Arbeiter rollen Teppich vor dem Festspielhaus aus
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Roter Teppich für die Festgäste: Bayreuther Festspiele

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Bayreuther Festspiele: Kompetenzwirrwarr "belastet alle"

Auf dem Grünen Hügel gibt es Reformbedarf, darüber sind sich alle Beteiligten einig. Der bayerische Kunstminister Markus Blume drängt auf "klare Verantwortlichkeiten", die es bisher "teilweise" nicht gebe. Bleibt Katharina Wagner Festspielchefin?

Über dieses Thema berichtet: BR-KLASSIK - Der Vormittag am .

Der Putz blättert, das ist im Bayreuther Festspielhaus nicht zu übersehen: Die Sanierung des von Wagner-Fans liebevoll als "Scheune" bezeichneten historischen Gebäudes läuft, die aufgestemmten Wände im Eingangsbereich wirken derzeit alles andere als repräsentativ. Als bei der Eröffnung der diesjährigen Saison ein Gewitterregen prasselte, bekamen auch die Gäste, die sich ins Foyer gerettet hatten, nasse Füße: Das Wasser "marschierte" flugs über die Türschwellen. Der marode Zustand der Anlage schien ein Sinnbild der reformbedürftigen Institution. Festspielchefin Katharina Wagner hat sogar ihre Vertragsverlängerung von einschneidenden Veränderungen abhängig gemacht, wie sie dem BR sagte.

"Was Bayreuth hilft: Es spielt in eigener Liga"

Dazu zählt sie die Schaffung einer Marketing- und Sponsoring-Abteilung, vor allem aber eine organisatorische Neuaufstellung. Dass in Bayreuth so viele mitreden, macht jede Entscheidung zum (langwierigen) Abenteuer: Eigentümer der Immobilie ist eine Stiftung, die die Liegenschaft an eine GmbH vermietet. Zu deren Gesellschaftern zählen der Bund (29 %), der Freistaat Bayern (29 %), die Stadt Bayreuth (13 %) und die Gesellschaft der Freunde (noch 29 %, womöglich bald nur noch 13 %). Neben der Gesellschafterversammlung gibt es noch den achtköpfigen Verwaltungsrat, eine Medien-Tochterfirma und die Stämme der Familie Wagner, die in der Presse auch schon mal als zerstrittene "FIFA von Bayreuth" bezeichnet wurden und in der Stiftung immerhin vier von 24 Stimmen haben.

"Es ist zu wenig, einfach mit dem alten Stiefel weiterzumachen. Jede Einrichtung, und sei sie auch noch so erfolgreich, muss sich prüfen, ob sie wirklich am Puls der Zeit ist, ob sie wirklich die nächste Generation begeistern kann", so der bayerische Kunstminister Markus Blume (CSU) im Gespräch mit dem BR über den derzeitigen Zustand des Festivals: "Was Bayreuth hilft: Es spielt in einer eigenen Liga. Der Mythos ist nach wie vor aktuell und funktioniert, aber das entbindet nicht von der Notwendigkeit, sich zu fragen, was die nächsten Schritte sein sollten bei der Frage, wie man sich modern vermarkten kann. Das Getöse gehört ja in Bayreuth immer etwas dazu, sollte aber die Arbeitsabläufe nicht zu sehr überlagern."

"Manche Dinge klarer trennen"

Das Kompetenzgestrüpp scheint die Festspiele derzeit allerdings immer wieder auszubremsen. So legte Katharina Wagner Wert auf die Feststellung, sie sei gegen eine Erhöhung der Kartenpreise gewesen. Damit schob sie Geschäftsführer Ulrich Jagels den "schwarzen Peter" für den in diesem Jahr vergleichsweise schleppenden Vorverkauf vor allem für den vierteiligen "Ring des Nibelungen" zu. Minister Blume hält die "Laufwege" in den Gremien nicht mehr für passend, wie er betont: "Die Dinge sollten mit Geschäftsführung und Verwaltungsrat nicht hakelig diskutiert werden, sondern jeder sollte wissen, was seine Aufgaben sind. Dazu braucht es klare Verantwortlichkeiten. Das werden wir im Gesellschafterkreis beraten. Da sind manche Dinge noch klarer voneinander zu trennen: Wer hat die künstlerische Leitung und wer ist für die kaufmännischen Angelegenheiten verantwortlich. Auch auf der Ebene darunter muss klar sein, wer für was zuständig ist. Das ist heute teilweise nicht der Fall, und das belastet alle."

