Am 11.02.2023 vom FBI zur Verfügung gestelltes Foto: Spezialagenten des Beweissicherungsteams bearbeiten Material des abgeschossenen Ballons.
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Am 11.02.2023 vom FBI zur Verfügung gestelltes Foto: Spezialagenten des Beweissicherungsteams bearbeiten Material des abgeschossenen Ballons.

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Flugobjekte über Nordamerika: Was bekannt ist und was nicht

Seit Tagen geben ominöse Flugobjekte über Nordamerika Rätsel auf. Insgesamt vier Objekte hat das US-Militär bislang abgeschossen: Einen mutmaßlichen chinesischen Spionage-Ballon sowie drei unbekannte Objekte, über die inzwischen wild spekuliert wird.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Ein riesiger Ballon, drei unbekannte Flugobjekte: Die Abschussliste der US-Luftwaffe der vergangenen Tage bietet Raum für Spekulationen. Die Bergung von Trümmerteilen soll Antworten über Herkunft und Zweck der Flugobjekte geben - doch sie gestaltet sich wegen der Wetter- und Umweltbedingungen vor Ort schwierig. Ein Überblick, was bisher bekannt ist und was nicht.

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Ein Ballon und drei unbekannte Flugobjekte

Der am 4. Februar abgeschossene chinesische Ballon, der mutmaßlich US-Militäranlagen ausspionieren sollte, war etwa 60 Meter hoch und mit Helium gefüllt. Einem US-Experten zufolge enthielt die Gondel wertvolles Spionagewerkzeug, das vermutlich von künstlicher Intelligenz gesteuert wurde. Die Steuerung durch Höhenanpassung, ohne eigenes Antriebssystem, schließe auch eine Funkverbindung zur Heimatbasis ein.

Seit Freitag schossen US-Kampfjets dann drei nicht näher identifizierte Flugobjekte ab: Das Objekt am vergangenen Freitag befand sich über dem Bundesstaat Alaska. Es sei viel kleiner als der Ballon gewesen und habe kein eigenes Antriebs- oder Kontrollsystem gehabt. Am Samstag wurde bei einem gemeinsamen Einsatz von kanadischen und US-Kampfflugzeugen ein Objekt über dem kanadischen Yukon-Territorium zerstört. Nach Angaben aus Kanada hatte es eine Zylinder-ähnliche Form und in etwa die Größe eines Autos. Das am Sonntag über dem Huron-See zwischen dem US-Bundesstaat Michigan und Kanada abgeschossene Objekt wurde von einem Regierungsvertreter als achteckige Struktur mit daran hängenden Fäden beschrieben.

Worum es sich bei diesen Objekten genau handelte, ist laut Pentagon noch unklar. Der Leiter des Nordamerikanischen Luftverteidigungskommandos (Norad), Glen VanHerck, sagte, es seien "sehr, sehr kleine Objekte" gewesen. Er wollte weder die Form noch die Größe beschreiben, sagte aber, sie hätten sich sehr langsam fortbewegt, etwa mit Windgeschwindigkeit.

Wo wurden die Flugobjekte entdeckt und woher kommen sie?

Der von den USA Anfang Februar entdeckte chinesische Ballon hatte mutmaßlich zu Spionagezwecken militärische Anlagen in Nordamerika überflogen. China erklärte hingegen, es habe sich nur um einen Ballon zur Wetterbeobachtung gehandelt, der vom Kurs abgekommen sei. Spionagevorwürfe wies Peking zurück.

Ähnliche Ballons wie in den USA sind auch in Süd- und Mittelamerika entdeckt worden. Auch hier erklärte China, die Ballons seien bedauerlicherweise vom Kurs abgekommen. Die USA hingegen beschuldigen China, mit Ballons ein großes Überwachungsprogramm zu betreiben und mehr als 40 Länder auf fünf Kontinenten im Visier zu haben.

China meldet US-Ballons in eigenem Luftraum

Aus dem chinesischen Außenministerium heißt es nun, dass auch US-Ballons schon mehrfach in den chinesischen Luftraum eingedrungen seien. "Es ist auch üblich, dass US-Ballons illegal in den Luftraum anderer Länder eindringen", sagte der Pekinger Außenministeriumssprecher Wang Wenbin. "Seit vergangenem Jahr sind US-Höhenballons mehr als zehnmal widerrechtlich über chinesischen Luftraum geflogen - ohne Erlaubnis chinesischer Behörden." Um welche Art von Ballons es sich dabei handelte und wie China reagierte, sagte Wang nicht.

Um welche Art von Objekten handelte es sich?

Der von den USA abgeschossene chinesische Ballon flog nach Angaben der US-Regierung in einer Höhe von etwa 18 Kilometern und damit weit über der Höhe, in der zivile Flugzeuge unterwegs sind. Er hatte die Größe von zwei bis drei Bussen und war mit bloßem Auge zu sehen. Die USA ordneten den Ballon sehr schnell China zu - und klassifizierten ihn als Spionagewerkzeug.

