Menschen räumen um eine überflutete Straße herum auf
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In Slowenien haben nach der Überflutung die Aufräumarbeiten begonnen.

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Aufräumen in Slowenien: Heldengeschichten und Hilfe aus Bayern

Das Wetter ist wieder besser, das Wasser abgelaufen: Nach der Überflutung in Slowenien gehen die Aufräumarbeiten weiter. Mehrere Staaten helfen, sogar die Ukraine hat dies angeboten. Das THW Bayern hilft beim Räumen und Brückenbauen.

Über dieses Thema berichtet: ARD-Infonacht am .

Die Straßen sind zwar nicht mehr überflutet. Doch umgestürzte Bäume und Geröll blockieren die Fahrbahnen. Erste Priorität in Slowenien hat nun also das Aufräumen. Einige der am schlimmsten betroffenen Gebiete sind unverändert schwer zugänglich. Mehrere Häuser im Bergdorf Luce nahe der österreichischen Grenze seien nur mit dem Hubschrauber erreichbar, berichtete der slowenische Rundfunk. Auch in den Regengebieten Österreichs blieb die Lage kritisch.

EU und Nato helfen bei den Aufräumarbeiten, auch viele Nachbarländer schicken Gerät und Helfer. Die Ukraine hat einen Transporthubschrauber angeboten.

Sechs Tote - Slowenien bittet um Hilfe aus dem Ausland

Slowenien hatte am Wochenende um Hilfe aus dem Ausland gebeten. Anhaltende schwere Regenfälle hatten Flüsse und Gewässer über die Ufer treten lassen. Überschwemmungen und Erdrutsche richteten enorme Schäden an. Dörfer wurden evakuiert, Straßen und Eisenbahngleise standen unter Wasser, an der Mur brach ein Damm. Die Zahl der Todesopfer bei den schlimmsten Überschwemmungen seit 30 Jahren ist auf sechs gestiegen.

Wegen der schweren Unwetter hat Slowenien die EU und die Nato um Hilfe gebeten. Um bei der Überwindung der Katastrophe zu helfen, brachen Einsatzkräfte aus Deutschland und anderen Staaten am Montag in das Krisengebiet auf. Die slowenische Regierung habe entsprechende Angebote des Technischen Hilfswerks (THW) akzeptiert, erklärte das Bundesamt im Onlinedienst "X" (ehemals "Twitter"). Das THW hat, wie es am Montag mitteilte, ein Team mit Experten aus mehreren Bundesländern und aus verschiedenen Fachbereichen zusammengestellt - unter anderem für Bergung und Räumung.

THW-Kräfte aus Bayern am Einsatz beteiligt

Von Rosenheim aus ist Dienstagvormittag erneut ein Trupp des THW mit elf Mann und vier Fahrzeugen nach Slowenien aufgebrochen. Auch ein Kettenbagger für schwere Räumarbeiten wurde auf einem Anhänger mitgenommen. Die Ehrenamtlichen, die in Rosenheim zum Hilfseinsatz zusammenkamen, stammen aus ganz Deutschland, zum Beispiel aus Karlsruhe, Hamburg oder München. Sie werden im Norden von Slowenien eingesetzt. Wo genau, entscheiden die Behörden vor Ort. Bisher geht der Rosenheimer THW-Trupp von einem 14-tägigen Einsatz aus.

Konvoi des THW Rosenheim
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Das THW Rosenheim hat einen Konvoi mit Fahrzeugen und Räumgerät losgeschickt.

Das THW Freising hat seine Experten für Brückenbau nach Slowenien losgeschickt, um sich ein Bild von den Hochwasserschäden an der Infrastruktur zu machen. Das teilte ein Sprecher des THW-Ortsverbandes dem BR auf Anfrage mit. Brückenbau sei sehr materialintensiv. Man müsse vorab genau wissen, was gebraucht werde, so der Sprecher. "Wir reden von rund hundert Tonnen an Material, das auch exportiert werden muss." Dafür müssten dann auch entsprechend Leute verfügbar sein. Beim THW Freising geht man von einer Einsatzdauer von mehreren Wochen aus. Es gebe "einen hohen Bedarf an Ersatzbrücken", weil Orte noch immer von der Außenwelt abgeschnitten seien, sagte THW-Einsatzleiter Thorsten Meier am Montagabend im ZDF-"Heute Journal" zur Lage vor Ort.

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Experten für Brückenbau des THW Freising will mit Ersatzbrücken helfen

Ein Team vom THW Berchtesgadener Land, das auf Bergungsarbeiten spezialisiert ist, startete am Montag nach Slowenien. Es handelt sich um einen Hilfskonvoi mit drei Fahrzeugen und sieben ehrenamtlichen Helfern. Ein Auflieger transportierte einen von den slowenischen Behörden angeforderten Schreitbagger. Das ist eines von zwei Spezialgeräten des THW, die immer wieder bei Katastrophenlagen angefordert werden. Der Schreitbagger, auch Spinnenbagger genannt, kann sich in schwierigstem Gelände fortbewegen und Arbeiten durchführen. Ab heute soll er zum Einsatz kommen.

Hilfe über EU-Katastrophen-Hilfsfonds? Slowenien erfüllt Kriterien

Der Ministerpräsident Sloweniens, Robert Golob, kündigte an, den Staatshaushalt umzuschichten: weniger Geld für ökologische Wirtschaft und Klimaschutz, mehr für Wiederaufbau. Ein Widerspruch ist das nicht unbedingt: Die Bürgermeisterin der besonders betroffenen Gemeinde Dolnja Bistrica an der Mur, dort wo der Damm gebrochen war, erinnert daran: Der 50 Jahre alte Hochwasserschutz hätte ohnehin längst erneuert werden müssen. Ministerpräsident Robert Golob sagte zudem im privaten Fernsehsender Pop TV, dass der Klimawandel Slowenien erreicht habe: "Wir müssen uns auf weitere Herausforderungen dieser Art und auf Naturkatastrophen vorbereiten."

Weitere finanzielle Hilfe wird wohl nötig sein. Eine Option: Der EU-Katastrophen-Hilfsfonds. Mit einem Schaden von geschätzt einer halben Milliarde Euro erfüllt Slowenien alle Kriterien der besonderen Hilfsbedürftigkeit. Ministerpräsident Golob befürchtet gar, dass der Gesamtschaden den Betrag noch übersteigen könnte. EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen hat bereits Hilfe zugesagt, noch diese Woche will sie Slowenien besuchen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich im Onlinenetzwerk X "bestürzt" über die "schreckliche Hochwasserkatastrophe" in Slowenien und Österreich. "Unsere Gedanken sind bei den Opfern, Angehörigen und allen, die ihr Zuhause verloren haben", schrieb Scholz.

Heldengeschichten: Kindergarten und Campingplatz evakuiert

Auch die Hilfsbereitschaft vor Ort war immens. Das schildern auch Urlauber, die Unterschlupf in Notunterkünften fanden, weil ihr Campingplatz überflutet war. "Drei Tage, tagsüber und nachts, haben wir den Menschen geholfen", berichtet ein Helfer.

Die Feuerwehr musste zudem Kleinkinder aus einer Betreuungsstätte retten, die von den Fluten überrascht wurde. "Das Wasser stieg von Minute zu Minute. Es war wie im Film", berichtet ein Feuerwehrmann, "Wir, die die Kinder heraustrugen, haben sie etwas beruhigen müssen. Manche waren ganz still. Manche hatten weit aufgerissene Augen. Manchen weinten und riefen ihre Eltern."

"Schlimmste Naturkatastrophe" seit 30 Jahren in Slowenien

Der slowenische Ministerpräsident Robert Golob hatte am Samstag von der "schlimmsten Naturkatastrophe" der vergangenen 30 Jahre in seinem Land gesprochen. Zwei Drittel seines Landes waren demnach betroffen.

Die Situation vor Ort erinnere ihn an die Katastrophe im Ahrtal vor zwei Jahren, sagte Einsatzleiter Thorsten Meier am Montagabend im ZDF-"Heute Journal". "Wir haben auch hier weggerissene Häuser, weggerissene Brücken und ein großes Maß an Zerstörung in dem Bereich, wo das Hochwasser durchgegangen ist." Er habe "einen guten Eindruck vor Ort. Es geht - wie ich finde - extrem schnell und gut voran."

Hochwasser in Kroatien und Erdrutschgefahr in Österreich

Im Nachbarland Kroatien kämpften indes Zivilschützer und Freiwillige weiter gegen das Hochwasser der aus Slowenien kommenden Flüsse Drau und Mur an. Am kritischsten war die Lage in Drnje an der Drau, unmittelbar an der Grenze zu Ungarn, wie das kroatische Fernsehen HRT berichtete. Das Wasser überflutete die von den Helfern errichteten Dämme aus Sandsäcken und drang in Wohngebiete ein. 33 Bewohner einer Roma-Siedlung wurden evakuiert und vorläufig in einer Sporthalle untergebracht.

In den Überschwemmungsgebieten im Süden Österreichs sanken indessen am Montag zwar die Wasserstände, jedoch bedrohten Erdrutsche Wohngebiete mehrerer Orte in den Bundesländern Kärnten und Steiermark. Insgesamt mehr als 300 Menschen mussten in beiden Bundesländern wegen Erdrutschgefahr ihre Wohnungen verlassen. Zugleich begannen die Aufräumarbeiten, unter anderem mussten Strommasten gerichtet werden. Die Erdrutschgefahr werde noch bis Dienstag anhalten, hieß es von den Behörden in Kärnten.

Mit Material von den Agenturen dpa und AFP, vom ARD-Korrespondenten Wolfgang Vichtl und von den BR-Korrespondentinnen und Reporterinnen Christine Haberlander, Christina Schmitt und Christine Kerler.

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