Stahlerzeugung bei ThyssenKrupp (Symbolbild)
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Stahlerzeugung bei ThyssenKrupp (Symbolbild)

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Unternehmen reagieren auf Kanzler-Absage zu Industriestrompreis

Habecks Vorschlag, den Strompreis für energieintensive Industriezweige übergangsweise mit staatlichen Mitteln zu subventionieren, stieß bei Kanzler Scholz auf Ablehnung. Ein unterfränkisches Unternehmen denkt nun über eine Produktion im Ausland nach.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) hatte Anfang Mai vorgeschlagen, den Strompreis für energieintensive Industriezweige übergangsweise mit staatlichen Mitteln zu subventionieren. Damit wollte er eine Abwanderung von heimischer Produktion verhindern und dafür sorgen, dass die Unternehmen im internationalen Vergleich weiter konkurrenzfähig bleiben. Dem hat Bundeskanzler Olaf Scholz von der SPD beim NRW-Unternehmertag vergangene Woche in Düsseldorf eine klare Absage erteilt. Eine "Dauersubvention mit der Gießkanne" wäre "ökonomisch falsch, fiskalisch unsolide und würde sicherlich auch falsche Anreize setzen", sagte er. Das könne sich Deutschland nicht leisten "und wird es deshalb auch nicht geben". Auf diese Absage reagieren jetzt auch Unternehmen aus Unterfranken.

Maincor denkt über Produktion in Nordamerika nach

"Maincor Rohrsysteme" in Schweinfurt und Knetzgau im Landkreis Haßberge denkt aufgrund der hohen Energiepreise nun sogar darüber nach, in Nordamerika zu produzieren. Geschäftsführer Dieter Pfister schrieb auf BR24-Anfrage, dass neben den Transportkosten die Energiekosten einen fairen Wettbewerb aus Unterfranken kaum ermöglichen würden. Aus seiner Sicht sind die Energiekosten in Deutschland aufgrund der Zusatzkosten etwa 70 Prozent zu hoch.

Forderung: Stromsteuern senken

Unternehmenssprecher von ZF am Standort Schweinfurt und von Bosch-Rexroth mit dem Firmensitz in Lohr würden natürlich – wie alle Unternehmen – geringere Energiekosten begrüßen. ZF schreibt auf BR24-Anfrage, dass die Stromsteuer auf ein europäisches Mindestmaß gesenkt werden solle, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken.

Das sagt auch Clemens Fuest, der Präsident des Münchner Ifo-Instituts. Er findet: Steuern und Abgaben auf Industriestrom sollten auf das europarechtlich zulässige Minimum gesenkt werden. Einen subventionierten Industriestrom lehnt er auch ab. "Ein Industriestrompreis ist nicht das richtige Instrument", sagte Fuest der Düsseldorfer "Rheinischen Post". "Es ist zweifelhaft, ob Strom in Zukunft wieder billiger ist in Deutschland und selbst wenn das so ist, rechtfertigt das keinen subventionierten Strompreis für die Zwischenzeit", fügte er hinzu.

"Steuern und Abgaben auf Industriestrom sollten allerdings auf das europarechtlich zulässige Minimum begrenzt werden", forderte Fuest. Außerdem sollten die allgemeinen steuerlichen Bedingungen für Investitionen verbessert werden.

ZF setzt zum Teil auf eigene Stromgewinnung

ZF in Schweinfurt hatte schon vor drei Jahren eine riesige Photovoltaikanlage über einem Firmenparkplatz installiert und produziert damit etwa vier Prozent seines jährlichen Energiebedarfs. Die Anlage ist eine der größten Carport-Photovoltaikanlagen in Deutschland. Sie zählt knapp 7.900 Solarmodule über 890 Stellplätzen. Mit dem erzeugten Solarstrom werden seitdem auch die eigenen Werke versorgt.

Die Anlage hat eine Leistung von 2,5 Megawatt und soll rechnerisch jährlich mehr als 700 Durchschnittshaushalte mit Strom versorgen können. ZF investierte rund 3,6 Mio. Euro in das eigene Solarkraftwerk. Mit dem Solarstrom sollen jährlich 1.250 Tonnen CO2 eingespart werden.

ZF produziert mit knapp 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Schweinfurt unter anderem Pkw Antriebs- und Fahrwerkstechnik. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben größter Ausbildungsbetrieb in Unterfranken mit rund 500 Azubis.

Bosch-Rexroth mit hohem Ökostrom-Anteil

Zur Stromversorgung bei Bosch-Rexroth schreibt der Firmensprecher, dass der Anteil an "grünem Strom" 97 Prozent betrage. An den vier unterfränkischen Standorten Lohr, Schweinfurt, Augsfeld und Volkach waren zum Jahresende 2022 insgesamt rund 7.700 der weltweit rund 32.000 Mitarbeitenden beschäftigt.

Maincor: Eigener Solarstrom und Plan für Windkraftanlage

Das Unternehmen Maincor Rohrsysteme mit 420 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat für die Kunststoffrohrproduktion einen Eigenbedarf an Strom von rund neun Millionen kWh pro Jahr. Rund drei Millionen kWh werden über die eigenen Photovoltaikanlagen auf den Produktionshallen erzeugt. Davon können etwa 2,5 Millionen kWh für den Eigenbedarf genutzt werden. Der Rest wird an den Wochenenden erzeugt und wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist.

Maincor plant in Knetzgau auch eine Windenkraftanlage mit einer Kapazität von circa elf Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Davon könnte das Unternehmen laut seinem Geschäftsführer Dieter Pfister zwischen 50 und 60 Prozent für die eigene Produktion nutzen. Den Reststrom würde Maincor dann gerne an die Nachbarunternehmen Coca-Cola und Schober Logistik verkaufen. Weiterhin plant Maincor die Produktion von Wasserstoff, um auch Langzeitspeicherung zu ermöglichen.

Im letzten Jahr machte das Unternehmen nach eigenen Angaben einen Umsatz von 100 Millionen Euro. 44 Prozent seiner Produkte exportiert Maincor in 63 Länder.

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