Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius am Rednerpult der Führungsakademie der Bundeswehr
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Marcus Brandt

"Kriegstüchig" müsse Deutschland werden, hatte Verteidigungsminister Pistorius gesagt - und hat das jetzt im Deutschlandfunk nochmal erläutert.

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Was meint der Verteidigungsminister mit "kriegstüchtig werden"? 

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius spricht von der Gefahr eines Krieges in Europa. Er fordert, dass sich Bundeswehr und Gesellschaft daran gewöhnen und vorbereiten. Was heißt das genau? 

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

SPD-Mann Boris Pistorius ist nicht dafür bekannt, dass ihm brisante Sätze einfach so herausrutschen. Umso interessanter ist, was er nun im Interview im ZDF in der Sendung "Berlin direkt" sagte:

"Wir müssen uns wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte. Und das heißt: Wir müssen kriegstüchtig werden, wir müssen wehrhaft sein und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen." Boris Pistorius, Bundesverteidigungsminister

Pistorius: "Müssen in der Lage sein, einen Abwehrkrieg zu führen"

Das birgt durchaus Brisanz, manche werfen dem Verteidigungsminister Panikmache vor. Der erklärt sich am Dienstag noch einmal im Interview mit dem Deutschlandfunk: "Es geht nicht um Alarmismus." Der russische Angriffskrieg in der Ukraine stelle die Deutschen vor eine neue Realität. Es gebe eine Kriegsgefahr in Europa durch einen Aggressor.

Und darauf seien die Menschen mental nicht eingestellt. "Wir müssen in der Lage sein, einen Abwehrkrieg führen zu können, damit wir es am Ende nicht müssen", sagt Pistorius. 

Pistorius will die Bundeswehr rechtzeitig besser aufstellen

Es gebe zwar keine Hinweise auf einen Angriff Russlands auf einen Nato-Partner. Wenn man aber erst mit der Vorbereitung beginne, wenn ein Angriff unmittelbar bevorsteht, wäre das zu spät, so Pistorius. Vorbereiten heißt für den Verteidigungsminister vor allem, das Bundeswehrprofil auf diesen Aggressor anzupassen. In den letzten 30 Jahren sei es vor allem um Auslandseinsätze und Krisenintervention gegangen.

Dabei geht es um viel Geld. Nach der Zeitenwenderede von Bundeskanzler Scholz nach Russlands Überfall auf die Ukraine steht mit einem 100-Milliarden-Euro-"Sondervermögen" mehr zur Verfügung als in den vergangenen Jahrzehnten. Aber es geht bei der Bundeswehr auch um neue Strukturen. Pistorius hat dazu einen neuen Planungs- und Führungsstab geschaffen und Personal an wichtigen Stellen ausgetauscht. 

Was heißt Kriegstüchtigkeit für die Gesellschaft? 

Pistorius erklärt: "Eine Gefahr, die man nicht annimmt, die man nicht wahrnimmt, der gegenüber kann man sich auch nicht aufstellen. Das war die Absicht dieser Aussage." Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums hatte zuvor erklärt, die Zeitenwende sei nicht auf die Bundeswehr begrenzt. Es gehe dabei auch um eine Gesellschaft, die den Auftrag der Bundeswehr trägt und ihn stützt. Etwa bei Rüstungsprojekten, die in der deutschen Zivilgesellschaft lange für Kontroversen gesorgt hatten.

Gemeint sein dürfte auch, dass die Bundeswehr nicht nur kurzfristig durch ein Sondervermögen, sondern langfristig mehr Geld zur Verfügung hat. Denn wie es weitergeht nach dem "Sondervermögen" ist noch nicht abschließend geklärt. Bis Jahresende erwartet der Verteidigungsminister, dass rund zwei Drittel der 100 Milliarden Euro verplant sein dürften.

Bundesregierung: Es geht nicht um Prepping 

Was nicht mit Kriegstüchtigkeit der Gesellschaft gemeint ist: die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. Deren Aussetzung sei zwar aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen, sie sei aber auch keine Option mehr, hatte Pistorius vor Kurzem erklärt.

Ein stellvertretender Regierungssprecher betonte am Montag, es gehe auch nicht darum, die Bevölkerung zum Prepping aufzufordern, sprich: sich die Keller mit Lebensmitteln und Ausrüstung zu füllen. 

"Kriegstüchtig" meint auch einen "Mindsetwechsel"

Neu ist der Begriff "Kriegstüchtigkeit" übrigens nicht. Er findet sich bereits im "Deutschen Wörterbuch" der Brüder Grimm. Er spielte in der Kriegsbegeisterung vor dem Ersten Weltkrieg und in der Propaganda eine große Rolle. Die heute übliche Bedeutung ist vor allem, gerüstet zu sein für einen Krieg.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, hatte bereits im Juli von Kriegstüchtigkeit gesprochen und einen "Mindsetwechsel" angemahnt. Es gehe nicht mehr allein darum, dass die Bundeswehr ausgerüstet und die Soldatinnen und Soldaten gut ausgebildet sein sollten, sondern um eine "gesamtgesellschaftliche Integration". 

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