Die SPD-Franktionsspitze will energieintensive Branchen mit einem "Transformationsstrompreis" unterstützen
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Die SPD-Franktionsspitze will energieintensive Branchen mit einem "Transformationsstrompreis" unterstützen

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SPD-Fraktionsspitze beschließt Konzept für Industriestrompreis

Seit Wochen wird über einen Industriestrompreis für Branchen diskutiert, die besonders unter hohen Energiekosten leiden. Kanzler Scholz sieht das Projekt skeptisch, die SPD-Fraktionsspitze gibt ihm nun einen neuen Namen: "Transformationsstrompreis".

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

In der Diskussion um die Einführung eines Industriestrompreises hat der geschäftsführende Vorstand der SPD-Bundestagsfraktion bei seiner Sitzung in Erlangen ein Konzept für einen staatlich subventionierten Industriestrompreis für ausgewählte Branchen beschlossen. Damit sollen offenbar Bedenken von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegen eine solche Subvention zerstreut werden.

Am kommenden Montag, so der Plan, wird dann die gesamte Fraktion bei ihrer Klausurtagung in Wiesbaden über den Vorschlag entscheiden. Dann wird auch der Kanzler dabei sein, der sich wiederholt ablehnend gegenüber einem Industriestrompreis geäußert hat.

Die Fraktion geht noch über Habecks Pläne hinaus

"Für einen definierten Kreis von Industrien soll der Strompreis vor Steuern und Umlagen auf fünf Cent pro Kilowattstunde begrenzt werden", heißt es in dem beschlossenen Konzept. Dieser sogenannte Transformationsstrompreis - auch diese neue Bezeichnung soll wohl die Bedenken des Kanzlers gegen einen Industriestrompreis mildern - könnte "zunächst" für fünf Jahre gelten, die Differenz zum durchschnittlichen Börsenstrompreis, der derzeit bei etwa 8,95 Cent liegt, müsste dann in dieser Zeit der Staat übernehmen.

Die SPD-Fraktion stellt sich damit im Grundsatz hinter Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und geht sogar noch über sie hinaus, da Habeck einen Industriestrompreis von sechs Cent vorgeschlagen hatte. Mit der vorübergehenden Subventionierung wollen Teile der SPD angesichts der derzeit vergleichsweise hohen Energiekosten in Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärken.

Hohe Energiepreise als Gefahr für den "Transformationsprozess"

Laut dem Fraktionskonzept geht es darum, vor allem Unternehmen zu entlasten, die besonders viel Energie verbrauchen. Hinzu kommen dem Text zufolge die "Schlüsselbranchen der Transformation" für einen klimaschonenden Umbau der deutschen Wirtschaft, also etwa Produzenten von Windrädern, Solaranlagen, Batterien oder Wärmepumpen. Auf diese Weise möchte die SPD-Fraktion sicherstellen, dass die Transformation weiter Fahrt aufnimmt.

Die hohen Stromkosten seien "Gift für Investitionsentscheidungen" für Deutschland, heißt es in dem SPD-Positionspapier. Sie seien "das zentrale Problem für die internationale Wettbewerbsfähigkeit im Transformationsprozess auf dem Weg zur Klimaneutralität". Die Inanspruchnahme des ermäßigten Preises soll an Investitionen der Firmen in Effizienzmaßnahmen, erneuerbare Energien, Speichertechnik oder Elektrolyse-Anlagen gekoppelt werden, ebenso an Standort- und Beschäftigungsgarantien der Unternehmen. Außerdem seien Tarifbindung oder zumindest eine Orientierung an Tarifen erforderlich.

  • Zum Artikel: SPD-Chef Klingbeil drängt auf niedrigeren Industriestrompreis

Laut Konzeptpapier würden die Unternehmen bei Erfüllung dieser Bedingungen die Differenz zwischen den fünf Cent pro Kilowattstunde und dem durchschnittlichen Börsenstrompreis erstattet bekommen. Nach zwei Jahren soll zunächst der Preis von fünf Cent pro Kilowattstunde evaluiert, nach vier Jahren dann geprüft werden, ob eine "befristete Verlängerung" des gesenkten Strompreises notwendig sei.

"Niemand will ein Strohfeuer", versichert der Fraktionschef

Fraktionschef Rolf Mützenich versuchte in Erlangen dem Eindruck entgegenzutreten, dass die Fraktion sich mit ihrem Konzept gegen Kanzler Scholz stelle. Es gehe nicht darum, mit dem Fraktionsmodell Druck auf Scholz auszuüben: "Wir wollen nicht den Bundeskanzler zu einer anderen Meinung bewegen, sondern wir wollen zusammen etwas tun." Das Konzept werde aber auch in der Bundesregierung Beachtung finden, "weil wir natürlich auch die größte Regierungsfraktion sind".

Zuvor hatte Mützenich gegenüber den Funke-Zeitungen erklärt, bis ausreichend günstiger Strom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung stehe, brauche man "eine Übergangslösung, die Deutschland wettbewerbsfähig hält". Er bemühte sich unter Hinweis auf die Befristung der Subvention und ihre Überprüfung schon nach zwei Jahren, Einwände des Kanzlers gegen einen Stromrabatt zu entkräften. "Niemand will Dauersubventionen, noch ein Strohfeuer - es geht darum, unsere Wirtschaft klug zu unterstützen und den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen", betonte er.

Scholz hatte kürzlich mit Blick auf einen Industriestrompreis gesagt, ein "schuldenfinanziertes Strohfeuer, das die Inflation wieder anheizt, oder eine Dauersubvention von Strompreisen mit der Gießkanne" könne sich Deutschland nicht leisten und so etwas werde es "deshalb auch nicht geben". Ein subventionierter Strompreis wäre "ökonomisch falsch, fiskalisch unsolide und würde sicherlich auch falsche Anreize setzen", so Scholz.

Ärger mit der FDP ist zu erwarten

Finanziert würde der "Transformationsstrompreis" nach den Vorstellungen der SPD-Fraktionsspitze über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds - einem Sondertopf des Bundes, aus dem die Energiepreisbremsen gezahlt werden, deren Kosten bisher deutlich geringer geblieben sind als erwartet.

Damit dürfte die SPD-Fraktion mit ihrem Modell nicht nur möglicherweise beim Kanzler, sondern auch beim Koalitionspartner FDP auf Widerspruch stoßen: Die Liberalen lehnen sowohl einen Industriestrompreis als auch eine Öffnung des Stabilisierungsfonds bisher ab. Viele Bundesländer sowie Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände dagegen fordern seit Längerem einen Industriestrompreis, um die durch den Ukraine-Krieg gestiegenen Energiekosten abzufedern.

Mit Informationen von AFP und dpa

Arbeiten in einer Fabrikhalle (Symbolbild)
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