Zwei russische Touristen stehen im Musikpavillon auf dem Stuttgarter Schlossplatz und fotografieren sich (Archivbild)
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Unionspolitiker fordern einen Visa-Stopp für russische Staatsbürger (Archivbild)

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Unionspolitiker wollen Touristenvisa an Russen verbieten

Pjöngjang und Peking statt Paris und Porto: Unionspolitiker wollen, dass russische Staatsbürger keinen Urlaub mehr in der EU machen, "als sei nichts geschehen". Kanzler Scholz reagierte zuletzt ablehnend im Hinblick auf entsprechende Vorschläge.

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Russen, die sich am Strand der Adria sonnen oder in den Wellen des Atlantiks surfen? Für viele Menschen ein widersprüchliches Bild im Hinblick darauf, dass Russland in der Ukraine einen Angriffskrieg führt. Politiker von CSU und CDU haben darum ein Aussetzen der Vergabe von Touristenvisa an russische Staatsbürger gefordert.

"Urlaubs-Visa für Russen müssen gestoppt werden. Urlaubsziele dürfen in Putins Russland nicht länger Paris und Porto, sondern Pjöngjang und Peking heißen", sagte die Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), der "Bild"-Zeitung. Es gehe darum, auch der russischen Bevölkerung klare Zeichen zu setzen.

CDU-Politiker Radtke: "Wer Putin stoppen will, darf jetzt nicht locker lassen"

Der Europapolitiker Dennis Radtke (CDU) sagte der Zeitung, es sei "unerträglich, dass Russen in Europa Urlaub machen und ihr Geld verjubeln, als sei nichts geschehen". Deutschland und Europa drohten aktuell "bei den Sanktionen und bei den Waffenlieferungen einzuschlafen". Wer Putin stoppen wolle, dürfe jetzt nicht locker lassen, sondern müsse mit einer Touristenvisa-Sperre für russische Staatsbürger nachlegen.

Wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine hatten in den vergangenen Wochen bereits mehrere Länder die Vergabe von Schengen-Visa an Russen im Alleingang eingestellt. Dazu gehören Estland, Lettland, Litauen und Tschechien. Finnland will ab September folgen, Polen erwägt eine ähnliche Regelung. Dänemark dringt auf eine EU-Lösung und will sonst ebenfalls selbst handeln.

Kanzler Scholz gegen Visa-Stopp

Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich zuletzt jedoch ablehnend im Hinblick auf entsprechende Vorschläge. Bei seinem Antrittsbesuch in Norwegen vergangene Woche betonte er seine Ablehnung einer generellen Einreisesperre und verwies dabei unter anderem auf russische Staatsbürger, die vor Putins Regime flüchten. "Alle Entscheidungen, die wir treffen, sollten es nicht komplizierter für sie machen, Freiheit zu suchen und das Land zu verlassen, um der Diktator in Russland zu entkommen", sagte er. "Es ist nicht der Krieg des russischen Volks, es ist Putins Krieg."

Grünen-Vorsitzender Nouripour sieht Vorschläge ebenfalls kritisch

Auch der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sieht Überlegungen kritisch, russischen Staatsbürgern keine Kurzzeit-Visa für Besuche in der EU mehr auszustellen. Er verstehe die Gefühle derjenigen, die angesichts des brutalen Angriffs auf die Ukraine touristische Reisen russischer Bürger in die EU unterbinden wollten, sagte Nouripour der Nachrichtenagentur dpa.

Angesichts der hohen Zustimmung für Präsident Wladimir Putin in Russland, "muss man auch klar machen, dass das so nicht geht", fügte er hinzu. Auf der anderen Seite sei das Erleben von Rechtsstaatlichkeit in den Staaten der Europäischen Union etwas, "was sehr, sehr hilfreich ist, gerade gegen solche Diktaturen".

EU-Einreisesperre bislang für politische und wirtschaftliche Führung Russlands

Anstatt alle Russen auszusperren, müsse mehr unternommen werden, damit diejenigen, die Putin aktiv unterstützten, nicht mehr in die EU reisen könnten, sagte Nouripour. Der inhaftierte Kremlgegner Alexej Nawalny habe zurecht auf "die Hunderten von Oligarchen, die Teil des Systems Putin sind, hingewiesen, die weiterhin shoppen fahren nach Saint-Tropez". Der Co-Parteivorsitzende sagte, das sei kein haltbarer Zustand.

Bisher sind Personen aus der politischen und wirtschaftlichen Führung Russlands mit Einreisesperren in die EU belegt. Ende des Monats treffen sich die EU-Außenminister in Prag. Eines der Themen dürfte eine gemeinsame Linie in der Visafrage sein.

Griechenland und Spanien bei Russen am beliebtesten

Zu den beliebtesten Reiseziele innerhalb der EU zählen Griechenland und Spanien. Auch in Deutschland ist die Zahl der ausgestellten Visa zuletzt gestiegen. Die Bundesrepublik hat im Juli 5.484 Schengen-Visa an russische Staatsbürger ausgestellt, wie die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf das Auswärtige Amt schreibt. Insgesamt erhielten von März bis Juli - also in den Monaten nach Beginn des Krieges - 14.237 Russinnen und Russen ein deutsches Schengen-Visum.

Mit Material der dpa

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