Der ehemalige US-Präsident Donald Trump
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Der ehemalige US-Präsident Donald Trump

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US-Vorwahlen: Trump - und wer ihn stoppen will

Gefühlt ist in den USA seit 2020 Dauerwahlkampf. Offiziell eröffnet wird das Rennen mit der Vorwahl der Republikaner in Iowa am 15. Januar. Zwei Rivalen können hoffen, Donald Trump noch abzufangen. Und dann ist da auch noch die Justiz. Eine Analyse.

Joe Biden gegen Donald Trump: Das ist das Duell, dem die Welt am 3. November 2020 gebannt zusah und dessen Neuauflage sie für den 5. November 2024 erwartet. Nach dem Sturm aufs Kapitol ist aus einer Richtungswahl ein Kampf ums Überleben der amerikanischen Demokratie geworden. "Als wäre die Uhr der amerikanischen Demokratie am 6. Januar 2021 kaputtgegangen, dreht sich der Präsidentschaftswahlkampf drei Jahre später um die gleiche Debatte", urteilt die französische Tageszeitung "Le Figaro". "Vor den Vorwahlen in Iowa werfen sich die beiden gleichen Protagonisten, denen die Jahre keinen Gefallen getan haben, vor, eine Bedrohung für die Demokratie zu sein."

Drei Termine im US-Wahlkampfkalender sind entscheidend

Ob es zu Trump vs. Biden kommt, entscheiden – abgesehen von gesundheitlichen Unwägbarkeiten, des 81-jährigen Amtsinhabers und seines 77-jähriger Herausforderers – die nächsten Wochen.

Drei Termine sind im US-Wahlkampfkalender besonders dick angekreuzt: der 15. Januar, an dem in Iowa der erste Vorwahl-Caucus (siehe unten) stattfindet und ein Schlaglicht auf die Chancen der Mitbewerber wirft; der "Super Tuesday" am 5. März, bei dem in 15 Staaten gleichzeitig die Vorentscheidung fällt; dazu kommt diesmal der 8. Februar, an dem der Supreme Court, das oberste US-Bundesgericht, über einen möglichen Wahlausschluss Trumps in einzelnen Bundesstaaten urteilt.

15. Januar: Vorentscheidung in Iowa

"Einer, der schlafen geht" ist die Bedeutung des amerikanisch-indigenen Wortes "Ayuhwa", von dem der Knapp-3,2-Millionen-Einwohner-Staat im Mittelwesten seinen Namen hat. Iowa eröffnet traditionell den Reigen der US-Vorwahlentscheidungen. Wirtschaftlich rangiert der Bundesstaat im oberen Mittelfeld der USA, ist klar weiß, christlich und sehr ländlich geprägt. Wo der deutschstämmige John Froehlich 1892 den Traktor erfand, leben bis heute viele von Mais- und Kartoffelanbau oder Schweinezucht. Lange als "Swing State" mit wechselnden Mehrheiten gelistet, ging Iowa bei den beiden "Trump-Wahlen" 2016 und 2020 klar an die Republikaner.

Die neuen Umfragewerte in Iowa seien so gut, dass sie fast Angst machten, scherzte Ex-Präsident Trump Ende Dezember. Er hat dort offenbar viele Anhänger. Die Zeitung "Des Moines Register" hat republikanische Vorwähler im Staat gefragt, ob die Tatsache, dass Trump seine Gegner als "Ungeziefer" bezeichnet und über illegale Migranten sagt, sie würden "das Blut unseres Landes vergiften", sie von einer Wahl Trumps abhalten könnten – was gut zwei Drittel der Befragten verneinten. 80 Prozent der republikanischen Vorwählerinnen und Vorwähler bezeichneten sich als "Lebensschützer", also dezidierte Abtreibungsgegner, mehr als 50 Prozent sind überzeugte Schusswaffenträger.

Zudem gab jeweils über die Hälfte der Befragten an, "politisch erschöpft" sowie "tief religiös" zu sein – was sich Trump aggressiv zunutze macht: Unter Biden würden Christen "verfolgt", verkündete Trump vor Ort und auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social. Außerdem habe Biden beim Entzünden seiner Weihnachtsbaumbeleuchtung die Geburt Jesu Christi nicht erwähnt.

Die Konkurrenten: Wer bleibt im Rennen?

Praktisch für Trump: Mit seiner christlichen Stimmungsmache trifft er zugleich zwei seiner drei relativ chancenreichsten Konkurrenten. Die außenpolitisch versierteste Kandidatin Nikki Haley – Ex-Gouverneurin von South Carolina (2011 bis 2017) und unter Präsident Trump US-Botschafterin bei der Uno – konvertierte erst vor ihrem Einstieg in die Politik vom Sikh-Glauben ihrer aus Indien eingewanderten Eltern zum Christentum. Der libertäre Biotech-Unternehmer und Millionär Vivek Ramaswamy (er will das FBI und die oberste Steuerbehörde abschaffen) ist der erste Hindu, der US-Präsident werden möchte.

