Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sitzt in die Bundespressekonferenz und hebt den Daumen.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sitzt in die Bundespressekonferenz und hebt den Daumen.

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Sommerpressekonferenz: Merkel merkelt bei letztem Auftritt

Angela Merkel zieht Bilanz ihrer 16 Jahre im Bundeskanzleramt. Am Mittag stellte sie sich wohl zum letzten Mal den Fragen der Hauptstadtpresse. Ihre Sommer-Pressekonferenz ist zu einem Ritual geworden. Die Antworten: typisch Merkel.

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Eines Tages steht vielleicht das Verb "merkeln" im Wörterbuch. Mit der Erklärung: Auf eine noch so persönliche, gefühlige Frage mit maximaler Sachlichkeit zu antworten. Angela Merkel (CDU) hat das in den vergangenen 16 Jahren perfektioniert. Am Mittag hat sie das wieder gezeigt, bei ihrer wohl letzten Sommer-Pressekonferenz in Berlin.

Keine Zeit für Zukunftspläne

Auf die Frage, was sie nach all den Jahren in der Politik vermissen wird, antwortet die Kanzlerin nüchtern: "Was man vermisst, merkt man erst, wenn man es nicht hat." Ihre Pläne nach Ende der Amtszeit? "Ich werde mit der Zeit schon was anfangen können." Merkel hält sich mit Persönlichem zurück. Zu ernst sind die Themen.

Die Bundeskanzlerin berichtet von ihren Besuchen im Hochwassergebiet, spricht von "schrecklichen Verwüstungen". Beim Aufbau sei ein langer Atem nötig. Schlussfolgerungen für den Hochwasserschutz will Merkel noch nicht ziehen. Erst müsse man alles gründlich aufarbeiten – auch das: typisch Merkel.

Merkel die Krisenkanzlerin

Krisen begleiten ihre Amtszeit. Schnell kommt die Kanzlerin auf die Corona-Pandemie zu sprechen. Sie verweist auf die steigenden Infektionszahlen und nennt es "eine besorgniserregende Dynamik". Es folgt der Appell, sich impfen zu lassen. "Je mehr Menschen geimpft sind, umso freier werden wir wieder sein."

Im Rückblick lässt Merkel kaum Zweifel an ihrem Krisenmanagement erkennen. Es habe aber zu lange gedauert, die Menschen in den Altenheimen zu schützen. Die europäische Bestellung der Impfstoffe verteidigt Merkel einmal mehr.

Fehler als Klimakanzlerin?

Etwas selbstkritischer wird die Bundeskanzlerin in der Klimapolitik. Zwar habe sie "beachtlich viel Kraft" eingesetzt, wissenschaftlich betrachtet reiche das aber nicht aus. Über die Frage nach Fehlern in der Klimapolitik denkt Merkel zehn Sekunden nach. Es ist mucksmäuschenstill im Saal der Bundespressekonferenz. Nicht mal eine Kamera klickt. Dann die Antwort: Sie habe zu lange am Kyoto-Protokoll mit dem Ziel, zu völkerrechtlich verbindlichen CO2-Einsparspielen zu kommen, festgehalten und hätte früher auf freiwillige Verpflichtungen setzen müssen.

Außerdem sei es noch nicht ausreichend gelungen, den Menschen die Vorteile der erneuerbaren Energien zu vermitteln. Die Klimaschutzbewegung "Fridays for Future" lobt die Kanzlerin als Antriebskraft. "Die wissenschaftliche Evidenz mahnt zu noch mehr Eile. Wir als Politiker und Politikerinnen müssen dafür Mehrheiten finden."

Auch bei anderen Themen lässt Merkel eine gewisse Unzufriedenheit erkennen. Bei der Digitalisierung sei Deutschland zu langsam. In der Migrationspolitik sei noch nicht das erreicht, was sie sich wünschen würde. Wer für die Versäumnisse aus ihrer Sicht verantwortlich ist, sagt Merkel nicht.

  • Zum Artikel "Merkel: Beim Klimaschutz 'nicht ausreichend viel passiert'"

Mit sich im Reinen

Trotz einiger ungelöster Fragen: Die Bundeskanzlerin wirkt mit sich selbst im Reinen. Sie sagt das auch so, bezieht das allerdings auf ihre Biografie und ihre Herkunft aus dem Osten Deutschlands. Sie habe sich immer bemüht, in Ost und West mit der gleichen Stimme zu sprechen, auch wenn das nicht allen gefallen habe.

Für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen haben nach Merkels Eindruck andere Frauen mehr getan als sie. "Trotzdem habe ich auch Einiges auf den Weg gebracht." Nicht nur, weil sie eine Frau ist, sondern weil sie erkannt habe, "dass von allein ziemlich wenig geht". Dass junge Familien durch das Elterngeld die Aufgaben neu verteilen können, nennt Merkel "wunderschön zu sehen".

Es ist fast schon ein emotionaler Moment, verglichen mit anderen Antworten. Mit ihrer analytisch-nüchternen Art lässt die Kanzlerin Kritik ins Leere laufen.

Pragmatisch bis zum Wahlabend

Auch der Frage, mit welchem Regierungschef auf der Welt sie sich am besten verstanden habe, weicht Merkel erst aus. Sie sei verpflichtet, mit allen zusammenzuarbeiten. Am Ende fällt dann aber doch noch der Name des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama.

Merkels Antworten klingen auch bei der wahrscheinliche letzten Sommer-Pressekonferenz oft etwas umständlich. Ihre Pläne für den Wahlabend am 26. September? "Ich werde schon Verbindung zu der Partei haben, deren Mitglied ich bin". Bis dahin gebe es aber noch viel zu tun.

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