In Österreich gilt seit heute ein Lockdown für Ungeimpfte.
Bildrechte: BR.de

In Österreich gilt seit heute ein Lockdown für Ungeimpfte.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Österreich: Lockdown für Ungeimpfte bringt volle Impfstationen

Der Lockdown für Ungeimpfte in Österreich begann mit langen Schlangen an Impfzentren, Diskussionen über Kontrollen und politischen Streitigkeiten. Der Handel stellt sich auf einen Umsatzeinbruch ein und Unternehmen hadern mit 3G am Arbeitsplatz.

In Österreich ist am Montag ein landesweiter Lockdown für Ungeimpfte in Kraft getreten. Das hat viele bewegt, sich impfen zu lassen. Vier Stunden und länger betrug am Montag die Wartezeit bei manchen Impfstationen in Wien.

"Ich muss mich jetzt impfen lassen, sonst funktioniert gar nichts mehr", sagt eine 31-jährige Masseurin aus Oberösterreich, die ohne Termin in der Schlange vor einer Impfstation eines Wiener Kaufhauses steht. Einen PCR-Test hat sie schon gemacht - mit der Kombination von erster Impfung und Test darf sie sich sofort wieder frei bewegen. Zugleich aber schwingt bei vielen Skepsis mit. "Das ist eine Placebo-Maßnahme", meint ein 49 Jahre alter Controller. "Es muss einen generellen Lockdown geben, auch um eine Impfpflicht zu verhindern."

Nur für aus zwingenden Gründen die Wohnung verlassen

Der landesweite Lockdown für Ungeimpfte gilt zunächst bis 24. November für alle Menschen ab zwölf Jahren, die weder über einen Impfnachweis noch über den Nachweis einer in den vergangenen 180 Tagen überstandenen Corona-Infektion verfügen. Diejenigen, auf die das zutrifft, dürfen ihr Zuhause nur aus zwingenden Gründen verlassen - den Weg zur Arbeit,den täglichen Einkauf oder zur Erholung. Betroffen sind rund zwei Millionen der etwa neun Millionen Bürgerinnen und Bürger in Österreich.

Das Alpenland ist massiv betroffen: Die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner liegt mittlerweile bei 890. An keinem Montag wurden bisher so viele Neuinfektionen gemeldet: fast 12.000 innerhalb von 24 Stunden.

Polizei und Gewerkschaft uneins über Kontrollen

Österreich sucht inmitten heftigen politischen Streits einen Ausweg aus der Corona-Krise. So erntete der Vorstoß von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), bald auch über die Schließung der Nachtgastronomie und nächtliche Ausgangsbeschränkungen für alle zu entscheiden, sofort koalitionsinterne Kritik von der konservativen ÖVP. Und er fand auch bei der Opposition wenig Gnade. Die Bürgerinnen und Bürger könnten von solchen Diskussionen weiter verunsichert werden.

Eine der meist diskutierten Fragen ist, wie der Lockdown für die Ungeimpften in den nächsten zehn Tagen kontrolliert werden soll. Die Polizei soll das machen - und die Polizeigewerkschaft ist dagegen. Bei jeder Amtshandlung werde überprüft, ob die Betroffenen geimpft oder in den letzten 180 Tagen von einer Corona-Erkrankung genesen seien, heißt es. Außerdem seien zahlreiche Streifen eigens für solche Kontrollen abgestellt, so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). An den guten Willen der Bevölkerung hat die Regierung, die im Tonfall lieber droht als mitnimmt, bisher kaum appelliert.

Ob die Kontrollen so "engmaschig" ausfallen, wie der Innenminister ankündigt, ist fraglich. Die Mariahilfer Straße, Wiens längste Einkaufsmeile ist an diesem Montag gut besucht, aber weit und breit ist um die Mittagszeit keine Polizei zu sehen.

FPÖ-Vorsitzender Kickl positiv auf Corona getestet

Erst am Sonntag hat der Vorsitzende der rechten FPÖ, Herbert Kickl, als Reaktion auf den Lockdown für Ungeimpfte zur großen Demonstration am nächsten Samstag in Wien aufgerufen. Dort wollte er das "Corona-Apartheidsystem" anprangern. Nun wurde Kickl positiv auf Corona getestet und muss wohl in Quarantäne.

Unternehmen hadern mit 3G-Regel am Arbeitsplatz

Am Montag endete die Übergangsfrist für die 3G-Regel am Arbeitsplatz. Jetzt müssen Mitarbeitende geimpft, genesen oder getestet sein, was zu sehr schwierigen Situationen führt. "Die Unternehmer wissen nicht mehr, was sie machen sollen", sagte der Leiter der Wirtschaftskammer Braunau, Klaus Berer, der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Manche Mitarbeitende wollten sich weder impfen noch testen lassen.

Obendrein gebe es Engpässe bei Testterminen und die Ergebnisse kämen nicht rechtzeitig. Die Wirtschaftskammer in Kärnten berichtete, dass in der Gastronomie Mitarbeiter nach Hause geschickt werden mussten, weil ihr PCR-Testergebnis nach 24 Stunden nicht vorlag.

Handel erwartet Umsatzeinbruch

Auch der Handel klagt. Bundesweit werde durch die Ausgangsbeschränkungen für die rund zwei Millionen Betroffenen ein Umsatzeinbruch von bis 350 Millionen Euro wöchentlich befürchtet, sagte der Geschäftsführer des Handelsverbands, Rainer Will. "Die Kaufkraft großer Teile der Bevölkerung wird in der wichtigsten Zeit des Jahres für den Handel hin zu digitalen Giganten verschoben."

Auch die Tourismus-Branche leidet. "Für den Dezember rollt gerade eine Stornowelle durch die Rezeptionen, der Jänner ist bei den Reservierungen gar auf einem Rekordtief", heißt es aus der Wiener Wirtschaftskammer.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!