Ein nur für Frauen reservierter U-Bahn Waggon in Teheran im November 2009.
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Ein nur für Frauen reservierter U-Bahn Waggon in Teheran im November 2009.

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Iranerin im Koma - Baerbock kritisiert Vorfall mit Sittenpolizei

Im Iran ist eine 16 Jahre alte Schülerin nach einem mutmaßlichen Vorfall mit der Sittenpolizei in der Teheraner U-Bahn im Koma ins Krankenhaus eingeliefert worden. Bundesaußenministerin Baerbock reagierte mit Empörung: "Es ist unerträglich."

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat eine mutmaßliche Konfrontation der Sittenpolizei im Iran mit einer 16-Jährigen scharf kritisiert. "Schon wieder kämpft eine junge Frau in Iran um ihr Leben. Allein, weil sie in der U-Bahn ihre Haare gezeigt hat", schrieb Baerbock am Mittwoch auf der Online-Plattform X und nannte die Situation "unerträglich".

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16-Jährige nach Vorfall mit Sittenpolizei im Krankenhaus

Nach Angaben der kurdischen Menschenrechtsorganisation Hengaw war die junge Kurdin Armita Garawand am Sonntag schwer verletzt worden, als sie von weiblichen Angehörigen der Sittenpolizei festgenommen wurde. Sie liegt demnach unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen im Krankenhaus.

In Online-Netzwerken wurde ein Video verbreitet, das den Vorfall zeigen soll. Darin ist zu sehen, wie ein Mädchen, das offenbar keine Kopfbedeckung trägt, von Polizistinnen in die U-Bahn gestoßen wird. Iranische Behörden erklärten hingegen, Garawand sei wegen "niedrigen Blutdrucks" in der U-Bahn ohnmächtig geworden, es habe keinerlei Auseinandersetzung mit Sicherheitskräften gegeben.

Beziehungen zwischen Deutschland und Iran angespannt

Die Beziehungen zwischen Deutschland und dem Iran sind seit geraumer Zeit angespannt. Nach der landesweiten Protestwelle im Herbst 2022 äußerte Baerbock offen Kritik am gewaltsamen Vorgehen der iranischen Staatsmacht gegen die Demonstranten. Iranische Politiker warfen im Gegenzug der Bundesrepublik vor, sich in innere Angelegenheiten der Islamischen Republik einzumischen.

Garawands Eltern sprachen am Dienstag in einem von der iranischen Nachrichtenagentur Irna veröffentlichten Interview ebenfalls von einem Unfall. Laut der in Norwegen ansässigen Menschenrechtsorganisation Hengaw entstand das Interview jedoch unter Druck. Das Krankenhaus, in dem sich Garawand befinde, werde streng bewacht, berichtet Hengaw mit Berufung auf interne Quellen.

Sicherheitskräfte hätten außerdem die Telefone von Garawands Angehörigen konfisziert. Baerbock schrieb auf X: "Die Eltern von #ArmitaGarawand gehören nicht vor Kameras gezogen, sondern haben das Recht, am Krankenbett ihrer Tochter zu sein."

Erinnerung an Fall Amini

Eine Journalistin sei auf dem Weg ins Krankenhaus vorübergehend festgenommen worden, berichtete die Tageszeitung "Sharg". Sie habe sich über den Gesundheitszustand der Jugendlichen erkundigen wollen.

In sozialen Medien schrieben Nutzer, sie fühlen sich an den Fall der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini erinnert. Die 22-Jährige war ins Koma gefallen und anschließend gestorben, nachdem sie wegen angeblichen Verstoßes gegen die islamische Kleiderordnung von der Sittenpolizei festgenommen worden war.

FDP: Einstufung von Revolutionsgarden als Terrororganisation

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte am Mittwoch in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, alle Möglichkeiten des Völkerrechts zu nutzen, um gegen Teheran vorzugehen. Ziel müsse sein, die dortige Führung nachhaltig zu schwächen, dazu gehöre die Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation durch die EU.

Amnesty International forderte in den Funke-Zeitungen, Verfahren auf internationaler Ebene gegen die Verantwortlichen für schwere Menschenrechtsverletzungen im Iran einzuleiten – damit es "bei solchen Verbrechen" nicht bei einer verbalen Verurteilung bleibe, sondern zu einer effektiven Strafverfolgung komme.

Mit Informationen von dpa und AFP

Proteste im Iran: Autorin Gilda Sahebi – "Der Widerstand wird nicht aufhören"

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