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Wildschwein vertreiben? Wie verhalte ich mich, wenn ich einem Wildschwein begegne?

Auch bei uns kann man mittlerweile häufiger auf Wildschweine treffen. Unsere Experten erklären, was man dabei beachten sollte und was Maggi-Geruch damit zu tun hat.

Stand: 03.04.2024

Bache mit Frischlingen im Wald | Bild: mauritius images / Frank Sommariva / imageBROKER

Die Wildschweinpopulation hat wieder stark zugenommen. Thomas Schreder, Diplombiologe und Jäger, verdeutlicht im Gespräch, dass das Wildschwein wieder ganz Bayern erobert. Sogar bis an die Stadtgrenzen kommen die Tiere mittlerweile heran. Zwar trauen sie sich nicht in die Stadt so wie in Berlin, aber in München, im Forstenrieder Park und um Nürnberg herum, kann man beim Spazierengehen oder beim Joggen häufig auf Wildschweine treffen.

Wo in Bayern sind Wildschweine anzutreffen?

Wildschweine sind mittlerweile in fast allen Bereichen anzutreffen, so Schreder. Konzentrationen gibt es in den fränkischen und oberbayerischen Regierungsbezirken. Aber auch die Bergregionen werden von den Tieren besiedelt. So gibt es inzwischen in Berchtesgaden und Garmisch-Patenkirchen wieder vermehrt Wildschweine.

Woran erkenne ich, dass ich in einem Wildschwein-Gebiet bin?

Wenn man mit offenen Augen durch den Wald läuft, kann man die Abdrücke der Wildschwein-Schalen, so werden die Hufe der Tiere genannt, erkennen. Dazu muss man aber auch ein bisschen ausgebildet sein, so Schreder. Für den Laien deutlicher zu erkennen sind die Wühlstellen der Tiere. Wildschweine durchkämmen den Boden auf der Suche nach Würmern und Larven, die unter der Erde leben. Mit ihrem sogenannten Wurf, der Nase, graben sie dabei ganze Wiesen und auch gerne landwirtschaftlich genutzte Flächen um.

Wildschweine riechen nach Maggi

Wildschweine verbreiten einen ganz speziellen Geruch, den man so im Wald nicht erwartet. "Wildschweine riechen nach Maggi und zwar unabhängig vom Geschlecht. Man riecht das ganz deutlich, etwa wenn sie durch den Wald gezogen sind oder wenn sie an den Sitz herankommen", so Dr. Gertrud Helm vom Bayerischen Jagdverband. Das kommt aber weder von ihrer Ernährung, zum Beispiel, ob sie Eicheln fressen oder nicht, noch davon, dass Wildschweine von manchen Jägern mit Maggi angelockt werden. Wildbiologe Konstantin Börner vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung: "Der Geruch nach Maggi ist eine reine Zufälligkeit." Dass Wildschweine Maggi mögen und damit angelockt werden können, liegt aus seiner Sicht eher am Geschmacksverstärker Glutamat. "Mit Maggi können Sie deswegen auch einen Fuchs anlocken."

Begegnungen mit Wildschweinen sind möglich

Es kann also durchaus vorkommen, dass es beim Spaziergang durch den Wald oder beim Joggen zu einer Begegnung mit einem Wildschwein kommt. Wobei Thomas Schreder ganz klar macht, dass Wildschweine uns Menschen von ihren Sinnen her um Längen voraus sind: "Das heißt, das Wildschwein hört, riecht und sieht uns weit früher, als wir das Wildschwein in der Deckung erkennen."

Obendrein sind Wildschweine scheu und vermeiden es lieber, auf Menschen zu treffen. Es sei denn, man hat das besondere Glück oder vielleicht eher Pech, auf eine Wildschweinmutter, eine sogenannte Bache, mit ihren Jungen zu treffen.

Was tun, wenn man auf eine Wildschweinmutter trifft?

Mit Muttertieren ist nicht zu spaßen. Sie verteidigen ihren Nachwuchs ohne Wenn und Aber. Bleiben Sie ruhig und versuchen Sie, dem Tier Raum zu geben. Vor allem sollten Sie sich zurückbewegen und dem Tier eine Fluchtmöglichkeit geben. "Wenn man so einen, wirklich nett anzusehenden Familienverbund sieht, dann sollte man sich durchaus rückwärts bewegen und respektvoll dem Tier den Vorrang lassen", sagt Thomas Schreder.

Sind Wildschweine aggressiv?

Im Grunde sind Wildschweine an uns Menschen gewöhnt. Wenn sich die Tiere an Stadtgrenzen aufhalten, dann wissen sie, dass es Wege gibt, auf denen Menschen unterwegs sind. Problematisch wird es, wenn man die Wege verlässt und sich durchs Unterholz schlägt, dadurch werden wir für das Tier unberechenbar.
Normalerweise sind Wildschweine nicht nur scheu, sie wittern uns auch schnell und gehen der Konfrontation mit einem Menschen eher aus dem Weg.
Sollte man doch einmal auf ein Wildschwein treffen, dass sich durch Sie oder vielleicht auch Ihren Hund in die Enge getrieben fühlt, sollte man den Hund zurückrufen und auch selbst den Rückzug antreten. Niemals sollte man den Kampf oder die Auseinandersetzung mit einem Wildschwein forcieren. Auch Klatschen und sich groß machen, helfen im Zweifelsfall wenig bis gar nicht. "Wenn ein Keiler vor einem steht, der 160 Kilo schwer ist, dann hilft auch kein Großmachen mehr. Der ist einfach stärker als ich", so Thomas Schreder.

Wie verhalte ich mich, wenn mein Hund ohne Leine auf ein Wildschwein trifft?

Ihr Hund sollte sich im besten Fall in Ihrem Einflussbereich aufhalten. Läuft er doch mal ein paar Meter ins Unterholz und trifft dabei auf ein Wildschwein oder gar eine Bache, dann kann man gar nichts tun, so Thomas Schreder. Der Hund hat Wild gewittert und lässt sich in den seltensten Fällen zurückpfeifen oder -rufen und das Wildschwein kann sich in die Enge getrieben fühlen. Jetzt wird das Tier versuchen, den Hund zu vertreiben.
Trifft der Hund auf eine Wildschweinmutter mit Frischlingen und lässt sich nicht vertreiben, wird die Bache auf den Hund losgehen und das kann tödlich enden. "Das Schlimmste, was man machen kann, wäre zwischen Bache und Hund zu gehen. Da wäre die Gefahr viel zu groß. Das darf man auf gar keinen Fall tun."

Wenn Sie also im Wald mit ihrem Hund unterwegs sind, sorgen Sie dafür, dass sich Ihr Hund nicht von Ihnen entfernt.

Auch interessant: So verhalten Sie sich bei eibem Wild-Unfall. Oder: Diese Tiere sind bei uns jetzt auch bei uns heimisch: Eingewanderte Tierarten.

Der Tierverhaltensforscher Norbert Sachser sprach auf der Blauen Couch über die Intelligenz von Tieren – hören Sie doch hier mal rein:

https://www.ardaudiothek.de/episode/blaue-couch/norbert-sachser-tier-verhaltensforscher-ueber-schlaue-voegel-und-soziale-nager/bayern-1/94565492/


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