Anthony Albanese, Premierminister von Australien
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Referendum für mehr Mitsprache für indigene Bevölkerung in Australien gescheitert

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Australier sagen Nein zu mehr Mitspracherecht für Indigene

Es ist ein historisches Votum: Eine deutliche Mehrheit der Australier hat sich in einem Referendum dagegen ausgesprochen, den Aborigines künftig ein größeres politisches Mitspracherecht einzuräumen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Ein Referendum in Australien zur Schaffung einer sogenannten indigenen Stimme im Parlament ist am Samstag klar gescheitert. Nach Auszählung von knapp der Hälfte der Stimmen sprachen sich mehr als 59 Prozent der Wählerinnen und Wähler gegen eine entsprechende Verfassungsänderung aus. Premierminister Anthony Albanese machte eine Kampagne seiner politischen Gegner für das Scheitern des Vorhabens verantwortlich.

Albaneses Wahlversprechen: Vorhaben gescheitert

Am Tag seiner Wahl zum Premierminister hatte Albanese versprochen, dieses Referendum durchzuführen, er hatte intensiv dafür geworben. Doch die Bemühungen waren umsonst. Noch bevor alle Stimmen ausgezählt waren, war klar: Eine Mehrheit der Australierinnen und Australier stimmte gegen die Verfassungsreform.

Konkret sollten die Ureinwohner bei Gesetzen angehört werden, die sie betreffen. Ein Ausschuss sollte eingerichtet werden, über den Vertreter der indigenen Bevölkerung das Parlament bei politischen Entscheidungen beraten sollten.

Ablehnung hatte sich abgezeichnet

In Umfragen hatte sich vor der Abstimmung, die für die 17,7 Millionen Wähler verpflichtend war, bereits abgezeichnet, dass das Vorhaben keine Mehrheit finden wird. Dabei hatte es zu Jahresbeginn noch eine Mehrheit für die geplante Reform der Verfassung gegeben. Doch die Debatte über das Vorhaben wurde immer erbitterter geführt, auch rassistische Beleidigungen waren dabei immer wieder an der Tagesordnung.

Angst vor möglichen Ansprüchen der Ureinwohner

Die Gegner der Reform, zu denen auch die konservative Opposition zählt, warnte vor einer Spaltung der Australier. Vor allem aber wurde die Angst vor Privilegien für die indigene Bevölkerung geschürt, so machten auch Falschmeldungen die Runde, wie etwa, dass die Verfassungsänderung Enteignungen nach sich ziehen werde.

Der konservative Oppositionschef Peter Dutton fand, das Scheitern des Referendums sei "gut für das Land" und erklärte, es sei "eine schlechte Idee" gewesen, "die Australier zu spalten auf Grundlage ihres Erbes oder der Zeit, zu der sie in unser Land gekommen sind". Dem Premierminister warf Dutton vor, im Laufe der vergangenen 16 oder 17 Monate davor gewarnt worden zu sein, dieses spaltende Referendum durchzuführen. "Er schuldet der australischen Öffentlichkeit eine Entschuldigung dafür", so Dutton.

Albaneses spricht von "großer Last"

Mit großer Enttäuschung reagierte Premierminister Albanese auf das Ergebnis des Referendums. Das Nein zu mehr Mitsprache für die Ureinwohner nannte Albanese eine "große Last", die für die indigene Bevölkerung "schwer zu ertragen" sei. Der Regierungschef übernahm die Verantwortung dafür, das Referendum durchgeführt zu haben, obwohl sich abgezeichnet hatte, dass es scheitern würde. Er habe als Politiker mit Überzeugung die Pflicht dazu gehabt, so Albanese.

Der Premierminister richtete den Blick aber auch in die Zukunft und erklärte, seine Landsleute müssten nun im "Geist der Einheit und der Heilung" zusammenfinden. "Von morgen an schreiben wir das nächste Kapitel der großartigen australischen Geschichte weiter", sagte der Labor-Regierungschef, "und Versöhnung muss Teil dieses Kapitels sein."

Wut und Trauer bei Indigenen

Erschüttert über das Ergebnis zeigte sich die Aktivistin Tanya Hosch. Ein Jahrzehnt lang hatte sie das Modell für eine parlamentarische Mitsprache der Indigenen entwickelt und für das Vorhaben gekämpft. "Wir müssen uns einen Moment Zeit nehmen, um diese Nachricht und ihre Bedeutung zu verstehen", sagte Hosch. Der Indigenen-Führer Thomas Mayo forderte Konsequenzen für diejenigen, die Falschinformationen verbreitet und Wählerinnen und Wähler damit in die Irre geführt haben. "Sie haben das australische Volk belogen", erklärte er. "Diese Unehrlichkeit sollte in unserer Demokratie vom australischen Volk nicht vergessen werden."

Ureinwohner in Australien sterben früher

Im späten 18. Jahrhundert begann die Unterdrückung der Ureinwohner Australiens, zu dieser Zeit kamen die ersten britischen Siedler auf den Kontinent. Knapp vier Prozent der Bevölkerung machen die als Aborigines und Torres-Strait-Insulaner bezeichneten Indigenen heute aus. Im Durschnitt sterben sie acht Jahre früher als die Gesamtbevölkerung und haben eine doppelt so hohe Selbstmordrate wie der nationale Durchschnitt. Außerdem sind sie im Schnitt schlechter ausgebildet und sterben häufiger als Weiße im Polizeigewahrsam.

Im Video: Mehrheit gegen größeres Mitspracherecht für Aborigines

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