Freiwilligendienste im Petitionsausschuss des Bundestags
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Freiwilligendienste im Petitionsausschuss des Bundestags

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Kürzungen geplant: Sind die Freiwilligendienste in Gefahr?

Wer freiwillig im sozialen Jahr oder im Bundesfreiwilligendienst arbeitet, ist meist sehr schlecht bezahlt. Die Freiwilligen sagen, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Sie haben sich an den Bundestag gewandt. Doch es könnte noch schlimmer kommen.

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Im Petitionsausschuss des Bundestages ging es heute um die "Steigerung der Attraktivität der Freiwilligendienste". Gut 100.000 Unterschriften waren dafür zusammengekommen, mehr als doppelt so viel wie nötig. Doch statt darüber zu reden, wie man den Freiwilligen besser helfen kann, drehte sich die Debatte um drohende Einschnitte. Denn die Petition war von der politischen Realität nicht nur eingeholt, sondern überholt worden.

Freiwillige klagen: "Funktioniert nicht ohne Unterstützung der Eltern"

Die Forderungen, die im Frühjahr für die Petition formuliert wurden, waren klar: Der Freiwilligendienst sollte auf Ausbildung und Studium angerechnet werden, hieß es da zum Beispiel. Freiwillige sollten umsonst im Nah- und Fernverkehr fahren dürfen, und vor allem: Mehr Taschengeld solle es geben.

Denn vielen Freiwilligen geht es wie Anika Krumpe, die im Nürnberger Kinder- und Jugendhaus Nordostbahnhof ihr Freiwilliges Soziales Jahr gemacht hat. Sie sagt, allein hätte sie das nicht stemmen können: "Ohne die Unterstützung meiner Eltern hätte das nicht funktioniert. Das ist schon schwierig, wenn man nicht über die Runden kommt, obwohl man so eine wichtige Arbeit leistet."

Und das erschwert Menschen aus einkommensschwachen Familien den Zugang zu Freiwilligendiensten noch mehr. Aber Anfang Juli wurde bekannt: Von mehr Geld kann gar keine Rede sein – im Gegenteil.

Bayerischer Jugendring: Geplante Kürzungen könnten hunderte Stellen kosten

Um die Sparvorgaben im Bundeshaushalt zu erfüllen, will die Bundesregierung nämlich die Mittel für Jugendfreiwilligendienste und Bundesfreiwilligendienste deutlich kürzen. 113 Millionen Euro sollen in den nächsten zwei Jahren gestrichen werden, das entspräche einem Rückgang um etwa ein Drittel. Verbände und Kirchen warnen vor den Folgen. So befürchtet zum Beispiel Philipp Seitz, der Präsident des Bayerischen Jugendrings, "massive Auswirkungen auf die bayerische Jugendarbeit". Man rechte damit, "dass 20 Prozent bis 50 Prozent der Stellen im Freiwilligenbereich gefährdet sind. Bei den Trägerschaften der Bayerischen Jugendverbände wären das um die 300 bis 500 Plätze für Freiwilligendienstleistende, die dann wegfallen. Das sind verantwortungslose Kürzungen. Wir hätten nie damit gerechnet, dass die Bundesregierung in dem Bereich so massiv den Rotstift ansetzt". Er hofft, dass die Regierung schnell umdenke.

Opposition: Kürzung passen nicht zum Koalitionsvertrag

Ekin Deligöz (Grüne), Staatssekretärin im zuständigen Bundesfamilienministerium, sagte bei der Anhörung im Ausschuss, ihr Haus sei eben bestimmten Zwängen unterworfen: "Das bedauern wir zutiefst, wir würden lieber über andere Dinge reden." Die finanziellen Spielräume, die das Ministerium habe, seien aber eng. Vertreter der Opposition kritisierten; das alles passe aber nicht zusammen mit den im Koalitionsvertrag festgehaltenen Zielen, die vorsehen, dass Freiwilligendienste gestärkt werden. Denn es bleibt dabei: Jetzt drohen erstmal Kürzungen.

Deligöz versicherte aber, dass die Freiwilligendienste in der Priorität sehr weit oben seien und Kürzungen abgefedert werden sollten. So wolle man die Zuverdienstmöglichkeiten erhöhen und sei in Gesprächen mit den Bundesländern über Mittel für den öffentlichen Nahverkehr. Ein abschließendes Votum zur Petition wird der Ausschuss in einer späteren Sitzung fällen.

Petentin fordert Ausbau statt Kürzungen

Marie Beimen, die nun als Petentin, also als Vertreterin derer, die die Petition unterzeichnet haben, vor dem Ausschuss gesprochen hat, sagte dazu: "Freiwilligendienste sind so wichtig für unsere Gesellschaft. Die müssen wir ausbauen! Und dann jetzt so drastisch zu kürzen – das können wir absolut nicht nachvollziehen. Und es steht auch in keinem Verhältnis zum Nutzen, den die Bundesregierung sich davon verspricht."

Beim Bundesfreiwilligendienst etwa gibt es eine Höchstgrenze beim Taschengeld, die sich an der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung orientiert. In diesem Jahr sind das monatlich 438 Euro. Hinzu kommen in einigen Fällen eine kostenlose Unterkunft, Verpflegung und Dienstkleidung. Konkret verlangt Beimen die Anlehnung des Taschengeldes an den BAföG-Höchstsatz. Dieser stieg zuletzt auf 934 Euro. Außerdem schlug sie ein kostenloses Deutschlandticket vor und leichteren Zugang zum Wohngeld.

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