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Diesel-Skandal: Umwelt- und Verkehrsministerium uneinig

Ältere Dieselfahrzeuge sauberer zu machen kostet viel Geld. Bis zu 15 Milliarden Euro könnte die technische Nachrüstung kosten. Doch ist das sinnvoll und wer soll das zahlen? Darüber sind sich selbst die Partner in der GroKo uneinig.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Welche Position hat die Bundesregierung eigentlich im Moment in Sachen Umgang mit der Diesel-Krise? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage ist – Stand heute – kaum möglich. Natürlich stand das Thema auf der Tagesordnung des Bundeskabinetts gestern und heute auf Schloss Meseberg. Bei der anschließenden Pressekonferenz zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel zunächst entschlossen.

"Wir haben Erwartungen an die Autoindustrie, die die Fehler in Ordnung bringen muss." Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg

Welche Erwartungen die Kanzlerin genau hat, ließ sie offen. Die Details scheint sie aber eher den Fachministern überlasse zu wollen. Die Frage, ob die Bundesregierung zum Beispiel technische Nachrüstungen von älteren Diesel-Fahrzeugen verlangen wird, hänge davon ab, ob Nutzen und Kosten in einem vernünftigen Verhältnis seien, alles weitere würden die Ministerien Verkehr und Umwelt "deutlich machen", so Merkel.

Verkehrsminister contra Hardware-Nachrüstung, Umweltministerin pro

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat bereits vor dem heutigen Klausur-Tag in einem Zeitungsinterview deutlich gemacht, was er über Hardware-Nachrüstungen denkt. In seinem Haus gebe es "rechtliche und technische Vorbehalte gegen den nachträglichen Einbau von Abgasreinigungssystemen für ältere Fahrzeuge". 

"Ich will die Einhaltung der Grenzwerte ohne Hardware-Nachrüstungen erreichen und dafür die bereits eingeleiteten Maßnahmen vorantreiben." Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer in der Passauer Neuen Presse

Damit stellt sich Scheuer abermals gegen seine Kabinettskollegin, Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Sie hatte sich zuletzt für eine solche technische Nachrüstlösung ausgesprochen – auf Kosten der Autohersteller. Und auch dem Koalitionsvertrag widerspricht Scheuers Aussage, hatte sich die GroKo in dem gerade erst unterzeichneten Papier darauf geeinigt, auch – "technische Verbesserungen von Fahrzeugen im Bestand" in Betracht zu ziehen, wenn technisch möglich und wirtschaftlich darstellbar.

"Wir werden im Jahr 2018 auf Basis der Ergebnisse der laufenden Untersuchungen zu HardwareNachrüstungsvarianten in der Arbeitsgruppe 'Technische Nachrüstung' und den weiteren Entscheidungen des 'Diesel-Gipfels' sowie aller rechtlicher Fragen der Zulassung, Gewährleistung und Kostentragung sowie in Kenntnis von Gerichtsentscheidungen und den Entscheidungen auf europäischer Ebene über weitere Schritte zur NOx-Reduzierung, auch der technischen Nachrüstungen, entscheiden." Zitat aus dem Koalitionsvertrag

Vertreter dieser Arbeitsgruppe sind heute im Bundesverkehrsministerium zusammengekommen – hinter verschlossenen Türen. Auf ihrer Tagesordnung stand neben der Frage der technischen Nachrüstung auch ein Vorschlag der Länder Bayern und Niedersachsen für eine zusätzliche Diesel-Neuwagenprämie. Diese lehnt der Bund allerdings nach Informationen von BR Recherche ab.

Grüne und DUH beziffern Nachrüst-Kosten für die Automobilindustrie

Dass technische Nachrüstlösungen notwendig sind, hat heute erneut die Deutsche Umwelthilfe gefordert. Anlass dafür ist die Veröffentlichung neuer Abgasmessungen, die die DUH in den vergangenen Monaten vorgenommen hat. Es seien "erschreckend hohe Stickoxid-Emissionen", die die Umwelthilfe bei den Messungen von 15 Fahrzeugen ermittelt haben will.

So habe ein Audi A6 Diesel mit 3.0 TDI-Motor (Schadstoffklasse Euro 6) den erlaubten Grenzwert von 80 Mikrogramm Stickoxid pro Kilometer um das sechsfache überschritten. Auch Modelle der Hersteller Peugeot und Opel seien negativ aufgefallen. Und das trotz eines Softwareupdates. Die Organisationen hat die Messungen im Winter vorgenommen – mit einem mobilen Messgerät im realen Fahrbetrieb und auf einer 32 Kilometer langen Strecke bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten. 

Nachrüstung für 10 Milliarden Euro?

Nötige Konsequenz aus DUH-Sicht: Für die etwa zehn Millionen Diesel-Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 5 und 6 müsse es jetzt eine Hardware-Nachrüstung geben – also den nachträglichen Einbau einer zusätzlichen Abgasreinigungsanlage. 

Das könnte alleine die deutschen Hersteller nach DUH-Berechnungen rund zehn Milliarden Euro kosten. Die Bundestagsfraktion der Grünen hat heute eigene Berechnungen zu den Nachrüst-Kosten veröffentlicht und veranschlagt diese bei 5,3 Milliarden Euro. Allerdings haben die Grünen dabei nur Diesel-Fahrzeuge mit Schadstoffklasse Euro 5 berücksichtigt, außerdem sind sie davon ausgegangen, dass längst nicht alle Besitzer eine solche Nachrüstlösung vornehmen, da sie unter anderem zu einem höheren Spritverbrauch führen kann.

"Die Nachrüstkosten schränken in keiner Weise die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller ein und gefährden schon gar nicht deren Zukunft. Ganz im Gegenteil. Nach dem jahrelangen Tricksen und Betrügen wäre die Nachrüstung endlich mal ein Signal, ernsthaft etwas für die Verbesserung der Luft in unseren Städten tun zu wollen." Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer