Ex-"Proud Boys" Anführer Henry "Enrique" Tarrio wurde wegen des Angriffs auf das US Kapitol am 6. Januar 2021 zu 22 Jahren Haft verurteilt.
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Ex-"Proud Boys" Anführer Henry "Enrique" Tarrio wurde zu 22 Jahren HJaft verurteilt.

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Nach den Urteilen: Ex-Proud Boys nur bei Verkündung zerknirscht

In Washington sind führende Mitglieder der rechtsextremen "Proud Boys" für den Angriff auf das US-Kapitol im Januar 2021 zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Zerknirscht gaben sie sich nur vor dem Richter.

Ganz so stolz waren die – übersetzt – "stolzen Jungs“ nach eigenen Worten nicht mehr auf ihre Taten, nachdem sie im Gerichtssaal im Verlauf der vergangenen Tage die Höhe ihrer Haftstrafen erfahren hatten. "Ich bin kein politischer Fanatiker,“ behauptete der Ex-Chef der "Proud Boys“ Henry "Enrique“ Tarrio, nachdem er in orangefarbener Gefängniskleidung das Strafmaß von Bundesrichter Kelly gehört hatte. 22 Jahre wegen aufrührerischer Verschwörung beim Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Das sei "eine nationale Schande" gewesen, räumte Tarrio ein. Er entschuldige sich, das dreimonatige Gerichtsverfahren habe ihn "demütig“ werden lassen.

Die Urteile und ihr Strafmaß

Nacheinander sind in getrennten Strafverfahren auch der Chef der Miliz in Seattle Ethan Nordean zu 18 Jahren, der Ex-US-Soldat und Mitanführer des Sturms auf das Kapitol Joseph Biggs zu 17 Jahren, der Ex-Chef der "Proud Boys“ in Philadelphia Zachary Rehl zu 15 Jahren und Miliz-Mitglied Dominic Pezzola zu zehn Jahren verurteilt worden. Insgesamt eröffnete die US-Justiz gegenüber 1.100 Personen Strafverfahren im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Umsturzversuch. Doch die Verfahren gegen die fünf "Proud Boys“ Anführer vor dem US-Bundesgericht in Washington gehören zu den wichtigsten juristischen Konsequenzen nach dem Sturm auf das Kapitol, zu dem der damals noch amtierende US-Präsident Donald Trump aufgerufen hatte.

Bereuen im Gerichtssaal

Auffällig bei allen fünf verurteilten Ex-"Proud Boys"-Anführern, die ihre Miliz vormals als "Trumps Armee“ bezeichnet hatten: Sie räumten noch im Gerichtssaal unmittelbar nach der Verkündung der Haftstrafen allesamt ein, einen großen Fehler begangen zu haben. Er habe den "Lügen über das Wahlergebnis geglaubt“, die von Politikern verbreitet worden seien, sagte Zachary Rehl unter Tränen, wie Gerichtsreporter großer US-Medien berichten. Er habe es satt, dieses "Lügen für andere Leute, die sich nicht um mich kümmern."

Joseph Biggs habe auch geweint, als er das Strafmaß im Gerichtssaal gehört habe: "Ich weiß, ich habe es an diesem Tag versaut, aber ich bin kein Terrorist." Dominic Pezzola, den die Staatsanwaltschaft als den aggressivsten Milizionär betrachteten, wandte sich an Bundesrichter Kelly: Er sei ein "gewandelter und demütiger Mann“, der seine Verantwortung für seine Taten übernommen habe. Er hätte niemals die Absperrungen der Polizei durchbrechen wollen, "das sei sein erster von vielen Fehlern an diesem Tag." Er stehe, so Pezzola an den Bundesrichter gewandt, "vor Ihnen mit tief empfundenem Bedauern.“

Ethan Nordean schließlich, der mit einem Megafon in der Hand rund 200 "Proud-Boys“-Milizionäre zum Kapitol angeführt hatte, erklärte nach der Verkündung des Strafmaßes: Die Wahrheit sei, "ich habe diese Männer zum Kapitol geführt.“ Da gebe es keine Entschuldigung für seine Taten, wie etwa "die Befehle der Polizei zu ignorieren, die Absperrungen zu durchbrechen und ins Kapitol einzudringen.“ Er wolle sich bei allen entschuldigen, denen er Unrecht angetan habe. "Da gibt es keine Entschuldigung für das, was ich getan habe.“

"Trump hat gewonnen"

Es dürften allerdings erhebliche Zweifel an der öffentlichkeitswirksamen Reue der verurteilten rechtsextremistischen "Proud Boys“ angemeldet werden. Denn während der Verfahren und nach deren Abschluss äußerten sich einige von ihnen alles andere als einsichtig. So vollzog etwa Dominic Pezzola nach im Gerichtssaal eine komplette Kehrtwende: Hatte er sich gegenüber Bundesrichter Kelly noch reumütig gezeigt und geschworen, die Taten zu bedauern, schoss seine Faust in die Höhe und rief mit einem Grinsen: "Trump hat gewonnen“. Dann führten ihn die US Marshalls aus dem Gerichtssaal. Auch Ex-Miliz-Anführer Henry "Enrique" Tarrio verließ den Gerichtsaal in Washington mit einem doppeldeutigen Handzeichen: Er spreizte Zeige- und Mittelfinger in die Höhe – was entweder als Symbol für Frieden oder für Sieg gewertet werden kann.

Im Video: 22 Jahre Haft für Proud-Boys-Anführer

Henry Tarrio, der ehemalige Anführer der rechtsradikalen "Proud-Boys", muss 22 Jahre ins Gefängnis
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Henry Tarrio, der ehemalige Anführer der rechtsradikalen "Proud-Boys", muss 22 Jahre ins Gefängnis

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