Kindergrundsicherung: Was bringt sie wem und wie viel?
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Lisa Paus (Bündnis90/Die Grünen), Bundesministerin für Familie

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Kindergrundsicherung: Was bringt sie wem und wie viel?

Nach monatelangem Streit hat die Ampel-Regierung die Kindergrundsicherung auf den Weg gebracht. Doch: Was ändert sich für Familien, wer profitiert davon und kommt sie sicher im Jahr 2025? Ein Überblick.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Nachmittag am .

Sie gilt als das große sozialpolitische Vorhaben der Ampel-Regierung: die Kindergrundsicherung. Sie soll sicherstellen, dass von Armut bedrohte Familien und ihre Kinder staatliche Leistungen erhalten, auf die sie einen Anspruch haben.

Was ändert sich 2025 für Familien?

Für Familien soll es schneller, einfacher und digitaler klappen, an staatliche Hilfen für Kinder zu gelangen, die ihnen zustehen. Die Kindergrundsicherung bündelt daher verschiedene Leistungen wie Kindergeld, Bürgergeld für Kinder, Kinderzuschlag sowie Teile des Bildungs- und Teilhabepakets. Damit soll mehr Übersicht und Ordnung geschaffen werden – so der Plan der Bundesregierung.

Die Kindergrundsicherung besteht aus zwei Komponenten: einem fixen Garantiebetrag für alle Kinder – dieser ersetzt das heutige Kindergeld (derzeit 250 Euro). Bei der zweiten Komponente handelt es sich um einen Zusatzbetrag für ärmere Familien, bei denen das Einkommen nicht reicht. Wie hoch dieser ausfällt, hängt von Faktoren wie dem Einkommen der Eltern oder dem Alter der Kinder ab. Mit der Kindergrundsicherung soll das Existenzminimum eines Kindes gesichert werden.

Wie und wann kommt man an die Kindergrundsicherung?

Viele Familien, die Anspruch auf staatliche Hilfen haben, beantragen die Leistungen nicht – aus Unwissenheit oder aufgrund komplizierter Antragsverfahren. Den Kinderzuschlag nehmen in Deutschland schätzungsweise nur 35 Prozent aller Berechtigter laut Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) in Anspruch. Mit der Kindergrundsicherung soll sich das ändern. Sie soll ab 1.1.2025 ausgezahlt werden.

Künftig wird es hierfür eine zentrale Anlaufstelle geben: der Familienservice der Bundesagentur für Arbeit (BA). Dieser ermittelt mit dem "Kindergrundsicherungscheck", ob eine Familie einen Anspruch hat – ist das der Fall, wollen die Familien aktiv informiert werden. Ganz ohne Antrag kommt die Kindergrundsicherung aber nicht aus: Dieser soll künftig über ein extra Online-Portal ("Kinderchancenportal") digital gestellt werden können. Nur: Das wird nicht zum Startjahr 2025 fertig sein, sondern dauert noch ein paar Jahre.

Wer profitiert von der Kindergrundsicherung?

Zwar betont Finanzminister Christian Lindner (FDP), dass es sich bei der Kindergrundsicherung nicht um generelle Leistungserhöhungen handelt. Der Gesetzentwurf macht auch deutlich: Wer arbeitet, dem bleibt auch mehr. Die Kindergrundsicherung unterstützt Erwerbstätigkeit, wie es heißt – mit ihr sollen nicht nur Familien ohne Einkommen, sondern auch Familien mit geringem Einkommen unterstützt werden. Asylbewerber sind ganz davon ausgenommen. Folgende Gruppen profitieren finanziell von der Kindergrundsicherung:

Ärmere Familien

Besonders einkommensschwache Familien, die trotz Arbeit von Armut bedroht sind, können von der Kindergrundsicherung profitieren. Das Bundesfamilienministerium nennt hierzu ein Beispiel:

Eine vierköpfige Familie mit Mutter, Vater und zwei Kindern im Jahr 2025: Die Mutter bleibt bei den Kindern zuhause, der Vater arbeitet und verdient monatlich 2.500 Euro brutto. Die Familie erhält pro Kind den Garantiebetrag (heutiges Kindergeld, im Jahr 2025 rund 255 Euro). Dazu erhält die Familie pro Kind 15 Euro Teilhabebetrag, um beispielsweise Musikunterricht zu nehmen oder dem Sportverein beizutreten. Weil die Familie von Armut bedroht ist, erhalten sie pro Kind im Rahmen der Kindergrundsicherung darüber hinaus den Zusatzbetrag: dieser liegt in der Beispielrechnung pro Kind bei 306 Euro. Insgesamt hat die Familie dann 3.687 Euro, statt 2.500 Euro mit dem alleinigen Einkommen des Vaters. Das bedeutet ein Plus von 1.200 Euro.

Alleinerziehende

Von der Kindergrundsicherung sollen insbesondere Kinder von erwerbstätigen Alleinerziehenden profitieren, die Bürgergeld beziehen – denn die Anrechnung von Unterhaltsleistungen sollen sich ändern. Bisher gilt bei Alleinerziehenden, die Bürgergeld beziehen: Der Kindesunterhalt als Einkommen des Kindes wird voll auf die Bürgergeld-Leistungen für das Kind angerechnet. Mit der Kindergrundsicherung werden die Unterhaltszahlungen für die Kinder künftig nur noch zu 45 Prozent statt wie zuvor vollumfänglich angerechnet. Mutter und Kind bleibt also mehr Geld.

Jugendliche und junge Erwachsene

Jugendliche (14 bis 17 Jahre) und junge Erwachsene (18 bis 24 Jahre), die bisher den Kinderzuschlag beziehen, sollen künftig von der Kindergrundsicherung profitieren – denn sie ist altersgestaffelt: Jugendliche bekommen laut Berechnungen mit der Kindergrundsicherung voraussichtlich 60 Euro mehr. Junge Erwachsene erhalten wohl 42 Euro mehr.

Außerdem soll die Unabhängigkeit von 18- bis 24-Jährigen gestärkt werden, wie es vom Familienministerium heißt: Sie sollen künftig einen eigenen Auszahlungsanspruch für den neuen Kindergarantiebetrag erhalten.

Kommt die Kindergrundsicherung sicher 2025?

Der im Kabinett beschlossene Gesetzentwurf ist nur ein erster Schritt. Die Kindergrundsicherung muss noch im Bundestag beraten werden, bevor dann der Bundesrat (Länder) zustimmen muss.

Bayern beispielsweise hat bereits eine Ablehnung signalisiert. Von Familienministerin Ulrika Scharf (CSU) heißt es: "Das bisherige Konzept ist für Bayern so nicht tragbar." Die Kindergrundsicherung sei "keine sozialpolitische Revolution – es ist ein Fass ohne Boden". Scharf bezweifelt, dass die Reform zum 1. Januar 2025 umgesetzt werden kann.

Auch die Bundesagentur für Arbeit hält den Starttermin angesichts der erforderlichen technischen Vorbereitungen für unrealistisch.

Im Video: Kabinett beschließt Entwurf von Lisa Paus

Monatelang wurde in der Regierungskoalition gestritten, über die Kosten der Kindergrundsicherung, aber auch über den Verwaltungsaufwand. Heute hat das Kabinett den Gesetzentwurf von Bundesfamilienministerin Lisa Pausbeschlossen. Doch es gibt Kritik.
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Heute hat das Kabinett den Gesetzentwurf von Bundesfamilienministerin Lisa Paus beschlossen. Doch es gibt Kritik.

Dieser Artikel ist erstmals am 27. September 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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