Florian Kreier alias Angela Aux mit Alienmaske zu seinem neuen Album "Instinctive Travels on the Paths of Space and Time".
Bildrechte: Foto: Milena Wojhan

Florian Kreier alias Angela Aux.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Angela Aux-Album: Nachhilfe vom intergalaktischen Kunstwesen

Der gebürtige Traunsteiner ist unter mehreren Pseudonymen bekannt: Als Heiner Hendrix veröffentlicht er Text, unter Angela Aux macht er seit über zehn Jahren Singersongwriter-Pop. Nun fusioniert er seine Gewerke zu einem beeindruckenden Projekt.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Der Münchner Musikszene ist Florian Kreier schon seit längerem ein Begriff: Seine Auftritte in Frauenkleidern als Angela Aux, Bandprojekte wie Aloa Input, aber auch seine vielfältigen Interessensgebiete von Musik über Film bis hin zu Gedichten und eigenen Büchern haben ihn zu einer Gallionsfigur des Genres "New Weird Bavaria" gemacht. All diese Sachen verbindet er mittlerweile in dem Gesamtkunstwerk "Angela Aux II: Introduction to the Future Self" - Musik über Posthumanismus und Transhumanismus, Texte über die Gefahren der KI und eine Aufführung, die sich fragt, wohin es mit der Menschheit geht.

Auch taucht er mittlerweile nicht mehr wie in vorherigen Shows mit blonder Perücke auf, sondern mit einer Reptilien-Maske und nennt sich Angela Aux II. und stilisiert sich so zu einer Kunstfigur, wie es Kultmusiker wie David Bowie mit "Starman" oder Marylin Manson mit seinem Alien Messias "Omega" vormachten.

Musikalbum trifft auf Science Fiction-Roman

Das neue Album ist Teil einer großen Erzählung, zu der auch das Buch "Nach dem Ende der Zeit" gehört, genauso wie ein Film von Kreiers Lebensgefährtin, Visual Artist Susanne Steinmassl. Es sind anderthalb Stunden kryptische Texte gepaart mit ätherischen Instrumentals. "Ich habe mir eine Weile Gedanken gemacht über das Spannungsfeld von Transhumanismus und kritscher Posthumanismus", erklärt Florian Kreier die Verschmelzung seiner Projekte, "also einerseits die Frage, ob wir als Menschen, so eine Art Robocops werden und mit technischen Lösungen verschmelzen - die ersten Weichen dafür sind schon gestellt. Wenn man überlegt, wie sehr wir mit den Handys verschmolzen sind oder was ein Herzschrittmacher eigentlich bedeutet. Und auf der anderen Seite kritischer Posthumanismus in der Frage: Sollten wir eigentlich wieder ein paar Schritte zurücknehmen? Sollten wir mit der Welt viel ressourcensparender umgehen? Sollten wir zu der Technik eher so ein bisschen auf Distanz gehen? Eigentlich wollte ich nur eine Platte machen und dann habe ich angefangen einen Science Fiction Roman zu schreiben und dann hatte ich plötzlich beides."

Es sind drei Projekte mit allesamt schweren Themen und Food for Tought: Wer oder was sind wir? Müssen wir den Planeten bald verlassen? Das alles wird stellenweise sehr komplex, so komplex, dass es dem Hörer nicht immer leichtfällt, alles zu verstehen. Die Inszenierung ist ein mal mehr, mal weniger dystopischer Blick auf die Welt, zwischen Abgesang auf alles, was wir kennen, bis hin zu hoffnungsvollen Visionen.

Mit geplantem Optimismus gegen popkulturelle Dystopien

Der Song "Yesterday" erzählt wehmütig über die Ignoranz und Dummheit der Menschheit. Am Ende dieser folkigen Lagerfeuer-Ballade bleibt nichts außer dem Verständnis, dass wir doch nur Menschen - und damit irgendwie auch liebenswert sind. Trotz dieser schweren Themen und manchmal in eine Dystopie abdriftenden Texte, ist Angela Aux Ausblick auf die Zukunft oftmals gegen Ende doch positiv gestimmt: "Wenn man sich Gedanken darüber macht, welche Filme man über die Zukunft kennt, dann sind die meisten dystopisch. Es geht immer um Katastrophen. Weil es auch einfacher ist, sich schreckliche Dinge vorzustellen, als sich schöne Dinge vorzustellen. Ich habe mir dann irgendwann gedacht: Hey, vielleicht ist das eine Sache, die die Menschheit dringend lernen sollte, dass wir uns alle einloggen auf eine Positive Vision der Zukunft."

Vielleicht feiern wir eine riesige Party mit den Aliens

Am besten kommt dieser Optimismus in seinem Song "Alien Porridge" hervor. Dort wird die Idee einer Alien-Invasion gänzlich auf den Kopf gestellt: Vielleicht werden wir gar nicht angegriffen - wie es uns unzählige Filme wie "Krieg der Welten"," Mars Attack" oder "Independence Day" erzählten. Stattdessen feiern wir vielleicht eine riesige Party mit den Aliens. Eine Zukunftsvision, die John Lennon glücklich machen würde. Auch textlich kommt der Song mit einer gewissen Simplizität daher, ohne aber an Tiefgründigkeit einzubüßen. Wie in bester Beatles-Manier eben.

Man muss nicht immer komplett durchsteigen, um zu verstehen was Kreier aussagen will. Manchmal reicht es auch, den Sound auf sich wirken zu lassen. Und sich mit den Synthesizern und Geigen in das Licht der Ewigkeit führen zu lassen.

Wer ist hier das Alien?

"Ich finde diese Spannkraft faszinierend, zwischen dem Bild des Menschen und dem Bild des Aliens", schwärmt Kreier, "beides sind menschliche Erzählungen - natürlich gibt es da eine Beziehung zwischen den beiden. Die Art und Weise, wie wir uns Aliens vorstellen, ist ja eine menschliche Vorstellung und wie wir uns den Menschen vorstellen, ist auch eine menschliche Vorstellung. Dann ist die spannende Frage: 'Ist das, was wir als menschlich ansehen, vielleicht einfach Teil der Natur und wir tun gar nicht so viel dazu. Wie viel Einfluss haben Menschen, auf das, was sie sind?' – Vielleicht ziemlich wenig."

Flo Kreier ist ein Künstler, der dort weiterbohrt, wo andere schon nicht mehr weiterfragen. Der sich mit seiner Musik in einem Diskurs zwischen Leuten wie Sam Harris, James Lovelock oder Yuval Harari wiederfindet. Der es aber leider auch stellenweise verpasst, seine komplexen Gedankengänge für alle verständlich zu machen. Seine aufwändige Inszenierung ist spektakulär, intellektuell tiefschürfend und faszinierend, wirkt leider aber manchmal auch etwas prätentiös.

Trotzdem ist das Album ein wunderschöner Liebesbrief und Schwanengesang auf die Menschheit, mit Instrumentals, die von einer LoFi Stimmung eines Mac DeMarcos bis hin zu der Verspieltheit der Beatles reichen und welches man so wunderschön anhören kann.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!