Olaf Scholz will Rohstoffe aus Nigeria
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Olaf Scholz will Rohstoffe aus Nigeria

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Scholz setzt bei Wasserstoff und Flüssiggas auf Nigeria

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht Nigeria als möglichen Lieferanten von Wasserstoff und auch Flüssiggas für Deutschland. Im Zuge der Energiewende benötige die Bundesrepublik insbesondere Wasserstoff-Importe, dabei komme "Nigeria ins Spiel".

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will die Kooperation mit Nigeria im Energiebereich ausbauen. Bei seinem Besuch des westafrikanischen Landes bekräftigte der Kanzler, dass er Nigeria als wichtigen Partner bei der Produktion von Wasserstoff und übergangsweise auch für den Bezug von Flüssiggas sieht.

"Nigeria hat einen ehrgeizigen Plan für die Energiewende", sagte Scholz auf einem Wirtschaftsforum in Lagos. Das Land sei "auch gut aufgestellt, um ein zentraler Akteur für erneuerbare Energie und Wasserstoff zu bleiben – ebenso wie für Flüssigerdgas, das wir in den kommenden Jahren weiterhin brauchen werden, bis der Wasserstoffmarkt voll etabliert ist".

Wunsch nach Gas und Wasserstoff aus Westafrika

Im Moment bezieht Deutschland vor allem Öl aus dem bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Land Afrikas, der Kanzler hatte aber schon am Sonntag bei seinen Gesprächen mit Präsident Bola Ahmed Tinubu das Interesse an nigerianischem Gas bekundet.

Auf dem Wirtschaftsforum betonte Scholz nun besonders die mögliche Zusammenarbeit bei Wasserstoff. "Wir schaffen einen der weltweit ersten Märkte für Wasserstoff als Energiequelle für unsere Wirtschaft", erklärte er. Ein Teil dieses Wasserstoffs könne in Deutschland hergestellt werden, den größten Teil werde man jedoch importieren müssen. "Dabei kommen Länder wie Nigeria ins Spiel", fügte Scholz hinzu.

Man habe deshalb die 2008 ins Leben gerufene deutsch-nigerianische Partnerschaft im Bereich Energie und Klima erweitert. Deutschland habe zudem in Nigeria ein Wasserstoffbüro aufgebaut.

Die klimaneutrale Wirtschaft braucht Rohstoff-Importe

Hintergrund ist, dass Deutschland für die angestrebte klimaneutrale Volkswirtschaft in den kommenden Jahren mehr und mehr Wasserstoff-Importe braucht. Deshalb ist die Suche nach möglichen Lieferanten ein Thema bei fast allen Reisen des Kanzlers und von Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Thyssenkrupp-Chef Miguel Lopez betonte in Lagos, dass der Weg zu einer klimafreundlichen Produktion eine enorme Herausforderung sei. Thyssenkrupp produziere drei Prozent des gesamten Treibhausgas-Ausstoßes in Deutschland, sagte er auf dem Wirtschaftsforum. Bei einem Umstieg auf Wasserstoff brauche man 140.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Dies entspreche der Leistung von 500 bis 600 Windrädern nur für sein Unternehmen. "Es gibt einen gewaltigen Bedarf auf unserer Seite, wir müssen schnell handeln", sagte Lopez.

Scharfe Kritik von den Grünen

Die Grünen-Energiepolitikerin Lisa Badum kritisierte die Aussagen von Olaf Scholz zur Erschließung von großen Gasreserven in Nigeria scharf. Badum, Obfrau der Grünen im Klima- und Energieausschuss des Bundestages, sagte der Deutschen Presse-Agentur, es sei "ein Skandal und gegen unsere internationalen Verpflichtungen, dass Scholz Unternehmen und Staaten bittet, ihre fossilen Investitionen im globalen Süden zu erhöhen".

"Einen Klimakanzler, der aktiv wird, wenn es um neue fossile Quellen geht, aber beim Umstieg von dreckigem Erdgas zu Erneuerbaren Energien die Hände in den Schoß legt", könne sich Deutschland "eigentlich nicht leisten", so Badum.

Scholz pocht auf Rücknahme abgelehnter Asylbewerber

Auf wenig Begeisterung dürfte bei den Grünen auch stoßen, dass der Kanzler bei seinem Besuch in Nigeria darauf pochte, dass das westafrikanische Land abgelehnte Asylbewerber aus Deutschland zurücknimmt. Bisher gibt es hier große Probleme, wenn die betreffenden Personen keine Papiere mehr haben.

"Wir bieten mehr legale Wege als je zuvor, um für eine Arbeitsaufnahme nach Deutschland zu kommen", sagte Scholz in Lagos: "Gleichzeitig sollten diejenigen, die unter diesen neuen Regelungen nicht bei uns bleiben können, in ihre Heimatländer zurückkehren können", fügte der Kanzler mit Blick auf abgelehnte Asylbewerber hinzu.

Migrationszentren sollen ausgebaut werden

Scholz machte sich deshalb für den Ausbau von Migrationszentren stark, die für die Unterstützung von Rückkehrern aus Deutschland und anderen Staaten gegründet wurden. Derzeit gibt es drei Migrationszentren in Nigeria, in denen in den letzten vier Jahren 20.000 Rückkehrer bei der Suche nach Jobs und Ausbildungsplätzen unterstützt wurden. 4.000 davon kamen aus Deutschland – teils freiwillig, teils wurden sie gegen ihren Willen abgeschoben.

Künftig sollen die Einrichtungen sich auch um die Beratung von Fachkräften kümmern, die nach Deutschland auswandern wollen. "Dafür braucht es einige Vorbereitungen und Investitionen – auf beiden Seiten", sagte der Kanzler. Er sei "überzeugt, dass dies ein weiterer Bereich ist, in dem wir ein enormes Potenzial ausschöpfen können, das sich aus einer engeren Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern und zwischen unseren beiden Kontinenten ergibt", sagte Scholz.

Abhängigkeit von China als gemeinsames Problem

Nigeria ist Afrikas bevölkerungsreichstes Land und die größte Volkswirtschaft des Kontinents. Der Handel mit Deutschland ist mit rund drei Milliarden Euro in 2022 allerdings laut Scholz noch deutlich ausbaufähig. Es gebe neunzig deutsche Unternehmen in Nigeria, die 17.000 Beschäftigte hätten, sagte er. Die deutschen Investitionen in Nigeria betrugen 2021 aber nur 150 Millionen Euro.

Scholz hatte deutsche Unternehmen aufgerufen, ihre Lieferketten zu erweitern und nicht zu abhängig vom China-Geschäft zu werden. Er betonte, dass Deutschland die Anstrengungen der afrikanischen Länder unterstütze, ihrerseits Rohstoffe im Land selbst zu verarbeiten, statt sie wie bisher insbesondere nach China zu exportieren.

Mit Informationen von dpa und Reuters

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