Michael Grubert (SPD), Bürgermeister von Kleinmachnow, erklärte bei einem Pressegespräch anhand von Fotos, weshalb es sich bei dem gesuchten Raubtier um keine Löwin handelt.
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Michael Grubert, Bürgermeister von Kleinmachnow, erklärte anhand von Fotos, weshalb es sich bei dem gesuchten Raubtier um keine Löwin handelt.

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Tierärztin: "Das wäre schon ein sehr mutiertes Wildschwein"

Die Löwin ist eine Wildsau: Damit haben die Behörden in Berlin gestern für Überraschung und Erleichterung gesorgt. Noch sind aber nicht alle Spuren ausgewertet, und eine Potsdamer Tierärztin hegt erhebliche Zweifel an der Wildschwein-Theorie.

Es war keine Löwin, es war ein Wildschwein: Mit dieser Erkenntnis hat Michael Grubert, der Bürgermeister der brandenburgischen Gemeinde Kleinmachnow, am gestrigen Freitag Journalisten und Bürger gleichermaßen überrascht. Also doch kein gefährliches Raubtier, das da - mutmaßlich auch noch ziemlich hungrig - in den Wäldern im Süden Berlins frei herumläuft und jeden Moment einen Menschen anfallen könnte.

Grubert berief sich auf zwei Experten - unter ihnen einer, der aus Südafrika stammt, wo Löwen bekanntlich heimisch sind. Sie hätten das Video ausgewertet, das die aufwändige Suche in der Nacht zum Donnerstag ausgelöst hatte. Und: "Beide kamen zu dem Schluss, dass es sich keinesfalls um einen Löwen handelt." Keinesfalls? Die Potsdamer Tierärztin Michaela Ebeling teilt diese Einschätzung nicht, ganz im Gegenteil.

Runder statt langer Kopf, runde statt spitze Ohren

Das Tier, das auf dem Video zu sehen ist, habe einen "kurzen runden Kopf und runde Ohren", erklärte Ebeling im Gespräch mit der "Märkischen Allgemeinen". Beide Merkmale wiesen auf eine Raubkatze hin. Wildschweine wiederum hätten "einen langen Kopf mit kurzen spitzen Ohren". Und weiter: "Das wäre schon ein sehr mutiertes Wildschwein".

Was also, wenn es doch die Löwin war - und nicht die Wildsau? Für ihre Sicht der Dinge spricht laut der Tierärztin außerdem eine beunruhigende Beobachtung von Polizisten: "Das Tier soll dann ja vor einem Streifenwagen lang gerannt sein." Und auch aus der Bevölkerung habe es entsprechende Meldungen gegeben, "bevor das durch die Medien gehuscht war".

Auch Video-Urheber glaubt nicht an ein Wildschwein

Und was ist mit dem jungen Mann, von dem das mittlerweile berühmte Kurz-Video stammt, dessen Echtheit die Polizei bestätigt hat? Der 19-Jährige sagte im Interview mit "t-online", für ihn sehe das Tier immer noch nicht aus wie ein Schwein. Die Theorie der beiden Wildtier-Experten kommentierte er kurz und knapp mit den Worten: "Ich kann mir das nicht vorstellen."

Ganz ähnlich äußern sich viele Menschen im Netz. Auf Twitter etwa teilte eine Nutzerin das Video des 19-Jährigen nochmal und schrieb: "Wenn diese Aufnahmen wirklich aus Kleinmachnow bei Potsdam sind, dann wurde da jedenfalls kein Wildschwein gefilmt."

Behörden: Kot- und Haaranalysen erst am Montag

"Nach allem menschlichen Ermessen keine Löwin": Ängstliche Gemüter dürfte diese Aussage bei der Pressekonferenz am Freitag zwar beruhigt haben, aber eben nicht hundertprozentig, zumal, da noch ein Satz folgte: Die Beamten blieben weiter wachsam und seien bei "Änderungen der Lage" jederzeit imstande, in den Einsatz zurückzukehren.

Mehr Sicherheit bringen hoffentlich die Ergebnisse von Kot- und Haaranalysen, die die Behörden für Montag erwarten. Unter anderem geht es um ein Haar, das genau da gefunden wurde, wo die Videoaufnahme von der vermeintlichen Löwin entstand. "Die Laboranalyse der an der ersten Sichtungsstelle gesicherten Haar- und Kotproben ist leider noch nicht abgeschlossen", teilte Stadtsprecherin Martina Bellack am heutigen Samstag mit.

Internationale Medien stürzen sich auf die "Bestie von Berlin"

Nicht nur hierzulande hat die verzweifelte Suche nach der Raubkatze hohe Wellen geschlagen, vor allem in den sozialen Medien. Auch im Ausland wurde der Großeinsatz im Süden von Berlin aufmerksam verfolgt, nicht ganz ohne Häme. So schreibt die französische Zeitung "Libération", die Bürger von Kleinmachnow könnten "ihre Dackel wieder hervorholen". Und weiter: Leider habe man vergessen, "Naturliebhaber" nach ihrer Meinung zu fragen.

Und die britische "Daily Mail" kommentiert: "Unser vermisster Löwe ist eigentlich ... ein Wildschwein: Bedröppelt blasen die Deutschen die Jagd auf die Bestie von Berlin ab."

Innenminister Stübgen verteidigt Großeinsatz

Über 30 Stunden lang hatte die groß angelegte Suche nach dem Wildtier gedauert. Zeitweise streiften mehr als 200 Mann durch Büsche und Wälder, auch ein gepanzertes Fahrzeug der Bundeswehr kam zum Einsatz. Aus Sicht von Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) ist das aber kein guter Grund für Kritik.

Nach den ersten Hinweisen habe eben nicht ausgeschlossen werden können, "dass wir es mit einem Raubtier zu tun haben", sagte Stübgen der dpa. Und es wäre auch nicht das erste gefährliche Tier gewesen, das in dieser Region ausgerissen wäre. Die Maßnahmen seien daher "absolut angemessen" gewesen, betonte der Innenminister - und dankte allen beteiligten Einsatzkräften.

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