Als zweiter Sieger nach Trump könnte daher Ron DeSantis aus dem Caucus in Iowa hervorgehen, der letzten Umfrage zufolge – wie Haley – rund elf Prozent der republikanischen Wähler von sich überzeugt. Der erzkonservative Gouverneur des 29 Wahlmänner starken Floridas ist evangelikaler Christ mit einer gern in Szene gesetzten Bilderbuchfamilie, gibt sich als Vorkämpfer gegen eine "woke" Ideologie und vertritt eine knallharte Linie in der Migrationspolitik. Lange galt er als Trumps härtester Widersacher – was wohl auch dieser so sah und ihn als einzigen aus der Verfolgerriege mit Spottnamen wie "Ron DeSanctimonious" (der Scheinheilige) oder "Ron DeSaster" adelte. Noch im Mai 2023 stattete eine CSU-Reisegruppe um Andreas Scheuer DeSantis ihren Besuch ab. Zuletzt aber brachte sein elitär-abgehobenes Auftreten die Kampagne von DeSantis ins Trudeln.

In einem TV-Duell auf dem Sender CNN lieferten sich DeSantis und Haley am 10. Januar die inzwischen gewohnte Schlammschlacht. DeSantis nannte Haley "großmäulig", die antwortete, indem sie für eine Website ihres Wahlkampfteams warb, die angeblich Dutzende von DeSantis-Lügen auflistet. Kritik an Trump übten beide kaum.

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Nikki Haley und Ron DeSantis bei der vierten Vorwahldebatte der Republikaner am 6. Dezember

Das Tal der Chancenlosen

Der "Altrepublikaner" Chris Christie – einziger scharfer Trump-Kritiker unter den Konkurrenten – hat seine Kandidatur inzwischen zugunsten aussichtsreicherer Bewerber zurückgezogen. Er wolle "sicherstellen, dass ich es Donald Trump auf keinen Fall ermögliche, jemals wieder Präsident der Vereinigten Staaten zu werden". Bei den weiteren Bewerbern Asa Hutchinson und Ryan Binkley ist nur die Frage, ob sie bei der zweiten Vorwahl in New Hampshire noch dabei sind.

Im Audio - Iowa, August 2023: Wahlkampf auf dem Rummelplatz

 USA, Cedar Rapids: Der mögliche republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige Präsident Donald Trump spricht während einer Veranstaltung im Kirkwood Community College.
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US-Wahlkampf

Und die Demokraten?

Abgesehen davon, dass die Demokraten das Ergebnis ihres Iowa-Caucus ohnehin erst am "Super Tuesday" bekannt geben wollen, wäre alles andere als eine One-Man-Show Joe Bidens eine handfeste Überraschung. Ein zugkräftiger Gegenkandidat wie Bernie Sanders, dem Iowa-Gewinner von 2020, ist nicht in Sicht. Von den Partei-Schwergewichten – etwa Gretchen Whitmer (Gouverneurin von Michigan) oder Gavin Newsom (Kalifornien) – hat diesmal niemand Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur erkennen lassen.

Die bisher einzigen selbsterklärten Gegenkandidaten Marianne Williamson (71) und Dean Phillips (54) wollen Iowa erst einmal aussitzen. Williamson, Autorin von Selbsthilfe-Bestsellern ("Rückkehr zur Liebe", "Ein Kurs im Abnehmen") hatte schon vor vier Jahren sehr erfolglos versucht, Präsidentschaftskandidatin der Demokraten zu werden. Phillips tritt vor allem an, um zu zeigen, dass es in der Partei auch einen Kandidaten diesseits des Rentenalters gibt.

8. Februar: Die Justiz spricht

Die stetig wachsende Zahl von Anklagen gegen Trump unter anderem wegen versuchten Wahlbetrugs – haben seiner Popularität an der eigenen Parteibasis nicht geschadet. Im Gegenteil: Der Ex-Präsident inszeniert sich als Opfer eines parteipolitisch gesteuerten Justizapparats. Zuletzt aber haben die Bundesstaaten Colorado und Maine Trump wegen seiner Rolle beim Sturm auf das Washingtoner Kapitol im Januar 2021 von den Vorwahlen ausgeschlossen.

Der Supreme Court kündigte auf Antrag Trumps nun eine mündliche Anhörung für den 8. Februar an. Sollten die Entscheidungen in Colorado und Maine Bestand haben und weitere Bundesstaaten sich anschließen, würden die Karten wohl noch einmal neu gemischt. Wahrscheinlich ist das nicht: Am Supreme Court sind die konservativen Richter klar in der Mehrheit – drei von ihnen wurden von Trump nominiert.

Der Kandidat macht unterdessen weiter keinen Hehl daraus, dass er es mit der Verfassung nicht so genau nimmt. Regionalmedien aus dem Bundesstaat Illinois berichteten ausgerechnet am 6. Januar, Trump habe bei der Registrierung für die dortige Vorwahl einen traditionellen Treueschwur nicht unterzeichnet, mit dem sich Bewerber verpflichten, nicht für einen Umsturz der Regierung einzutreten.

💡 Wahlwissen: Caucus und Primaries

Die US-Vorwahlen folgen von Bundesstaat zu Bundesstaat leicht unterschiedlichen Regeln. Die Hauptkategorien sind Caucus und Primaries. Beim komplexeren Caucus ernennen registrierte Wählerinnen und Wähler der betreffenden Partei (manchmal auch: alle Registrierten) lokale Delegierte, die ihrerseits in einem teils mehrstufigen Prozess regionale und nationale Delegierte bestimmen. Das Ganze wird von Reden und Debatten begleitet. Bei den Primaries können die Wähler direkt für ihre Wunschkandidat(inn)en stimmen.

Mit Material von AFP, dpa, epd

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