist spürbar. Etwa 50 junge Musikerinnen und Musiker setzen sich auf ihre Plätze. Sie kommen zur Hälfte aus der israelischen Stadt Kfar Vradim, zur Hälfte aus Gunzenhausen. Zusammen sind sie das erste israelisch-deutsche Projektorchester in der Altmühlstadt.

Eine musikalische Einheit – eine gemeinsame Sprache finden

Die beiden Chorleiter Mario Hendreich und Reuven Malach halten die Taktstöcke in der Hand. Im Vorfeld wurden Noten zwischen Kfar Vradim und Gunzenhausen hin- und hergeschickt. Nun sei es die größte Herausforderung, wie die beiden Orchester die Stücke interpretieren, sagt der Gunzenhäuser Musiker Mario Hendreich. Aber Reuven Malach, Chorleiter aus Kfar Vradim, ist davon überzeugt, dass die Musiker aus Israel und Deutschland eine gemeinsame Sprache finden werden. Und das tun sie. Die ersten Klänge zusammen sind noch etwas zaghaft, doch dann entwickelt sich das Projektorchester Note um Note zu einer musikalischen Einheit.

"Bereit, Fragen zu stellen"

Die Idee für das Projektorchester hatte Ilan Katz aus Kfar Vradim zusammen mit Pfarrer Matthias Knoch aus Gunzenhausen. Katz sei es wichtig, die israelische, jugendliche Identität aufzubauen, sagt er. Die habe mit dem Holocaust zu tun, aber auch mit Toleranz. "Man redet mit Jugendlichen nicht sehr oft über ihre Identität. Das ist ein Fehler meiner Meinung nach", so der ehemalige Lehrer. Die Reise nach Deutschland soll für die Jugendlichen so auch zur Suche werden. Denn die Geschichte sei ein wichtiger Teil der jüdischen Identität, meint Katz.

Die jungen Menschen hätten ein Interesse an der Geschichte – sowohl in Israel als auch in Deutschland. "Die Jugendlichen sind bereit, Fragen zu stellen", berichtet Katz von seinen Begegnungen mit jungen Menschen. Für Pfarrer Matthias Knoch ist dieses Orchester eine Herzensangelegenheit. "Wenn ich sehe, wie diese jungen Leute zusammen musizieren, wie sie aufeinander zugehen, dann ist das wie Weihnachten", sagt Matthias Knoch. "Wir haben die Hoffnung, dass so ein Weg in die Zukunft geht, wo ein Miteinander da ist."

Jugendliche wollen mehr über Vergangenheit wissen

Die israelischen Jugendlichen selbst haben eine klare Erwartung an ihre Reise nach Gunzenhausen. Sie wollen Spaß haben. Aber sie wollen auch mehr über die Vergangenheit lernen. "Es wird bestimmt aufregend und sehr lehrreich", sagt Ofri. Das denkt auch Yonathan. "Ich will Musik machen und erfahren, was in der Vergangenheit hier passiert ist", erklärt der Junge. Deshalb haben die Verantwortlichen des Projektorchesters für die Jugendlichen eine Stadtführung durch Gunzenhausen organisiert – auf den Spuren der jüdischen Gemeinde. Sie hören viele Geschichten über jüdische Familien und ihre Schicksale.

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Die israelischen Jugendlichen bei ihrem Besuch im Jagdschloss von Gunzenhausen.

Jüdische Kultur ist Teil der Stadtgeschichte

Für die Stadt Gunzenhausen ist das israelisch-deutsche Projektorchester ein wichtiger Baustein in der Aufarbeitung der Stadtgeschichte, sagt Gunzenhausens Bürgermeister Karl-Heinz Fitz (CSU). Gerade in diesem Jahr, in dem Gunzenhausen sein 1.200-jähriges Stadtjubiläum feiert. "Im Zuge dieser Aufarbeitung ist es mir wichtig, dass man gerade jetzt junge Menschen zusammenbringt. Dass wir einfach gegenseitig zeigen, wie wir leben, wie wir denken", sagt Fitz. Denn die jüdische Kultur war über Jahrhunderte Teil der Stadt.

  • Zum Artikel: Gunzenhäuser Taharahaus erzählt jüdische Geschichten

"Mit Musik macht man es nur besser"

Das israelisch-deutsche Projektorchester ist viel mehr, als ein Musikensemble. Es schaffe eine Verbindung zwischen den beiden Kulturen, sind alle Beteiligten überzeugt. "Das ist der beste Schritt in die beste Richtung und mit Musik macht man das immer nur besser", sagt Maximilian, der bei einem Nena-Medley einen der Solo-Parts übernimmt.

Mit der ersten gemeinsamen Probe des israelisch-deutschen Orchesters sind alle sehr zufrieden. Auch darin sind sich alle Musikerinnen und Musiker einig. "Es lief sehr gut. Ich denke, wir sind bereit für die Konzerte", meint Ofri.

Das israelisch-deutsche Projektorchester spielt heute um 17.30 Uhr auf dem Gunzenhäuser Marktplatz und am Sonntag um 13.00 Uhr in der evangelischen Stadtkirche in Gunzenhausen.

Musiker eines Orchesters spielen Blechblasinstrumente.
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50 Musikerinnen und Musiker aus Franken und Israel spielen gemeinsam. Der Anlass: 1.200 Jahre Gunzenhausen

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