02.11.22: Bundeskanzler Scholz (M.), Bayerns Ministerpräsident Söder (l.) und Baden-Württembergs Regierungschef Kretschmann (r.) in Berlin.
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02.11.22: Bundeskanzler Scholz (M.), Bayerns Ministerpräsident Söder (l.) und Baden-Württembergs Regierungschef Kretschmann (r.) in Berlin.

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49-Euro-Ticket, Gaspreis, Wohngeld: Was Bund und Länder planen

Das 49-Euro-Ticket im ÖPNV kommt – Bund und Länder haben die Kostenfrage geklärt. Zudem kriegen die Bundesländer mehr Geld für die Unterbringung von Flüchtlingen. Laut Bayerns Regierungschef Söder bleiben bei den Entlastungen aber "Juckepunkte".

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Für Millionen Fahrgäste gibt es im kommenden Jahr ein deutschlandweites 49-Euro-Monatsticket für Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr. Bund und Bundesländer haben sich bei einer Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin über offene Finanzierungsfragen beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) geeinigt. Auch bei weiteren strittigen Punkten mit Blick auf die geplanten Entlastungen von Bürgern und Unternehmen gab es eine Einigung – unter anderem bei den Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen.

49-Euro-Ticket soll schnellstmöglich starten

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) äußerte sich zufrieden: Er hoffe, das 49-Euro-Ticket werde ein so großer Erfolg, dass über die Ticketeinnahmen eine Stärkung des Nahverkehrs erreicht werden könne, sagte er. Die getroffene Absprache sieht vor, dass Bund und Länder sich die Kosten für das Ticket von insgesamt drei Milliarden Euro im Jahr teilen. Zudem stellt der Bund eine Milliarde Euro jährlich an sogenannten Regionalisierungsmitteln für die Bundesländer zur Verfügung.

Geplant ist ein digitales, bundesweit gültiges "Deutschlandticket" für den ÖPNV zu einem Einführungspreis von 49 Euro pro Monat im monatlich kündbaren Abonnement. Das Ticket soll schnellstmöglich eingeführt werden. Ob ein Start Anfang des Jahres klappt, ist aber offen. Der Preis könnte zudem im Laufe der Zeit steigen. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern hatten sich Mitte Oktober grundsätzlich auf ein 49-Euro-Ticket als Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket aus dem Sommer verständigt. Die genaue Finanzierung blieb aber bisher offen.

Gaspreispremse kommt – wohl ab Februar

Bund und Länder haben sich bei ihrem Treffen auch endgültig auf die schon länger von der Bundesregierung geplante Gas- und Strompreisbremse geeinigt. Bei den Gaspreisen soll die Deckelung für 80 Prozent des prognostizierten Verbrauchs bei zwölf Cent pro Kilowattstunde liegen, bei der Fernwärme bei 9,5 Cent, beim Strompreis bei 40 Cent.

Greifen soll die Gaspreisbremse für Privatkunden wohl rückwirkend zum 1. Februar 2023. Laut Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) plädierten die Bundesländer aber einstimmig dafür, dass das Instrument früher als bisher geplant kommt, da ansonsten eine Lücke im Januar bleibe, wo die Gaspreisbremse noch nicht gelte.

Die Strompreisbremse soll dagegen laut dem aktuellen Beschluss schon zum 1. Januar 2023 "entlastend wirken". Noch keine Einigung erzielte die Bund-Länder-Runde bei den Härtefallregelungen für kleine und mittlere Unternehmen, die besonders stark unter hohen Energiekosten leiden und denen die Preisbremsen alleine nicht ausreichend helfen. "Wir sind uns einig, dass es eine Härtefallregelung geben muss", sagte Wüst. Es fehle aber noch eine Vereinbarung, wer die Kosten trage.

Flüchtlinge: Weitere 1,5 Milliarden Euro für Unterbringung

Klar ist nach dem Treffen auch: Der Bund beteiligt sich mit zusätzlichen Mitteln an der Unterbringung von Flüchtlingen in den Bundesländern und Kommunen. Für das laufende Jahr wolle der Bund zusätzliche 1,5 Milliarden Euro für die Versorgung von Geflüchteten unter anderem aus der Ukraine zur Verfügung stellen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Bisher hatte der Bund den Bundesländern für das laufende Jahr zwei Milliarden Euro zugesagt.

Für das kommende Jahr wolle der Bund noch einmal 1,5 Milliarden Euro für die Aufnahme von Flüchtlingen bereitstellen, sagte Scholz. Für Menschen aus anderen Ländern als der Ukraine, die in Deutschland Schutz suchten, soll es demnach 1,25 Milliarden Euro geben. "Das ist eine gute Verständigung, die uns in die Lage versetzt, die Aufgaben zu bewältigen, vor denen wir alle in dieser Hinsicht stehen." Generell äußerte sich der Kanzler zufrieden über die Beschlüsse: "Wir haken uns unter. Wir lösen die Probleme unseres Landes gemeinsam."

Einigung auch beim Wohngeld: Bund und Länder teilen Kosten

Im Vorfeld des Treffens war auch umstritten, wie die geplante Ausweitung des Wohngelds umgesetzt und finanziert werden soll. Auch hier gibt es jetzt eine Einigung: Bund und Länder teilen sich die Kosten für die geplante Reform. Es bleibe dabei, dass die staatliche Hilfe für Geringverdiener zur Hälfte von den Ländern finanziert werde, heißt es im Beschlusspapier. Eigentlich wollten die Länder das Wohngeld finanziell nicht mehr mittragen.

Wegen der hohen Energiepreise soll der staatliche Mietzuschuss zum 1. Januar reformiert werden: Das Wohngeld soll dann um durchschnittlich 190 Euro pro Monat steigen. Außerdem soll es an 1,4 Millionen Bürger mehr gezahlt werden als bisher. Es geht um Kosten von 5,1 Milliarden Euro. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) begrüßte die Einigung: "Die Unterstützung bei der Bewältigung dieser Kosten wird vielen Menschen Sicherheit geben können", sagte sie.

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Söder: Konstruktive Gespräche, aber "Juckepunkte" bleiben

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zeigte sich nach der Bund-Länder-Runde ebenfalls insgesamt zufrieden. Die Gespräche waren laut ihm konstruktiv, "es gab schon Bewegung, schon Veränderung". Es blieben aber "Juckepunkte", sagte Söder dem BR. Wie andere Ministerpräsidenten bezeichnete er es als Fehler, im Januar noch ohne Entlastungslösung für Bürger und Unternehmen bei den Energiepreisen dazustehen.

Söder bemängelte auch das Fehlen einer grundlegenden Förderung für Öl- und Pelletheizungen. "Das mit dem Öl beschwert die meisten Länder sehr." Am Ende sei es nicht gerecht, "dass vor allem die Gaskunden einen kompletten Ersatz bekommen und jemand, der eine Ölheizung hat, nur als Not- oder Härtefall gelten kann." Die Einigung beim Nahverkehr bezeichnete Söder als wichtig: "Der Weg für das 49-Euro-Ticket ist jetzt frei", betonte er. Die zugesagten Regionalisierungsmittel des Bundes für die Länder seien zwar nach wie vor zu wenig, "aber das können wir in Bayern schon stemmen".

Ähnlich äußerte sich der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). "Es ist ein Erfolg für die Länder, dass sich der Bund endlich zu zusätzlichen Regionalisierungsmitteln und einer Anpassung der Dynamisierung bekannt hat", sagte Bernreiter nach der Bund-Länder-Einigung. Allerdings gebe es statt den von allen Länderverkehrsministern geforderten 1,5 Milliarden Euro nur eine Milliarde – und keine zusätzliche Entlastungen für die durch die hohen Energie- und Spritpreise gebeutelten Verkehrsunternehmen. "Mehr wäre besser gewesen."

02.11.22: BR24-Interview mit Bayerns Ministerpräsident Söder nach dem Bund-Länder-Treffen
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02.11.22: BR24-Interview mit Bayerns Ministerpräsident Söder nach dem Bund-Länder-Treffen

Weil: Gespräche "sehr intensiv vorbereitet"

Schon vor ihrem Treffen mit Kanzler Scholz zu den geplanten Krisen-Entlastungsmaßnahmen hatten sich mehrere Ministerpräsidenten optimistisch geäußert. Die Gespräche seien in den vergangenen zwei Wochen sehr intensiv vorbereitet worden, sagte Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD), derzeit auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Bei einem Treffen Anfang Oktober waren Bund und Länder noch ohne Einigung auseinander gegangen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wüst hatte vor den Beratungen deutlich gemacht, dass die Bundesländer kompromissbereit sind. Wenn es bei den Bund-Länder-Gesprächen Klarheit bei der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs und anderer Fragen gebe, dann sei auch das 65-Milliarden-Euro-Entlastungspaket der Bundesregierung "für uns in Ordnung", sagte Wüst im Deutschlandfunk.

Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters

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