"Es gibt keine Kontroversen"

Demgegenüber ist Verwaltungsratschef Georg von Waldenfels der Meinung, dass sich die Struktur der Festspiele "bewährt" habe, wie er dem BR sagte. Er ist gleichzeitig Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth, die jährlich drei Millionen Euro aufbringen: "Es gibt wenige Mäzenaten, die so mit eingebunden sind wie wir, seit bald siebzig Jahren. Wir haben im Verwaltungsrat immer einstimmige Beschlüsse, wenn auch nach vielen Diskussionen. Da gibt es keine Kontroversen." Allerdings säßen Finanzexperten als Gäste mit am Tisch, die ihre Meinung sagen müssten. Gleichwohl habe der Verwaltungsrat immer "relativ schnell" gehandelt.

Von Waldenfels verweist auf das Kartenkontingent für seinen Verein. Es sei wichtig, das dieses Recht ungeschmälert bleibe, unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen. Damit verweist er auf die Spekulation, die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth e.V. ("Großzügigkeit seit 1949") könne aus finanziellen Gründen demnächst zwei Drittel ihrer bisherigen Anteile an der GmbH an Bund und Land abtreten. Im Stiftungsrat wiederum gebe es eine Arbeitsgruppe, die sich um die "Modernisierung" der Satzung kümmere, so von Waldenfels: "Was immer das bedeutet. Da haben wir auch nur zwei Stimmen. Wir wollen auch in der Zukunft zuverlässige Partner sein."

"Schwierigkeiten im Vertrieb"

Was das Kartenkontingent betrifft, dass unter den Mäzenaten vertrieben wird, gebe es "mal mehr, mal weniger" Interesse, je nach den einzelnen Inszenierungen: "Es gibt auch Phasen, wo der eine oder andere sagt, das ist mir jetzt doch zu viel oder ich kann es mir nicht einrichten." Einen Trend, wonach es schwerer geworden sei, die Karten abzusetzen, sieht von Waldenfels nicht: "Es gab Schwierigkeiten im Vertrieb. Es war kein Versagen der Gesellschaft der Freunde, dass wir die nicht verkauften Karten zu spät zurückgegeben hätten. Die Vertriebsorganisation im Festspielhaus war diesmal nicht optimal, so habe ich Katharina Wagner verstanden. Da ist wohl auch was dran."

Minister Blume äußert sich relativ mitleidlos über die Kartenpreise von Bayreuth, die in der Spitze 459 Euro erreichen. Unter 260 Euro sind einigermaßen gute Plätze nicht zu haben: "Natürlich müssen auch die Zahlen stimmen, gerade jetzt, wo vieles unter besonderem Rechtfertigungsdruck steht in einer Zeit, wo das Geld knapp wird, weil man es für viele großartige Aufgaben gleichzeitig benötigt. Wir sehen gerade im Theaterbereich überall galoppierende Preise, die Gagen steigen, wir müssen mehr in die künstlerische Qualität investieren. Das bedeutet unter dem Strich einen Beitrag des Publikums und der Zuschussgeber, die auch gefordert sind." Bayern sei bereit, seine Verantwortung "signifikant" zu erhöhen, wenn der Bund "in derselben Weise" mitziehe, so der Kunstminister, der erwartet, dass Bayreuth in jeder Saison auch immer ein gewisses "Überraschungsmoment" bietet.

"Nicht über Plan B nachdenken"

Offenbar ist die Zukunft von Festspielchefin Katharina Wagner gesichert. Im Herbst sollen mit ihr Gespräche über eine Vertragsverlängerung beginnen, sie amtiert seit 2008: "Auch in Bayreuth ist am Ende das künstlerische Konzept für den dauerhaften Erfolg der Festspiele entscheidend. Ich finde, dass Katharina Wagner in den letzten Jahren viele spannende, zum Teil auch neue Wege gegangen ist. Es kommt darauf, die Balance zu halten, alle mitzunehmen. Die große Kunst wird sein, den Mythos Bayreuth in die Zukunft zu führen", so der Minister, der betont: "Bayreuth und Wagner gehören für mich ganz eng zusammen, davon lebt auch der Mythos. Trotzdem und gleichwohl braucht es auch ein künstlerisches Konzept das überzeugt. Im A-Fall kommt beides zusammen. Auf diesen Plan hoffe ich aus gutem Grund. Wenn man auf Plan A hinarbeitet, muss man nicht über Plan B nachdenken." Wann Wagners Vertrag verlängert wird, das wollte Blume nicht verraten. Die Gespräche würden "konsequent, aber ohne Hektik" geführt.

"Bayreuth muss begeistern"

Markus Blume hat übrigens ein Erfolgsrezept für den Grünen Hügel, das sich denkbar einfach anhört, aber leider auch denkbar schwer in die Tat umzusetzen ist: "Bayreuth muss einfach begeistern. Du musst hingehen und das Gefühl haben, Du hast einen Abend genossen, den Du sonst nirgendwo auf der Welt präsentiert bekommst. Da ist die Musik entscheidend, deshalb freue ich mich so sehr über diese Saison, weil sie musikalisch an ganz vielen Tagen großartig überzeugte."

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