Mann verlässt Wahlkabine in Wladiwostock
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Ein Mann verlässt eine Wahlkabine in Wladiwostock (Foto vom 15. März 2024, zur Verfügung gestellt von der Russischen Staatsagentur TASS)

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"Verräter": Russische Führung droht nach Wahl-Protesten

Machthaber Putin will sich für weitere sechs Jahre im Präsidentenamt bestätigen lassen – die Abstimmung gilt als weder frei noch fair. Einige Protestaktionen stören die Inszenierung. Auch die Angriffe auf Belgorod beschäftigen den Kreml.

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Bei der von Freitag bis Sonntag angesetzten Präsidentenwahl in Russland ist es nach Behördenangaben zu mehreren Protestaktionen und Störversuchen gekommen. In 20 Fällen hätten Personen Flüssigkeiten in Wahlurnen geschüttet, um die Stimmzettel unbrauchbar zu machen, teilte die Kommissionsvorsitzende Ella Pamfilowa mit. Außerdem habe es in Wahllokalen acht Brandstiftungsversuche gegeben.

Medwedew spricht von "Verrätern"

Die Behördenleiterin beschimpfte die Verantwortlichen als "Drecksäcke" und drohte ihnen mit Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren. Hinter den Störversuchen stünden ukrainische Geheimdienste sowie Drahtzieher in westlichen Staaten, erklärte Pamfilowa, ohne ihre Behauptungen zu belegen. Dmitri Medwedew, von 2008 bis 2012 selbst Präsident des Landes und als Gefolgsmann von Wladimir Putin derzeit Vize-Chef des russischen Sicherheitsrates, sprach von "Verrätern", die Russlands "abartigen" Feinden Hilfe leisteten.

Russische Abgeordnete reagierten auf Berichte über Vandalismus mit der Forderung nach einem neuen Gesetz, um Wahlsaboteure mit Gefängnisstrafen von bis zu acht Jahren zu belegen.

Kremlgegner erhalten Droh-SMS

Ungeachtet der Vorfälle erklärten die Behörden, die Abstimmung verlaufe ordnungsgemäß. Fragen zu diesem Befund warf indes ein Video auf, das die russische Wahlbeobachtungsgruppe Golos in sozialen Netzwerken veröffentlichte. Es schien Mitarbeiter eines Wahllokals in der südlichen Stadt Krasnodar zu zeigen, die mehrere Stimmzettel in Urnen stopften.

Kremlkritische Menschen in Moskau berichteten dem unabhängigen Portal Meduza zufolge von Droh-SMS, die sie auf ihre Handys erhalten hätten. Darin heißt es: "Unabhängig davon, dass du Ideen extremistischer Organisationen unterstützt, freuen wir uns, dass du in Moskau wählen wirst." Dann folgt eine Aufforderung, "ruhig" an der Wahl teilzunehmen - "ohne Warteschlangen und Provokationen".

Keine echten Gegenkandidaten für Putin

Präsident Putin will sich mit der Abstimmung für weitere sechs Jahre im Amt bestätigen lassen. Die Wahl gilt als weder frei noch fair. An diesem Samstag gab die Wahlkommission den Zwischenstand der Wahlbeteiligung mit mehr als 50 Prozent an.

Die drei von der Putin-treuen Parlamentsopposition aufgestellten Bewerber gelten als reine Zählkandidaten. Seine politischen Gegner wurden von einer Kandidatur ausgeschlossen oder starben, wie der Oppositionelle Alexej Nawalny.

Für Sonntagmittag haben verschiedene oppositionelle Kräfte dazu aufgerufen, genau um 12 Uhr Ortszeit wählen zu gehen. Die entstehenden Schlangen vor den Wahllokalen sollen einen Eindruck davon geben, dass viele Menschen mit Putin und seiner Politik nicht einverstanden sind. Die Behörden warnten vor einer Teilnahme an der Aktion, in der sie "Anzeichen extremistischer Aktivitäten" erkennen.

Angriffe in Belgorod beschäftigen den Kreml

Insgesamt ruft Moskau 114 Millionen Menschen zu der als völlig undemokratisch kritisierten Abstimmung auf – mehr als 4,5 Millionen davon in den besetzten Teilen der ukrainischen Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson.

Auch auf russischem Staatsgebiet wird die Abstimmung überschattet vom Krieg, den Putin vor mehr als zwei Jahren angeordnet hat. Die Grenzregion Belgorod meldete wieder starken Beschuss, laut Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow wurden zwei Menschen getötet. Auf Videos in sozialen Netzwerken waren Luftalarmsirenen zu hören. Fotos zeigten Brände und Schäden an Gebäuden.

Die Angriffe russischer Paramilitärs aus der Ukraine auf die Grenzgebiete Belgorod und Kursk in Russland beschäftigen weiter den Kreml. Präsident Putin werde über die Angriffe auf dem Laufenden gehalten, sagte dessen Sprecher Dmitri Peskow. Seinen nicht überprüfbaren Angaben zufolge wurden alle Angriffe abgewehrt. Als Anzeichen dafür, dass der Kreml die Angriffe ernst nimmt, hatte Putin schon am Freitag persönlich reagiert. Er sagte, die Angreifer wollten die Präsidentenwahl stören. Das werde aber nicht gelingen, weil das russische Volk sich geschlossen dagegen stellen werde. 

Mit Informationen von Reuters und dpa

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