Die Planung der "großen Verkündigung" schien brillant: Zwei Männer, die Großes erreicht haben und noch Größeres wollen - Tesla-Chef und Twitter-Eigner Elon Musk und Floridas Gouverneur Ron DeSantis - verkünden Amerika und der Welt im inszenierten Twitter-Interview, wer der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird. Beziehungsweise, um bei der Wahrheit zu bleiben: wer gegen den Platzhirschen Donald Trump Kandidat der Republikaner werden will. Die Ausführung erinnerte dann eher an den Start von Elon Musks erster SpaceX-Rakete, die drei Minuten nach dem Start detonierte.
Die Bewerbung: Hochglanzvideo mit Tonstörung
In diesem Fall war es die Technik von Twitter, die DeSantis den Start verhagelte: Bei der Übertragung des Interviews fiel zeitweise der Ton aus. Einige Nutzer konnten sich nicht zuschalten, bei anderen wurde die Übertragung unterbrochen. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis der Kandidat seine Botschaft in Form eines aufgezeichneten Hochglanzvideos zünden konnte: "Ich bin Ron DeSantis und ich kandidiere für das Amt des Präsidenten, um unser großartiges amerikanisches Comeback anzuführen."
Serverprobleme als Zeichen des Erfolgs
Der Spott war schneller. #DeSaster gehörte am Mittwoch zu den am häufigsten genutzten Hashtags bei dem Kurznachrichtendienst. Und Ex-Präsident Trump schadronierte auf seiner Onlineplattform Truth Social: "Mein roter Knopf ist größer, besser, stärker, und er funktioniert." Doch ähnlich wie Musk seinen Raketen-Feuerball als Erfolg feierte ("Kalkuliertes Risiko"), zeigte sich auch DeSantis von Technikpannen wie von seinen zuletzt sinkenden Popularitätswerten unbeeindruckt: Der große Ansturm von Internetnutzern sei Zeichen der "Begeisterung" für seine Kandidatur, so DeSantis im rechten Nachrichtensender Fox News. Tatsächlich verfolgten zeitweise mehr als 600.000 Zuhörer das Interview - zum Schluss waren es weniger als die Hälfte.
"Hasserfüllte Agenda"
DeSantis gegen Trump: Im liberalen Amerika löst die Kandidatur Beklemmung aus. Der "Miami Herald" - wichtigstes Blatt in Floridas Metropole - fragt, wer da im Namen der republikanischen Partei zur Auswahl stehen könnte: "Ein Mann, der zum Umsturz der US-Regierung aufgerufen hat und im Mai wegen sexueller Nötigung und Verleumdung verurteilt wurde? Oder einer, der wie kein anderer Gouverneur Floridas in der jüngeren Geschichte eine extreme und hasserfüllte Agenda durchgesetzt hat?"
Der Trump-Konkurrent im Steckbrief
Die biografischen Fakten: Ron DeSantis, 44 Jahre jung, 2018 dank massiver Unterstützung durch seinen Mentor Trump ins Amt gekommener und triumphal wiedergewählter Gouverneur im ehemaligen Swing State Florida. Davor als Anwalt bei den amerikanischen Streitkräften verantwortlich für den Umgang mit den Insassen des US-Gefangenlagers Guantanamo auf Kuba, Militärberater im Irak, Kongressabgeordneter.
Sohn italienischer Einwanderer und praktizierender Katholik. Verheiratet mit der früheren Fernsehjournalistin Casey DeSantis, drei Kinder; den jüngsten Sohn Mason habe er mit heiligem Wasser aus dem See Genezareth getauft. Eine amerikanische Musterfamilie also (suggeriert die Selbstdarstellung in deutlicher Abgrenzung zur 76-jährigen "Skandalnudel" Trump).
DeSantis ist Absolvent der Elite-Universitäten Yale und Harvard - ein "Trump mit Hirn", so eine oft verwendete Zuschreibung. Für Wähler, denen das zu elitär klingt, hängt hinter seinem Schreibtisch das Trikot, das er als Kapitän einer College-Baseballmannschaft getragen hat. Und überall sonst ein Wald amerikanischer Flaggen.
DeSantis' Programm: Mehr Waffen, Zuwanderung stoppen, null "Wokeness"
"Der Mut, frei zu sein" hat DeSantis ein Ende Februar veröffentlichtes Buch genannt, in dem der Gouverneur seine Politik in Florida als "Blaupause" für die USA bewirbt. Freiheit zählt zu DeSantis Kampfbegriffen, ebenso "Normalität" und "gesunder Menschenverstand". Dieser dürfe nicht länger "eine seltene Tugend sein. In Florida beweisen wir, dass es geschafft werden kann." Dafür schreckt er auch vor politischen Showeinlagen nicht zurück. 2022 charterte er kurz vor den Kongress- und Gouverneurswahlen zwei Flugzeuge, mit denen er venezolanische Migranten von Texas auf die Ferieninsel Martha's Vineyard im Bundesstaat Massachusetts fliegen ließ, die vor allem bei wohlhabenden Demokraten beliebt ist.
Seine sonstige Bilanz: Er verschärfte das Abtreibungsrecht, lockerte das Waffenrecht, erleichterte Todesurteile, posierte vor drei Wochen mit Besuch aus Bayern - einer Gruppe CSU-Politiker um Andreas Scheuer. Und er verbot mit einem umstrittenen Gesetz Schulunterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität, erst nur bis zur dritten Klasse, später für alle Klassenstufen.
"Don't say gay" ...
Dieses von Kritikern als "Don't Say Gay" (Sag nicht schwul) bezeichnete Gesetz hat für besonders viele Schlagzeilen gesorgt - und einen bizarren Streit mit dem Unterhaltungsriesen Disney ausgelöst. Dieser hatte im vergangenen Jahr nach Protesten von Mitarbeitern das Gesetz öffentlich kritisiert. DeSantis startete daraufhin einen Rachefeldzug gegen den Vergnügungspark "Disney World" und ließ das Selbstverwaltungsrecht des Riesenparks in Orlando beschneiden.
... und der Zoff mit Disney
Disney hat im Gegenzug angekündigt, Investitionen in Höhe von einer Milliarde Dollar auf Eis zu legen. Die Summe sollte einen neuen Campus mitten im "sunshine State" finanzieren. Grund für den Kurswechsel: "veränderte Geschäftsbedingungen", wie Josh D'Amaro, der Leiter der Disney-Parks, bekanntgab – wegen Ron DeSantis also. Für die traditionell wirtschaftsnahen Republikaner eine ungewohnte Erfahrung.
Wettlauf auf der rechten Außenbahn
Dass der ehemals selbst dezidiert konservative Disney-Konzern nun einen Mini-Aufstand gegen DeSantis' Rechtskurs wagt, entbehrt nicht der Ironie. Und es zeigt, dass der selbsternannte Kämpfer gegen eine links-"woke"-Ideologie im Ringen mit Trump bisher vor allem auf die Wählerschaft der rechten Basis abzielt - damit aber gemäßigtere Wähler vergraulen könnte. Letzte Umfragen sehen DeSantis derzeit um rund 20 Prozentpunkte hinter Trump, aber immer noch meilenweit vor allen anderen republikanischen Bewerbern.
Mit Informationen von AFP, dpa und Reuters
Im Video: ARD-Korrespondent Ralf Borchard zur Kandidatur von Ron DeSantis

ARD-Korrespondent Ralf Borchard zur Kandidatur von Ron DeSantis
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