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Grenzkontrolle Deutschland - Österreich

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Übersicht: Die Reaktionen auf den Asyl-Kompromiss

CDU, CSU und SPD haben im wochenlangen Asylstreit eine Einigung erzielt. Die SPD reagierte erleichtert bis skeptisch darauf, Pro Asyl spricht von einem "Lotterieverfahren" und Österreich wiederum beharrt auf seiner Position. Von Claudia Steiner

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Als Reaktion auf die deutsche Asyl-Einigung der Großen Koalition zeigt sich Österreich weiterhin kompromisslos in der Frage der Zurückweisung von bestimmten Flüchtlingen. Er vertraue auf die Zusicherung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), dass Deutschland keine Flüchtlinge an die Alpenrepublik zurückweisen werde, für die sein Land nicht zuständig sei, betonte Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einen Tag nach der Einigung der Großen Koalition. "Darüber hinaus gilt festzuhalten, dass wir ohnehin nicht bereit gewesen wären, Verträge zulasten unseres Landes abzuschließen.“

Polizeistellen statt Transitzentren

Die Einigung von CDU/CSU und SPD vom Donnerstag sieht unter anderem vor, dass Migranten, die in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt haben, an der Grenze zu Österreich zurückgewiesen werden. Die dazu nötigen Vereinbarungen mit anderen EU-Staaten müssen aber erst noch ausgehandelt werden, was vor allem im Falle Italiens schwierig werden dürfte. Die Bundespolizei soll bereits bestehende Einrichtungen an der Grenze für die Zurückweisungen nutzen.

Kramp-Karrenbauer: Asylkompromiss nicht zu Lasten Dritter

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hob den europäischen Ansatz der Asyleinigung von Union und SPD hervor. "Damit versammelt sich die gesamte Regierungskoalition hinter dem Ziel, Migration zu ordnen, zu steuern und zu begrenzen. Dabei werden wir mit unseren europäischen Partnern eng zusammenarbeiten, also nicht unilateral, unabgestimmt und zu Lasten Dritter handeln", sagte sie.

Stegner bezweifelt Rückführungsabkommen mit Italien und Österreich

Bei der SPD herrschte Erleichterung: Vizekanzler Olaf Scholz sagte, man dürfe jetzt hoffen, dass das Sommertheater vorbei sei. Die Frage ist nun, ob es zu nötigen bilateralen Abkommen mit anderen EU-Staaten kommt. Genau dies bezweifelt aber der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner. Die dazu nötigen Abkommen mit Italien und Österreich über die Rückführung von Geflüchteten werden seiner Einschätzung nach nicht zustande kommen. "Ich glaube nicht, dass es zu solchen Abkommen kommt", sagte Stegner im "Morgenmagazin" von ARD und ZDF. "Es funktioniert ja nicht, wenn die Gesinnungsfreunde selbst Nationalisten und Egoisten sind, dann wollen die nur niemanden im Land haben", meinte Stegner.

SPD-Linke: Rechte werden gewährt

Die SPD-Linke begrüßte den vereinbarten Kompromiss als vernünftiges Paket. Statt einseitiger Zurückweisungen an der Grenze werde nun an einer europäischen Lösung gearbeitet, sagte der Sprecher der Parteilinken, Matthias Miersch. "Und statt geschlossener Lager werden die Rechte der Asylbewerber gewahrt." Mit einem Einwanderungsgesetz würden zudem noch in diesem Jahr legale Möglichkeiten zur Einwanderung von Fachkräften geschaffen.

Kritik an Seehofer: "Greiser bayerischer Löwe"

Laut Miersch scheiterte CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer auf ganzer Linie, da er sich mit seinen ursprünglichen Plänen nicht durchsetzen konnte. "Der greise bayerische Löwe brüllte ein letztes Mal und verkroch sich dann in seiner Höhle", meinte Miersch. SPD-Innenexperte Burkhard Lischka sieht nach dem Asylkompromiss Seehofer (CSU) unter Zugzwang. "Jetzt hat der Bundesinnenminister nach den vergangenen Chaostagen in der Union viele Hausaufgaben bekommen", sagte Lischka der Düsseldorfer "Rheinischen Post".

Pro Asyl: Asylverfahren wir zum "Lotteriespiel"

Scharfe Kritik an der Einigung kam dagegen von der Organisation Pro Asyl. "Es wird zum Lotteriespiel, welcher Verfolgter in Deutschland noch zu einem Asylverfahren zugelassen wird, indem die Fluchtgründe geprüft werden", so der Geschäftsführer der Flüchtlingsorganisation, Günter Burkhardt. "Die reichste Industrienation will systematisch die Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte von Flüchtlingen den ärmeren Grenzstaaten, insbesondere Griechenland aufdrücken, die ökonomisch von Deutschland abhängig sind", so Burkhardt weiter.

Kritik von der AfD

Auch der stellvertretende AfD-Bundesprecher Georg Pazderski kritisierte die Einigung in Berlin scharf - allerings aus einem ganz andderen Grund: "Das nun ausbaldowerte x-te Asylpaket der Großen Koalition ist eine reine Luftnummer, um die bayrischen Wähler und den deutschen Steuerzahler in Sicherheit zu wiegen und den falschen Eindruck zu erwecken, man habe die Migrantenströme jetzt aber nun wirklich im Griff."

Kirche ruft erneut zu Solidarität auf

Unterdessen rief Papst Franziskus erneut zur Solidarität mit Migranten auf. Es brauche Brücken statt Mauern. "Die einzige vernünftige Antwort" bestehe "in Solidarität und Barmherzigkeit", sagte er bei einer Messe im Vatikan. Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, mahnte, den Blick auf die Menschen und ihre Schicksale zu richten. "Es kann uns nicht gleichgültig sein, wenn Menschen massenhaft im Mittelmeer ertrinken", sagte Sternberg vor dem Hauptausschuss des ZdK in Bonn.

Seehofer droht erneut mit nationalem Alleingang

Allerdings ist völlig unklar, ob der Asylstreit nach nur kurzer Pause nicht wieder von vorne beginnt: Seehofer drohte bereits wieder mit einem nationalen Alleingang bei der Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze. Er sagte dem "Spiegel", dass man ohne Abkommen neu nachdenken müsse. "Es wäre keine gute Strategie, darauf zu setzen, dass es keine bilateralen Vereinbarungen gibt. Dann müssten wir darauf zurückgreifen, direkt an der Grenze abzuweisen", zitierte das Magazin den Minister in einer Vorabmeldung. "Die Sache ginge dann wieder von vorne los."