Maispflanzen wachsen auf einem Feld
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In Europa wird genveränderter Mais nur in Spanien und Portugal kommerziell angebaut.

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Nachhaltigere Landwirtschaft durch Gentechnik in der EU?

In Deutschland hat Gentechnik einen schlechten Ruf. Dabei hat sich die Technik in den letzten Jahren weiterentwickelt. Die EU will deswegen die Hürden für die Zulassung von gentechnisch verändertem Saatgut anpassen. Doch Kritiker haben Zweifel.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Bis zu 17 Prozent weniger Ernte beim Winterweizen – so die Prognose von Expertinnen und Experten, die sich unter anderem auf den BayWa-Dürremonitor beziehen. Demnach sind der Norden und der Süden Deutschlands besonders von der Trockenheit betroffen, darunter auch Bayern.

Das Problem wird uns wohl in den kommenden Jahren immer wieder beschäftigen. Klimamodelle sagen voraus, dass Extremwetterereignisse wie Trockenheit immer wahrscheinlich werden. Robert Hoffie forscht am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik an möglichen Lösungen für dieses Problem: Mithilfe grüner Gentechnik, also mit Neuen Gentechnischen Verfahren, bei denen das Erbgut von Pflanzen gezielt verändert wird. Der Forscher sieht großes Potential, die Eigenschaften von Pflanzen so zu verändern, dass sie besser mit Trockenheit klarkommen.

Ziel: Neue, "nachhaltige" Sorten

Hoffie arbeitet unter anderem mit "Neuen Gentechnischen Verfahren". Dazu gehört: Die CRISPR-Cas9-Methode, umgangssprachlich auch die "Gen-Schere" genannt. Dabei wird die DNA an einer bestimmten Stelle geschnitten und einzelne DNA-Bausteine werden entfernt, verändert oder auch eingefügt. Hoffie setzt große Hoffnungen in diese Technik: "Wir können damit in der Wissenschaft viel arbeiten und haben aber auch die Perspektive, was man damit züchterisch machen kann." Konkret ist das Ziel vieler Forschenden: Schneller und präziser züchten und Sorten entwickeln, die mit weniger Dünger und Pflanzenschutzmitteln auskommen.

Doch bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern hat die Gentechnik einen schlechten Ruf, Bio- und Umweltverbände warnen vor den potentiellen Gefahren und lehnen die geplanten Lockerungen der EU ab. Oft wird vor unbeabsichtigten Effekten beim Einsatz der Gen-Schere und auf die Umwelt gewarnt. Diese Sorgen ist aus Sicht von Hoffie unbegründet: Jahrzehntelange Biosicherheitsforschung habe gezeigt, dass Gentechnik per se keine anderen Risiken berge als traditionelle Pflanzenzüchtung, zum Beispiel durch Kreuzung oder Auslese.

EU will Zulassung vereinfachen

Auch die EU sieht Handlungsbedarf bei der Gefahrenbeurteilung von Grüner Gentechnik und will die Zulassung von Saatgut, das mithilfe von Neuen Gentechnischen Verfahren verändert wurde, vereinfachen. Unter der Voraussetzung, dass das Saatgut im Ergebnis nicht von herkömmlich gezüchtetem Saatgut unterscheidbar ist. Alle anderen Saatgutsorten fallen in Kategorie 2 – für sie gelten weiterhin die aktuellen Genehmigungsverfahren, allerdings soll die Risikobewertung angepasst, also erleichtert werden. Auch Lars Neumeister, Pestizidexperte und Sprecher der Organisation "Foodwatch" sieht die Pläne der EU kritisch. Er warnt davor, sich von internationalen Saatgut-Konzernen abhängig zu machen.

Die Sorge: Große internationale Firmen könnten sich das genveränderte Saatgut patentieren lassen und die Landwirtinnen und Landwirte dadurch in eine Abhängigkeit geraten. Ein breites Bündnis aus Umwelt und Bio-Verbänden bezweifelt zudem, dass mit neuer Gentechnik erzeugte Pflanzen höhere Erträge erzielen und zu einem geringeren Pestizideinsatz führen – also nachhaltiger sind.

"Pflanzenzucht ist eigentlich auch eine Veränderung der Genetik"

Auch Landwirte stehen dem Thema gespalten gegenüber. Gerhard Rost aus Franken sieht das so: "Pflanzenzucht ist eigentlich auch eine Veränderung der Genetik, nur, dass die entsprechend langsamer geht." Gentechnik, die seinen Mais resistenter gegen Trockenheit macht – das könnte er tolerieren. Dass Gentechnik aber eingesetzt wird, um die Pflanzenschutzmittelverträglichkeit zu verbessern, sieht er kritisch.

Sollten die Vorschläge, die die EU-Kommission heute vorstellt, tatsächlich umgesetzt werden, könnte das auch seinen Berufsalltag verändern. Denn dann könnte in Zukunft deutlich mehr gentechnisch verändertes Saatgut in der EU zugelassen werden.

Archivbild: Dieses Weizenfeld steht kurz vor der Ernte.
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Archivbild: Dieses Weizenfeld steht kurz vor der Ernte.

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