Die Krankenhausreform galt lange als Zankapfel: Nun haben Bund und Länder eine Verständigung auf die wichtigsten Eckpunkte erzielt.
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Die Krankenhausreform galt lange als Zankapfel: Nun haben Bund und Länder eine Verständigung auf die wichtigsten Eckpunkte erzielt.

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Krankenhausreform kommt – nur Bayern stimmte dagegen

Am Ende zeigen sich alle zufrieden, zumindest fast alle. Bund und Länder bringen eine Reform der Krankenhauslandschaft auf den Weg. Diese soll ein großes, unkontrolliertes Krankenhaussterben verhindern. Bayern stimmte gegen das Vorhaben. Warum?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Erleichterung ist groß: Sowohl bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach als auch bei den meisten zuständigen Ministern aus den Ländern. Nach monatelangen Beratungen haben sich Bund und Länder auf Eckpunkte für eine Krankenhausreform geeinigt. Nur zwei Länder sind nicht zufrieden. Schleswig-Holstein enthielt sich bei der Schlussabstimmung. Bayern stimmte gar dagegen.

Nach der Sommerpause soll Gesetz vorliegen

Mit dem klaren Votum der Bundesländer ist die Krankenhausreform nun einen entscheidenden Schritt weiter. Über den Sommer will Lauterbach gemeinsam mit mehreren Ländern einen Gesetzentwurf erarbeiten. Dieser soll dann nach der parlamentarischen Sommerpause im Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Das Gesetz soll ab 2024 gelten, sagte Lauterbach nach intensiven Verhandlungen zwischen Bund und Ländern in Berlin.

Was soll durch die Reform anders werden?

Im Kern sehen die Pläne vor, das Vergütungssystem der Kliniken zu ändern. Die Bezahlung pro behandelten Patienten und Fall, die sogenannten Fallpauschalen, soll in den Hintergrund rücken. Stattdessen sollen die Kliniken Geld dafür bekommen, dass sie bestimmte Leistungen vorhalten – unabhängig davon, wie viele Patienten behandelt und wie viele Operationen durchgeführt werden. Der bisherige "Hamsterrad-Effekt" ist weg, gibt sich Lauterbach zufrieden.

Doch die Kliniken fordern wegen der hohen Inflation und gestiegener Kosten mehr finanzielle Unterstützung, und zwar sofort und nicht erst, wenn die Reform kommt. Dies lehnt der SPD-Minister mit Blick auf den Spardruck im Bundeshaushalt ab. Allerdings wolle man prüfen, ob der Bund noch Finanzhilfen locker machen kann. Lauterbach fügte aber hinzu: "Ich kann da keine Hoffnung machen."

Das Ziel: mehr Spezialisierung, mehr Qualität

Ein weiterer wichtiger Baustein der Krankenhausreform ist die geplante Spezialisierung und Konzentration der Kliniken. Dafür werden die Häuser in Leistungsgruppen eingeteilt. Diese Gruppen sollen einheitliche Qualitätsvorgaben absichern – etwa bei der Ausstattung, bei Personal und Behandlungsverfahren. Nicht jedes Haus soll mehr alle medizinischen Leistungen anbieten. Die Leistungsgruppen dienen als Grundlage für die Finanzierung durch die Krankenkassen.

Krankenhausreform soll Druck aus System nehmen

Die Reform werde helfen, Kliniken finanziell zu entlasten und auch kleine Krankenhäuser auf dem Land zu erhalten, ist Lauterbach überzeugt. Das heißt aber nicht, dass alle Kliniken erhalten werden können. Dennoch sei mit der Reform eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige Versorgung gesichert, erklärte der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann von der CDU.

Lauterbach will Transparenzoffensive allein durchsetzen

In einem zentralen Punkte konnte allerdings keine Einigkeit zwischen Bund und Ländern erzielt werden. Lauterbach pocht darauf, Daten zur Behandlungsqualität aller Klinken zu veröffentlichen. Die Patientinnen und Patienten sollen künftig erfahren, welche Kliniken wie häufig bestimmte Eingriffe machen und wer auf welchem Gebiet besonders gute Ergebnisse abliefert. Lauterbach spricht von einer Transparenzoffensive.

Da die Länder hier aber nicht mitziehen, will der Bund ein eigenes Gesetz auf den Weg bringen. "Wir holen die Informationen der Kliniken selbst ein und werden sie verbreiten", sagte Lauterbach.

Bayern sieht Planungshoheit in Gefahr

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek stimmte gegen die Krankenhausreform. Da die Krankenhausplanung Aufgabe der Länder ist, sieht er durch die vorliegenden Pläne die Planungshoheit der Länder in Gefahr. Holetschek: "Die Länder müssen weiter gestalten können, welche Krankenhausversorgung regional am sinnvollsten ist." Hierzu seien die Aussagen des Bundes zu vage. Zudem fordert der CSU-Politiker einen TÜV für die Reform, um die Folgen vorab besser beurteilen zu können.

Bis Reform greift, werden weitere Kliniken schließen

Auch wenn das Gesetz ab 2024 gelten soll, wird die Krankenhausreform höchstwahrscheinlich erst in zwei bis drei Jahren greifen. Und bis das Vorhaben wirke, würden leider noch Kliniken in die Insolvenz gehen, sagte Lauterbach. Das liege aber daran, dass die Reform nicht schon früher gemacht wurde.

Ob der Minister allerdings seinen ehrgeizigen Zeitplan mit Gesetzentwurf nach dem Sommer und Beschluss bis Ende des Jahres einhalten kann, bleibt abzuwarten.

SPD, Grüne und FDP stehen hinter Reform

Rückendeckung bekam der Bundesgesundheitsminister immerhin von den Bundestagsfraktionen aller drei Regierungsparteien. Mit Blick auf Debatten und Konflikte bei anderen Ampel-Themen, sagte Lauterbach: "So sollten wir mehr Gesetze machen."

Video: Gespräch mit Bayerns Gesundheitsminister Holetschek zur Krankenhausreform

Bund und Länder bringen eine Reform der Krankenhauslandschaft auf den Weg. Bayern stimmte gegen das Vorhaben.
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Bund und Länder bringen eine Reform der Krankenhauslandschaft auf den Weg. Bayern stimmte gegen das Vorhaben.

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