Der ukrainische Präsident Wolodymyr beim Weltwirtschaftsforum in Davos
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Ukraine-Krieg: Fernduell von Putin und Selenskyj

Während der ukrainische Präsident Selenskyj in Davos um weitere Milliarden und Waffenlieferungen wirbt, droht Putin im russischen Fernsehen mit der Auflösung der Ukraine als eigenständigem Staat. Die Suche nach einem Friedensplan geht weiter.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der russische Präsident Wladimir Putin hat im russischen Fernsehen mit scharfen, verbalen Geschützen in Richtung Ukraine aufgewartet – dem Land, in das russische Truppen vor knapp zwei Jahren einmarschiert sind. "Jetzt ist es ganz offensichtlich, dass nicht nur die (ukrainische) Gegenoffensive gescheitert ist, sondern dass die Initiative vollständig in den Händen der russischen Streitkräfte liegt", sagte er am Dienstag. Putins Aussagen gipfelten in der Drohung, dass die Ukraine – falls sie den Konflikt fortführe – als eigenständiger Staat aufgelöst werden könnte. "Wenn das so weitergeht, könnte die ukrainische Eigenstaatlichkeit einen irreparablen, sehr schweren Schlag erleiden", so der Kreml-Chef.

Selenskyj sieht bei Putin kein Interesse an einer Friedenslösung

Aber auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos in der Schweiz, zu Gast war, griff aus der Ferne an Putin adressiert zu drastischen Formulierungen. "Putin ist ein Raubtier, das sich nicht mit Tiefkühlprodukten zufrieden gibt", betonte der Ukrainer. Er komme immer wieder zurück – für mehr. Will heißen: Putin hat nach Selenskyjs Aussage kein Interesse an einer Friedenslösung.

Bereits am Montag hatte sich die Schweiz ins Spiel gebracht, um eine Friedenskonferenz für die Ukraine als Gastgeber auszurichten. Auf Ersuchen des ukrainischen Präsidenten sei die Schweiz bereit, ein Gipfeltreffen auszurichten, hatte die Schweizer Regierung mitgeteilt. An dem Gipfel sollten alle Länder teilnehmen können, die die Souveränität der Ukraine respektierten, so Selenskyj vor Reportern. "Also ziehen Sie Ihre Schlüsse daraus, wen wir einladen."

Der ukrainische Präsident wies auf seinen Zehn-Punkte-Plan hin, der auf einem kompletten russischen Abzug aus der Ukraine, auf Reparationen und einer Bestrafung der Kriegsverbrecher basiert. Nur dieser Friedensplan ermögliche einen "gerechten und stabilen Frieden", betonte er.

Putin will Kriegserrungenschaften nicht aufgeben

Putin lehnte am Dienstag den Vorstoß von Selenskyj für eine Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz und die damit verbundenen Überlegungen für eine "Friedensformel" ab. Daran geknüpft seien unerfüllbare Forderungen.

Putins Äußerungen über den Kriegsverlauf sind in den vergangenen Monaten immer selbstbewusster und aggressiver geworden, nachdem die Sommeroffensive der Ukraine keinen Durchbruch erreichen konnte. Am Dienstag sagte er, das Gerede über Verhandlungen sei "ein Versuch, uns zu motivieren, die Errungenschaften, die wir in den letzten anderthalb Jahren erzielt haben, aufzugeben. Aber das ist unmöglich." Russland beherrscht derzeit 17,5 Prozent des ukrainischen Territoriums.

Selenskyj gegen "Einfrieren" des Krieges

Selenskyj warnte auf dem Weltwirtschaftsforum eindringlich vor einem "Einfrieren" des russischen Kriegs gegen sein Land. "Jeder eingefrorene Konflikt wird irgendwann wieder aufflammen", warnte Selenskyj in seiner Rede vor Politikern und Wirtschaftsvertretern.

Der ukrainische Präsident erinnerte an Versuche der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und des früheren französischen Präsidenten François Hollande, den 2014 ausgebrochenen Konflikt in der Ostukraine zu stoppen. Die damaligen Vereinbarungen über einen Waffenstillstand und einen Friedensplan zwischen Kiew und den von Moskau unterstützten Separatisten wurden nie vollständig umgesetzt.

In Davos warb der ukrainische Präsident um weitere Unterstützung für sein Land, um weitere Milliarden und um weitere Waffenlieferungen. Dabei bekam er Unterstützung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. "Die Ukraine benötigt Planbarkeit bei der Finanzierung im gesamten Jahr 2024 und darüber hinaus", sagte von der Leyen am Dienstag in ihrer Rede. Kiew brauche zudem "ausreichende und kontinuierliche Waffenlieferungen, um die Ukraine zu verteidigen und ihr rechtmäßiges Hoheitsgebiet zurückzuerobern".

Stoltenberg: Ende des Krieges ausgerechnet mit Waffen zu erreichen

Auch von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kam Unterstützung. "Wir müssen der Ukraine nur beistehen - und irgendwann wird Russland verstehen, dass sie einen zu hohen Preis zahlen und einer Art gerechtem Frieden zustimmen", sagte Stoltenberg voraus. Die Nato-Staaten müssten ihr Möglichstes tun, um den Preis für Russland hochzutreiben. Paradoxerweise sei ein Ende des Krieges ausgerechnet mit mehr Waffen für die Ukraine zu erreichen. Selenskyj hat bei einem Treffen mit Stoltenberg Hoffnungen seines Landes auf einen Beitritt zum Militärbündnis bekräftigt.

Mit Informationen von dpa und Reuters

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