Ein fünfjähriger Junge sitzt an einem roten Tisch und zählt sein gespartes Taschengeld (Symbolbild)
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Kinderarmut in Deutschland: Laut Lehrern an Schulen immer sichtbarer - was kann dagegen getan werden? (Symbolbild)

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Kinderarmut an Schulen: Lösungsansätze der BR24 Community

Kein Pausenbrot, die Hefte fehlen, das Essensgeld ist nicht gezahlt: Dass manche Kinder in Armut leben, wird auch an Schulen sichtbarer, berichten Lehrer in einer Studie. "Dein Argument" hat sich dazu Kommentare bei BR24 angeschaut und eingeordnet.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

💬 Mitdiskutieren lohnt sich: Dieser Beitrag im Rahmen des BR24 Projekts "Dein Argument" greift User-Kommentare zur Berichterstattung über Kinderarmut auf. 💬

Im Vergleich zum vorangegangen Schuljahr haben Lehrerinnen und Lehrer einen Anstieg von Kinderarmut in ihren Schulen festgestellt: Dies ist ein Ergebnis des "Schulbarometers" der unternehmensverbundenen Robert Bosch Stiftung, einer repräsentativen Umfrage zur Situation an Schulen. Eine verbindliche Definition von Kinderarmut gibt es nicht. Sie muss aber immer im Zusammenhang mit der Familiensituation betrachtet werden. Was kann Deutschland zur Bekämpfung von Kinderarmut tun? Eine Frage, die auch die BR24 Community umtreibt.

Schulausbau statt Zahlung an Eltern?

Ein "echter Reformplan" müsse her, fordern User wie "Marichi": gut ausgestattete Ganztagsschulen, Schulmaterial vor Ort, gesundes Essen fünf Tage die Woche. Doch woher soll das Geld dafür kommen? Einige Kommentatoren schlagen vor: familien- und sozialpolitische Leistungen für die Eltern kürzen, stattdessen das Geld direkt in die Schulen investieren. In der Diskussion über die Kindergrundsicherung in Deutschland verfing dieser Gedanke immer wieder. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) warf die Frage auf, ob Investitionen in Kitas und Schulen mehr helfen würden, als Eltern Geld zu überweisen – wobei er das Thema Migration hinzuzog. Ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Akteure beklagt in diesem Zusammenhang pauschale Vorurteile gegenüber armen Familien.

Doch auch User "verzweifelt" meint bei BR24: "Anscheinend werden die Gelder einfach zweckentfremdet." Rechtlich gibt es beispielsweise fürs Kindergeld keinen festgelegten Verwendungszweck. Gedacht ist es aber für das Kindeswohl. 2018 trat eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung Vorurteilen entgegen, wonach finanzschwache Eltern die Gelder etwa für Alkohol, Zigaretten oder Unterhaltungstechnik ausgeben würden. Ein massiver Missbrauch sei nicht nachweisbar, ein Generalverdacht nicht angebracht. Vielmehr werde der Zuschuss oft in bessere Betreuung oder Hobbys investiert, so die Studie – in deren Stichproben allerdings die besonders von Armut betroffenen Familien (die sogenannten Hartz-IV-Familien) außen vor blieben.

Problem Personalmangel

Doch spinnt man den eingangs angeführten Gedanken weiter, ist viel Personal nötig – für die Sanierung der Schulen, für die Ganztagsbetreuung der Kinder, für guten Unterricht. Ein Aspekt, den ein User schon vor ein paar Wochen zum Thema Kinderarmut anführte:

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User-Kommentar zu Kinderarmut an Schulen

Bedeutung engagierter Lehrer – "Jeden Cent reinstecken"

Grundsätzlich vertreten einige auch die Auffassung: Schule kann nicht alles auffangen. Allerdings kann sie sehr wohl den weiteren Lebensweg stark beeinflussen. User "sry" kommentierte vor einiger Zeit sehr persönlich: "Ich bin selber ein Unterschichtenkind." Seine Mutter habe mehrere Jobs gehabt, um sich über Wasser zu halten. "Sowohl mein Bruder, als auch ich haben studiert und sehr gute Jobs. Wir haben den sozialen Aufstieg geschafft. Dafür kann ich einen Hauptgrund nennen: engagierte Lehrer." Seine Schlussfolgerung: "Da muss jeder verfügbare Cent reingesteckt werden."

