Knackpunkt Kindergrundsicherung: FDP und Grüne weit auseinander
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Knackpunkt Kindergrundsicherung: FDP und Grüne weit auseinander

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Knackpunkt Kindergrundsicherung: FDP und Grüne weit auseinander

Der Streit um die geplante Kindergrundsicherung geht in eine neue Runde und wirft zwei Grundsatzfragen auf: Ist das der Startschuss in den Kampf um den Bundeshaushalt für nächstes Jahr? Und: Wird die Ampel-Regierung daran zerbrechen?

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Knackpunkt Kindergrundsicherung: Das von den Grünen geplante Prestige-Projekt der Regierung sorgt seit mittlerweile über einem Jahr für Ärger – und offenbart, wie weit Grüne und FDP in Grundsatzfragen auseinanderliegen.

Kindergrundsicherung als sozialpolitisches Projekt der Grünen

Für Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) ist die Kindergrundsicherung das größte sozialpolitische Projekt der Ampel-Regierung. Damit sollen verschiedene Leistungen wie Kindergeld, Bürgergeld für Kinder oder der Kinderzuschlag gebündelt werden. Das Ziel: Familien sollen unbürokratischer und schneller an Leistungen kommen, die ihnen zustehen.

Dem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) war die Kindergrundsicherung von Anfang an ein Dorn im Auge, da sie zu viel koste. In der aktuellen Debatte kritisiert er Paus´Äußerungen, der Staat habe eine Bringschuld bei Sozialleistungen – das findet der FDP-Politiker "verstörend", wie er in einem Zeitungsinterview sagte. Er kritisiert, dass 5.000 neue Verwaltungsstellen dafür entstehen sollen.

Grüne: "Lindners Name steht unter dem Gesetzentwurf"

Die bayerische Abgeordnete Ekin Deligöz ist parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium. Im BR24-Interview verteidigt die Grünen-Politikerin die Pläne und sagt: Es werde keine neue Behörde geschaffen, die Kindergeldkasse gebe es bereits. Ziel sei, dass diese Behörde besser arbeitet. Deligöz meint: "Die FDP überzeuge ich am besten mit dem damaligen Konsens im Kabinett." Lindners Name steht auch unter dem Gesetzentwurf.

Im August vergangenen Jahres haben Paus und Lindner nach monatelangem, öffentlichem Streit den Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung geeint vorgestellt – und dennoch war Uneinigkeit zu spüren.

FDP: Sorge vor mehr Bürokratie

In der aktuellen Debatte – die nicht neu ist – geht es um die zentrale Anlaufstelle, die es für die Kindergrundsicherung braucht, eine Behörde, die die Kindergrundsicherung verwaltet: der Familienservice der Bundesagentur für Arbeit (BA). Mit einem "Kindergrundsicherungscheck" soll geprüft werden, ob eine Familie einen Anspruch hat – ist das der Fall, sollen die Familien aktiv informiert werden. Die BA rechnet mit 5.000 Stellen, die dafür erforderlich sind. Das kritisiert die FDP: Durch die Stellen entstehe mehr Bürokratie – damit werde das Ziel der Kindergrundsicherung verfehlt.

Wöchentliche Treffen zur Kindergrundsicherung

Ist die Kindergrundsicherung damit vom Tisch? Die Bundesfamilienministerin Paus hat sich bisher noch nicht zu Wort gemeldet. Ihre Staatssekretärin Deligöz jedenfalls zeigt sich im BR24-Interview weiterhin zuversichtlich, "dass wir zu seinem Ergebnis kommen". Die Abgeordneten würden sich derzeit fast wöchentlich treffen, um über die Kindergrundsicherung zu sprechen.

Doch die bayerische Bundestagsabgeordnete weiß auch: Es sind Zeiten knapper Ressourcen, Finanzminister Lindner hat bereits alle Ministerien für den Bundeshaushalt 2025 zum Sparen aufgerufen. Es muss priorisiert werden. Deligöz vom Familienministerium hat in dieser Hinsicht eine klare Haltung: "In einem Land, in dem jedes fünfte Kind in Armut aufwächst, ist das eine Priorität, die uns automatisch vorgegeben sein sollte. Wir brauchen einen starken Sozialstaat, damit Kinder eine Chance kriegen zum Aufwachsen, um diesen Staat später als Arbeitnehmer tragen zu können – dafür müssen wir in unsere Familien investieren."

Stufenweise Einführung der Kindergrundsicherung

Klar ist: der ursprüngliche Plan, die Kindergrundsicherung zum 1.1.2025 einzuführen, wackelt gewaltig, wie auch Deligöz sagt: "Ich bin gerne Optimistin… allerdings kann ich mir vorstellen, dass wir zwischen Inkrafttreten und Auszahlung über Stufenmodelle reden müssen."

Zusatzbetrag für ärmere Familien

Die Kindergrundsicherung besteht aus zwei Komponenten: einem fixen Garantiebetrag für alle Kinder – dieser ersetzt das heutige Kindergeld (derzeit 250 Euro). Bei der zweiten Komponente handelt es sich um einen Zusatzbetrag für ärmere Familien, bei denen das Einkommen nicht reicht. Wie hoch dieser ausfällt, hängt von Faktoren wie dem Einkommen der Eltern oder dem Alter der Kinder ab. Mit der Kindergrundsicherung soll das Existenzminimum eines Kindes gesichert werden.

Folgende Gruppen sollen finanziell von der Kindergrundsicherung profitieren:

Besonders einkommensschwache Familien, die trotz Arbeit von Armut bedroht sind, können von der Kindergrundsicherung profitieren, indem sie den Zusatzbetrag pro Kind erhalten.

Auch Kinder von Alleinerziehenden sollen profitieren. Denn: Mit der Kindergrundsicherung werden die Unterhaltszahlungen für die Kinder künftig nur noch zu 45 Prozent statt wie zuvor vollumfänglich angerechnet. Mutter und Kind bleibt also mehr Geld.

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