Ein Übungsteilnehmer trägt ein Patch mit der Aufschrift Rapid Viking bei der Übung "Rapid Viking 2023" auf Island.
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Ein Übungsteilnehmer trägt ein Patch mit der Aufschrift Rapid Viking bei der Übung "Rapid Viking 2023" auf Island.

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"Rapid-Viking"-Übung: Warum die Bundeswehr in Island trainiert

Knapp zwei Wochen lang übt die Bundeswehr von Island aus Luftkampf, Abfangmanöver und Luftbetankung. Das Nato-Gründungsmitglied hat keine eigenen Streitkräfte. Es geht der Luftwaffe also um Solidarität mit dem Bündnispartner – aber nicht nur.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Wir sind rund 9.000 Meter über dem Meer unterwegs. Der A400M-Transporter liegt ruhig in der Luft, von Turbulenzen keine Spur. Eine gute Nachricht für alle an Bord, für die ein Flug mit der riesigen Propellermaschine an sich schon Abenteuer genug ist.

Und eine gute Ausgangslage für das Manöver, das die Bundeswehr den mitreisenden Journalisten in Aussicht gestellt hat: eine Luftbetankung von einem Flugzeug zum anderen. Der A400M kann nicht nur tonnenweise Gerät aufnehmen, sondern auch Treibstoff. Deshalb lässt sich die Maschine auch als Betankungsflugzeug nutzen – wie bei der laufenden Bundeswehrübung "Rapid Viking".

Luftwaffe übt Betankung über den Wolken

Nach stundenlangem Flug Richtung Island geben uns die Luftwaffenleute ein Zeichen, dass es jetzt losgeht. Sofort werden die Plätze an den wenigen Fenstern im Frachtraum belagert – niemand will den entscheidenden Moment dieses Flugs verpassen.

Erst wird an den Tragflächen des A400M ein Tankschlauch herausgelassen, rund 30 Meter lang. Am Ende des Schlauchs ist ein Trichter angebracht. Dann tauchen von hinten zwei Eurofighter auf. Sie sind Teil des deutschen Kontingents, das wegen der Übung zurzeit von Island aus operiert.

Die beiden Kampfjets kommen immer näher – bis einer der beiden schließlich an dem Trichter andockt. Das Auftanken selbst ist eine Sache von Minuten: In Windeseile wechseln Tonnen von Treibstoff das Flugzeug. Dann koppelt sich der Pilot im ersten Eurofighter vom A400M ab und überlässt seinem Kollegen im zweiten Kampfjet das Feld. Mehrere Maschinen, dicht an dicht, bei 400 Kilometern pro Stunde: Das sieht nach einem riskanten Manöver aus, ist aber für Militärpiloten reine Routine, wie die Luftwaffenleute versichern.

Bei Verlegung von Einheiten kommt es aufs Tempo an

Die Eurofighter eskortieren uns bis zum isländischen Stützpunkt Keflavik. Auch das gehört – neben der Luftbetankung – zur Übungseinheit an diesem Augusttag. Knapp zwei Wochen trainiert die Bundeswehr von Keflavik aus, die Übung endet am nächsten Donnerstag.

Nachdem wir gelandet sind, begrüßt uns Marco Brunhofer, der Kommandoführer des deutschen Kontingents. Nach seinen Worten geht es der Bundeswehr darum, zu zeigen, "dass wir schnell verlegen können, mit minimalem Personal und minimalem Kraftansatz".

In Zahlen heißt das: 30 Soldaten sind dabei, sechs Eurofighter und zwei Transportflugzeuge vom Typ A400M. Viel kleinere Dimensionen als bei der Großübung "Air Defender" im Frühsommer, aber vom Prinzip her eben doch vergleichbar. Wenn es darauf ankäme, müsste die Bundeswehr Einheiten und militärisches Gerät so schnell wie möglich an den Ort des Geschehens bringen – wenn nötig über Tausende Kilometer.

"Rapid Viking": Bundeswehr zieht positive Zwischenbilanz

Diesen Teil der Übung wertet die Bundeswehr bereits als Erfolg. Dem Kommandoführer zufolge verlief die eigentliche Verlegung vergangene Woche "schneller und besser als erwartet". Für die mehr als 2.000 Kilometer lange Strecke habe die Luftwaffe keine vier Stunden gebraucht – mit Zwischenlandung in Schottland zum Auftanken. Bei einer Luftbetankung hätte man die Strecke sogar in weniger als drei Stunden geschafft, heißt es von der Bundeswehr.

Dass es bei der Übung gut laufe, macht auch Gerd Schnell deutlich. Er ist der Chef des Luftwaffengeschwaders in Mecklenburg-Vorpommern, das die Eurofighter für die Übung in Island stellt. Alle geplanten Flüge hätten bisher stattgefunden, sagt Schnell. Ausfälle – etwa wegen technischer Defekte – habe es nicht gegeben.

Acht Flüge pro Tag stehen auf dem Programm. Die Piloten trainieren außer Abfangmanövern und Luftbetankung auch Luftkampfeinsätze: mal gegen einen einzelnen Übungsgegner, mal gegen zwei. Und abwechselnd über kurze und lange Entfernungen.

Bundeswehr erstmals seit rund zehn Jahren wieder in Island

Klar ist: Um solche Fähigkeiten zu üben, muss man nicht unbedingt in den Nordatlantik fliegen. Allerdings ist Island ein Gründungsmitglied der Nato. Der Inselstaat hat keine eigenen Streitkräfte, stellt seinen Bündnispartnern aber Übungsflächen zur Verfügung. Auch die Bundeswehr hat davon schon Gebrauch gemacht und tut es jetzt wieder, zum ersten Mal seit rund zehn Jahren.

"Das ist eine große Chance für beide Länder", findet Snorri Matthíasson vom isländischen Außenministerium. Deutschland und Island seien schon seit langer Zeit Verbündete, sagt er. Und der Top-Diplomat äußert noch die Hoffnung, dass die Bundeswehr sich auch in Zukunft in der Region engagiert.

Island: Strategische Bedeutung im Ernstfall

Sein Land könnte im Ernstfall eine große strategische Bedeutung haben. Denn von Westen her müsste dann wohl Nachschub aus Nordamerika Richtung Europa gebracht werden – über den Nordatlantik. Hinzu kommt, dass in der benachbarten Arktis Gas, Öl und Mineralien vorkommen. Das weckt Begehrlichkeiten von Anrainerstaaten, deren Ansprüche sich zum Teil überlappen. Aus Nato-Sicht gibt es also gute Gründe, den hohen Norden im Blick zu behalten.

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