Verschiedene Auslöser von Armut

Dieses Beispiel zeigt erneut: Armut kann verschiedene Auslöser haben. Eltern können ihren Job verlieren, erkranken oder sich trennen. Auch erwerbstätige Alleinerziehende können armutsgefährdet sein – beispielsweise wenn der Elternteil nur in Teilzeit arbeiten kann, weil eine Betreuungsmöglichkeit fehlt. Jemand gilt nach EU-Definition als armutsgefährdet, wenn er über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. Auch Menschen mit einem niedrigen Bildungsstand haben statistisch gesehen geringere Chancen, von ihrer Erwerbsarbeit gut leben zu können, heißt es etwa von Seiten der Malteser.

Familien können also auf Bürgergeld angewiesen sein. Knapp zwei Millionen Kinder leben in Deutschland von der staatlichen Hilfe, diese Zahl wurde Ende Juli bekannt. Über die Höhe der Leistung gibt es in den Kommentarspalten Diskussionen – zu viel, zu wenig? Der Regelbedarf für Kinder und Jugendliche liegt je nach Alter zwischen 318 Euro und 420 Euro. Die Höhe der Bezüge soll kommendes Jahr steigen. Für den persönlichen Schulbedarf gibt es zudem eine jährliche Pauschale von aktuell insgesamt 174 Euro pro Kind – einen Teil ausgezahlt im Februar, den anderen Teil im August. Auch Kosten wie für die Mittagsverpflegung oder Schulausflüge können bezuschusst werden.

Geld zurücklegen, Gebrauchtes kaufen

Schulmaterial kann teuer werden. User "MeiSenfdazua", nach eigener Aussage selbst nicht armutsgefährdet, meint: "Im September häufen sich die Ausgaben (was die Schule anbelangt) und man bekommt den Eindruck, als wäre alles selbstverständlich!" Fach-Arbeitshefte, neue Sportkleidung mit teils zwei Paar geforderten Sportschuhen, ein Klassenfoto, Ausflüge, der Taschenrechner und manchmal ein Tablet. Tipps daraufhin von anderen Usern: Geld für den Schulstart zurücklegen und gebrauchte Gegenstände kaufen – das ist etwa bei Arbeitsheften jedoch nicht immer möglich.

Kinder spüren Armut anderer

Armut geht an Kindern nicht spurlos vorbei – erst recht nicht bei eigener Betroffenheit. Aber auch im Kontakt kann es Folgen haben. User "shiva" erzählt dazu aus dem Alltag:

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User-Kommentar zu Kinderarmut an Schulen

Aufruf an die Gesellschaft

Kinder in Armut besitzen oft nur das Nötigste und müssen auf vieles verzichten, was für andere selbstverständlich ist. Stigmatisierung, Isolation, aber auch Stress können Folgen sein. Manche Eltern haben weniger Ressourcen, um sich ausreichend um die Bildung ihrer Kinder zu kümmern – ein Teufelskreis, der Auswirkungen aufs Berufsleben haben kann, aber nicht muss. Durch einen Mangel an ausgewogener Ernährung kann zudem die Gesundheit gefährdet sein.

"Die gesamte Gesellschaft, in allen Bereichen, ist gefordert", hält User "Edom" fest. So können etwa Spendenprojekte und ehrenamtliche Tätigkeiten ein Baustein sein. User "Hiawatha" verwies vor einiger Zeit auf ein Projekt aus dem Ruhrgebiet namens "Kinderglück": Dabei werden unter anderem Schulranzen gespendet, ohne dass die Kinder davon erfahren.

Im Audio: Lehrer-Umfrage - Kinderarmut wird in der Schule immer sichtbarer

Grundschüler im Klassenzimmer
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Symbolbild: Grundschüler im Klassenzimmer

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