Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat wegen der Verzögerungen beim Heizungsgesetz der FDP einen Bruch von Vereinbarungen vorgeworfen. Es handle sich um einen "Wortbruch" gegenüber der Vereinbarung, die Vertreter von SPD, Grünen und FDP Ende März im Koalitionsausschuss getroffen hätten, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag.
"Da steht klar drin: Wir wollen diesen Prozess vor der parlamentarischen Sommerpause abgeschlossen haben. Das wird jetzt mit der Verschiebung nicht mehr möglich sein", sagte Habeck. "Und ich nehme zur Kenntnis, dass die FDP sich nicht an das gegebene Wort hält an dieser Stelle."
Vertreter von Grünen und SPD hatten deutlich gemacht, dass sie eine Verabschiedung der Gesetzespläne vor der Sommerpause noch für möglich halten. Wegen grundsätzlicher Bedenken der FDP wird der Gesetzentwurf in dieser Woche nicht in erster Lesung vom Bundestag beraten. Die parlamentarische Sommerpause beginnt am 7. Juli. Bis dahin gibt es drei weitere Sitzungswochen.
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FDP warnt vor "Kostenfalle"
"Ich kann nur an die FDP appellieren, ihre Blockadehaltung aufzugeben", sagte Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann. "Alles andere grenzt ja an Arbeitsverweigerung." In SPD-Kreisen hieß es, die FDP stelle sich damit auch gegen Kanzler Olaf Scholz, der noch am Montag auf eine zügige Umsetzung des Gesetzes gepocht hatte. Er gehe davon aus, dass die Substanz des Gesetzentwurfs in den parlamentarischen Beratungen erhalten bleibe, hatte Scholz gesagt.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte dagegen, das Gesetz müsse gut und richtig gemacht werden. Die Koalition dürfe die Menschen "nicht in eine Kostenfalle laufen lassen". Das Gesetz müsse praktikabel für die privaten Haushalte sein, es müsse wirtschaftlich sein und umsetzbar für die Versorger. "Die Heizung muss zum Haus passen und nicht umgekehrt." Deshalb müsse in dem Gesetz Technologieoffenheit garantiert sein. Es könne in Deutschland nicht alles elektrifiziert werden, sagte Dürr auch mit Blick auf E-Autos. Das deutsche Gasnetz umfasse eine halbe Million Kilometer und habe einen Wert von 270 Milliarden Euro. "Das darf man nicht einfach so wegwerfen." Vielmehr sollte es auch weiterhin für klimaneutrale Wärmeversorgung genutzt werden.
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Dobrindt sieht Ampel dem Ende nahe
Trotz der Verschiebung wird das umstrittene Heizungsgesetz in dieser Woche zumindest ein Thema im Bundestag sein. Wie die Parlamentsverwaltung am Dienstag mitteilte, beantragte die CDU/CSU-Fraktion eine Aktuelle Stunde zu den "Heizungsplänen der Bundesregierung".
"Die Debatte über dieses vermurkste Gesetz ist dringend notwendig", sagte der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt. "Wir werden die Ampel nicht in die Pfingstpause gehen lassen, ohne über dieses Gesetz nochmals zu debattieren." Der CSU-Politiker betonte: "Dieses Gesetz ist bekloppt, die Koalition ist zerstritten, und die Bürger sind verängstigt." Wer mit ihnen spreche, erlebe schon jetzt "Hinweise auf zivilen Ungehorsam" nach dem Motto "Das machen wir nicht mit". Das Gesetz sei zum Scheitern verurteilt.
Dobrindt riet den Koalitionsparteien, angesichts des Streits um das Gesetz die Koalition als Ganzes auf den Prüfstand zu stellen. "Vielleicht wäre es klüger, die richtigen Schlüsse zu ziehen und diese vermeintliche Zusammenarbeit zu beenden", sagte der CSU-Politiker.
Merz fordert Machtwort von Scholz
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) forderte ein Machtwort von Kanzler Scholz. "Das Beste wäre, der Bundeskanzler würde von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und dieses Gesetz zurückziehen", sagte Merz in Berlin. Dem Bundeskanzler warf Merz Führungsschwäche vor.
"Wir erleben Führungslosigkeit und Durcheinander in der von der SPD geführten Bundesregierung", sagte der CDU-Politiker. "Der Bundeskanzler muss zeigen, dass er die Absicht hat, die Bundesrepublik Deutschland zu führen." Das Heizungsgesetz aus dem Grünen-geführten Bundeswirtschaftsministerium bezeichnete Merz als "völlig vermurkst und verkorkst" - und fügte hinzu: "Die Koalition versinkt im Sumpf dieses Gebäudeenergiegesetzes."
Grüne drücken aufs Tempo, FDP bremst
Der jetzige Gesetzentwurf sieht im Kern vor, dass vom kommenden Jahr an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden soll. Die Grünen setzen dafür vor allem auf die Wärmepumpe, die mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben wird. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter laufen, kaputte repariert werden. Das Gesetz gilt als wichtiger Baustein des Vorhabens, Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu machen.
Die Grünen dringen darauf, dass das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt, was mit der jetzigen Verschiebung fraglich sein dürfte. Die FDP sieht indes keinen Zeitdruck.
Mit Informationen von dpa und Reuters
Video: ARD-Korrespondent Mario Kubina zum geplanten Heizungs-Gesetz.
Mit dem Aufschub sei das umstrittene Heizungs-Gesetz nicht vom Tisch, sagt ARD-Korrespondent Mario Kubina.
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