Hört nach fast 40 Jahren auf: das Betreiberehepaar Monika Wagner-Repiscus und Mathias Repiscus vor dem Bockshorn im Würzburger Kulturspeicher
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Hört nach fast 40 Jahren auf: das Betreiberehepaar Monika Wagner-Repiscus und Mathias Repiscus vor dem Bockshorn im Würzburger Kulturspeicher

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Offener Brief: Künstler setzen sich für Kabarettbühne ein

Nachdem das Betreiber-Ehepaar aufhört, ist die Zukunft der Würzburger Kabarettbühne "Bockshorn" ungewiss. Nun setzen sich Künstlerinnen und Künstler aus ganz Deutschland in einem offenen Brief für den Erhalt ein: Ein "Aus" der Bühne fänden sie fatal.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Das Bockshorn im Keller des Würzburger Kulturspeichers: Im gesamten deutschsprachigen Raum hat die Kabarettbühne einen exzellenten Ruf und ist vergleichbar mit der Lach- und Schießgesellschaft in München oder den Wühlmäusen in Berlin. Doch zum Jahreswechsel droht das Aus: Das bisherige Betreiber-Ehepaar geht in den Ruhestand und die Nachfolge ist noch unklar.

Während die Stadt über Mischkonzepte nachdenkt, fordern mehr als 30 namhafte Künstlerinnen und Künstler wie Urban Priol, Torsten Sträter und Luise Kinseher zusammen mit 15 Künstleragenturen in einem offenen Brief den Erhalt und Fortbestand der Würzburger Kleinkunstbühne Bockshorn als reine Kabarettbühne. Das Schreiben richtet sich an den Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchart (CDU) und an die Mitglieder des Würzburger Stadtrats.

Offener Brief aus Sorge um Zukunft der Kabarettbühne

Verfasst hat den Aufruf Johannes Sens, Schlagzeuger der fränkischen Folkband "Gankino Circus". In der Nacht zum Freitag hat er den Brief verschickt, wie er im BR-Gespräch bestätigt. Darin weist er eindringlich auf die Bedeutung des Bockshorns für die deutschsprachige Kabarettszene bis nach Wien und die Schweiz hin. Grund für die Besorgnis des in Leipzig wohnenden Schlagzeugers und seiner Unterstützer: Mitte Oktober hatte das Betreiber-Ehepaar Monika und Mathias Repiscus angekündigt, zum Ende des Jahres altersbedingt aufzuhören. Seitdem ist die Zukunft ungewiss.

Während sich das Ehepaar wünscht, dass das Bockshorn als reine Kabarettbühne fortgeführt wird, gab es bei der Stadt schon Überlegungen für Mischkonzepte. Auch eine Übergabe des Bockshorns an das Würzburger Amateurtheater Chambinzky stand schon im Raum, nachdem den Betreibern der Mietvertrag für ihre bisherige Spielstätte gekündigt worden war. Eine solche Veränderung der Nutzung "dieser einzigartigen Bühne" hätte der Ansicht von Johannes Sens nach jedoch fatale Auswirkungen, wie er in dem offenen Brief an die Stadt warnt. Gemeint ist mit der veränderten Nutzung die mögliche Umwandlung von der Kabarett- zur Theaterbühne.

Entsetzen in der Szene über mögliches Aus

In der Szene gebe es derzeit Entsetzen, "wenn wir sehen, dass eventuell das Bockshorn in dieser Form nicht bewahrt werden soll. Und die Besorgnis besteht darin, dass ignoriert oder übersehen wird, welchen Wert das für den Lebensraum Würzburg hat, eine solche Bühne in seiner Mitte zu haben", so Sens gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Die gesamte Kleinkunstszene kämpft dem Brief zufolge nach wie vor mit den Folgen der Coronakrise, sodass der Verlust des Bockshorns schwerwiegende Folgen für die Kulturszene haben könnte.

Sens erhoffe sich nun, dass die Erfahrung des Ehepaars Repiscus in die Entscheidung der Stadt mit einfließe. "Über die vergangenen Jahrzehnte hat das Bockshorn unter der Leitung von Mathias und Monika Repiscus eine herausragende Rolle als kultureller Treffpunkt und bedeutender Impulsgeber für die Kabarettszene in Deutschland gespielt", heißt es im Brief. Das Bockshorn habe "wie nur wenige andere Bühnen in der Republik einer immensen Zahl an Künstlerinnen und Künstlern eine lebenswichtige Plattform geboten" – so zum Beispiel Michael Mittermeier, Dieter Nuhr oder Frank Markus Barwasser.

Forderung der Künstler: Bockshorn soll Kabarettbühne bleiben

Der Musiker erhofft sich, "dass die Entscheidung in der vollen Breite getroffen wird und nicht auf ein Faktum verengt – nämlich das, dass es ein anderes Theater gibt, das eine Nachfolge-Spielstätte braucht", wie er am Freitag im Bayern1-Gespräch betont. "Ich möchte, dass die Politik intelligent genug handelt, um vielleicht beides zu erhalten oder einen Kompromiss zu finden."

Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Briefs möchten den OB und den Stadtrat "eindringlich darum bitten, die Entscheidungen zur weiteren Nutzung der Bühne mit größter Sorgfalt zu treffen", wie es heißt. Im Oktober hatte es von Seiten der Stadt geheißen, es sei bei der Suche nach Nachfolgern für die bisherigen Bockshorn-Betreiber Monika und Mathias Repiscus bislang gar kein reines Kabarett-Konzept eingereicht worden, weshalb eben nun auch andere Konzepte erwogen würden.

Prominente Unterzeichner unterstützen Brief

Dem Verfasser des Briefs gehe es bei der Forderung nach dem Fortbestand der Kabarettbühne nicht um einen "dogmatischen Begriff des Kabaretts", wie er im BR-Gespräch betont. Es gehe um "jegliche Form zeitgenössischer Kabarett-, Kleinkunst-, Comedy-"Kunst, also um "das, für das das Bockshorn eben steht. Das kann man ja heutzutage nicht mehr alleine auf das Kabarett verengen", so Sens.

Nun hänge es an den Politikern, die über die Zukunft des Bockshorns entscheiden müssen. Da seien "kluge Entscheidungen gefragt", so Sens – "das sollte möglich sein in so einer wunderbaren Stadt wie Würzburg." Mitunterzeichnet haben den Brief zum Beispiel Urban Priol, Luise Kinseher, Josef Hader, Wolfgang Krebs, Torsten Sträter, Michl Müller, Matthias Egersdörfer, Max Uthof, Carolin No, Django Asül und Volker Pispers sowie Künstleragenturen aus ganz Deutschland. Eine im September gestartete Online-Petition für den Erhalt des Bockshorns als reine Kabarettbühne haben mittlerweile fast 4.000 Menschen unterzeichnet.

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