Die drei anderen abgeschossenen Flugobjekte waren nach offiziellen Angaben deutlich kleiner als der chinesische Ballon - etwa so groß wie ein Kleinwagen. Zudem waren sie in niedrigeren Höhen unterwegs. Die Flugobjekte über Alaska und Kanada wurden in rund zwölf Kilometern Höhe abgeschossen. Das Objekt, das am Sonntag abgeschossen wurde, war in einer Höhe von 6.000 Metern unterwegs.

Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, sagte unter Berufung auf den Nationalen Sicherheitsrat, derzeit gehe man davon aus, dass es sich auch um Ballons gehandelt habe. Norad-Leiter VanHerck wies das aber zurück: "Ich werde sie nicht als Ballons einstufen - wir nennen sie nicht ohne Grund 'Objekte'."

Unbewaffnete Objekte

Das Pentagon betonte inzwischen, augenscheinlich sei keines der abgeschossenen Objekte bewaffnet gewesen oder habe eine Angriffs-Bedrohung dargestellt.

Nach einem Bericht der "Financial Times" sind in den vergangenen Jahren Dutzende chinesischer "Militärballons" auch in Taiwans Luftraum eingedrungen. Die über Taiwan gesichteten chinesischen "Militärballons" flogen demnach auch in nur sechs Kilometern Höhe. Sie seien aus einem anderen Material als der Ballon, der vor einer Woche über den USA abgeschossen wurde. Vom Ausmaß und den Geräten an Bord gehörten sie aber nicht zu Wetterballons.

Warum wurden die Flugobjekte abgeschossen?

Das Weiße Haus hat den Abschuss der drei unbekannten Flugobjekte innerhalb weniger Tage verteidigt. Die Objekte seien in derart niedriger Flughöhe unterwegs gewesen, dass sie ein Risiko für den zivilen Luftverkehr dargestellt hätten, erklärte der Sprecher des Nationen Sicherheitsrats, John Kirby, am Montag. Die Entscheidungen seien schlicht auf Grundlage dessen getroffen worden, was im besten Interesse des amerikanischen Volkes sei. Da nicht endgültig habe geklärt werden können, um was es sich bei den Flugobjekten gehandelt habe, habe man äußerste Vorsicht walten lassen, sagte Kirby weiter.

Mutmaßungen und Spekulationen - bis hin zu Außerirdischen

Das Fehlen von Informationen über die Flugobjekte lässt Raum für Mutmaßungen aller Art. Auf die Frage, ob das US-Verteidigungsministerium ausschließen könne, dass Außerirdische dahinter steckten, antwortete VanHerck: "Ich überlasse es den Geheimdiensten und der Spionageabwehr, das herauszufinden. Ich habe zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts ausgeschlossen." Er befeuerte damit ungewollt wilde Spekulationen.

Das Weiße Haus fühlte sich später zu einer Klarstellung bemüßigt: "Es gibt keinen Hinweis auf Aliens oder außerirdische Aktivitäten bei diesen jüngsten Abschussaktionen", sagte Sprecherin Karine Jean-Pierre in Washington. "Ich wollte sicherstellen, dass das amerikanische Volk das weiß." Es habe viele Fragen dazu gegeben. "Und es war uns wichtig, dass von hier aus zu sagen." Im Presseraum des Weißen Hauses sorgten die Äußerungen der Biden-Sprecherin für einige Lacher.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, betonte ebenfalls: "Ich glaube nicht, dass sich die amerikanische Bevölkerung Sorgen über Aliens machen muss mit Blick auf diese Flugkörper. Punkt." Mehr gebe es dazu nicht zu sagen.

Peking: USA sollen Überflug von US-Ballons über China erklären

Peking hat die USA aufgefordert, seinerseits das Eindringen einer Reihe von US-Ballons in den chinesischen Luftraum "gründlich" zu untersuchen. Die USA hätten mehrere Ballons starten lassen, "die ununterbrochen um die Welt flogen und dabei mindestens zehn Mal unerlaubt den Luftraum Chinas und anderer Länder überflogen", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, am Dienstag auf einer Pressekonferenz.

Er forderte von den USA "eine gründliche Untersuchung und eine Erklärung gegenüber China". Wang lieferte keine Beweise für die Überflüge, die seinen Angaben zufolge im Mai 2022 begannen. Zuvor hatte Wang vor Journalisten gesagt, die Ballons seien im Januar dieses Jahres im chinesischem Luftraum aufgetaucht.

Washington stritt bislang ab, Ballons in den chinesischen Luftraum geschickt zu haben. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus, John Kirby, sagte am Montag, die USA ließen "keine Überwachungsballons über China fliegen".

Mit Informationen von dpa, Reuters, AP und AFP.

USA Pentagon (Archivaufnahme)
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USA Pentagon (Archivaufnahme)

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