Tote bei Zugunglück in Oberbayern
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Beim Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen starben mindestens vier Menschen.

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Augenzeuge in Garmisch: "Plötzlich ist der Zug umgekippt"

Das Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen schockiert nicht nur die Menschen vor Ort: Mindestens vier Menschen sind gestorben und wahrscheinlich waren viele Kinder in der Bahn. Auch Mittenwalder Soldaten fuhren mit – und halfen gleich bei der Rettung.

Hubschrauber kreisten über der Unglücksstelle, ein Meer an Blaulicht, unzählige Einsatzkräfte vor Ort: In Garmisch-Partenkirchen in Oberbayern entgleisten am Freitagmittag mehrere Waggons im hinteren Bereich eines Regionalzuges. Sie wurden im Ortsteil Burgrain aus der Spur gerissen und liegen an einem Abhang – einer ist aufs Dach gestürzt, ein anderer hängt am Hang. Insgesamt sind drei Waggons umgekippt.

"Es war schrecklich", sagte ein amerikanischer Soldat, der in einem Auto auf der Straße neben der Bahnstrecke war und seine Eindrücke dem "Garmisch-Partenkirchner Tagblatt" erzählte. "Einfach schrecklich. Plötzlich ist der Zug umgekippt."

Mindestens vier Tote und 60 Verletzte

Mindestens vier Menschen sind bei dem Unglück auf der Strecke zwischen Farchant und Garmisch-Partenkirchen ums Leben gekommen, bestätigte ein Polizeisprecher. Eine schwerverletzte Person starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus.

Etwa 60 Menschen wurden verletzt, 16 davon schwer. Wenn am Abend Meldungen aus den Krankenhäusern zum Zustand der Patienten eingehen, können sich die Zahlen erneut ändern.

Grauen am letzten Schultag: Auch Schulkinder in der Bahn

Es seien auch Schulkinder in der Bahn gewesen, sagte ein Polizeisprecher dem BR, Augenzeugen sprachen von "vielen Schülern". Auch unter den Verletzten seien Kinder, so ein Sprecher der Bundespolizei.

Es war der letzte Schultag vor den Pfingstferien und viele Kinder waren wohl schon auf dem Heimweg, als gegen 12.15 Uhr der Zug entgleiste. Statt an den Sommerurlaub zu denken, müssen Angehörige nun um ihre Liebsten bangen. Die Deutsche Bahn hat für sie eine Sonder-Hotline geschaltet: 0800 3 111 111.

Rettung aus umgestürzten Waggons

"So weit wir das überblicken können, sind alle Menschen aus dem Zug geborgen", konnte ein Polizeisprecher am Nachmittag mitteilen. Die Rettungskräfte würden die Waggons des entgleisten Zuges aber sicher noch einmal in Ruhe durchsuchen. "In so einem Bereich zu arbeiten, ist nicht ungefährlich."

Zuvor befreiten Rettungskräfte Fahrgäste aus den umgestürzten Waggons. Als er ankam, sei die Lage ein "großes Chaos" gewesen, sagt der Feuerwehr-Einsatzleiter BR24, aber gemeinsam hätten die Rettungskräfte relativ schnell in Ordnung gebracht. Rettungswägen hätten sich schnell auf einer Seite der Gleise aufgestellt, die Feuerwehr auf der anderen Seite, Leitplanken seien aufgeschnitten worden.

"Die Menschen werden durch die Fenster gezogen", sagte der Bundespolizei-Sprecher noch während den Rettungsarbeiten. Die Dimension des Unglücks sei überhaupt nicht abzuschätzen gewesen. Wie der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Stefan Sonntag, sagte, konnten zuerst Leichtverletzte geborgen werden und in einem nahe gelegenen Gebäude unterkommen. Auch Angehörige seien schon bald vor Ort gewesen.

Mittenwalder Soldaten halfen bei Rettung

Bei der Rettung haben auch Soldaten aus Mittenwald mitgeholfen, die als Fahrgäste im Zug waren. "Die haben so gut da drin koordiniert, die haben uns von innen die Fenster aufgemacht", erzählte der Feuerwehr-Einsatzleiter BR24. Das sei von großer Hilfe für die Bergung gewesen.

Feuerwehr-Einsatzleiter äußert sich nach Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen
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Feuerwehr-Einsatzleiter äußert sich nach Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen

Landrat: "Der Schock sitzt tief"

Die Bürgermeisterin von Garmisch-Partenkirchen Elisabeth Koch (CSU) bedankte sich bei ihrem Lob an die Rettungskräfte besonders bei den Bundeswehrsoldaten aus Mittenwald. Sie habe sie vor Ort noch angetroffen und sie hätten ihr berichtet, was sie erlebt haben. "Es ist grauenvoll", sagte Koch sichtlich ergriffen. "Der Schock sitzt noch tief", bekannte auch Landrat Anton Speer (Freie Wähler).

"Vollalarm" für Rettungskräfte

Feuerwehr, Notärzte und Polizei waren mit einem Großaufgebot vor Ort. "Es wurde Vollalarm für Feuerwehr und Rettungsdienst ausgelöst", sagte ein Sprecher der Integrierten Leitstelle im Oberland. Nach Angaben eines Sprechers der ADAC-Luftrettung waren sechs Rettungshubschrauber im Einsatz, drei davon vom ADAC. Bis die umgekippten Waggons gesichert und geborgen sind, wird es noch die nächsten Tage dauern. "Das wird heute nicht mehr funktionieren", sagte ein Polizeisprecher.

Auf Luftbildern ist zu erkennen, dass der Zug mit Doppelstockwagen auf einer einspurigen langgezogenen Kurve unterwegs war. Eine Weiche ist nicht zu sehen. Der Streckenabschnitt liegt erhöht auf einem Bahndamm, mehrere Waggons rutschten vom Damm in einen kleinen Bach. Die viel befahrene B2 führt genau vorbei.

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Eine Luftaufnahme aus einem Rettungshubschrauber zeigt die Unfallstelle von oben: Der Zug war in einer langgezogenen Kurve unterwegs.

Suche nach Antworten

Warum der Zug, der in Richtung München unterwegs war, verunglückte – das ist noch unklar. Polizei und Staatsanwaltschaft wollen nun mit Hilfe von Sachverständigen des Eisenbahnbundesamts herausfinden, warum der Regionalzug auf der eingleisigen Strecke in Richtung München entgleiste.

Die Polizei rechne mit "langwierigen Ermittlungen". Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) sagte, am Unglück sei "kein zweiter Zug und kein anderes Fahrzeug beteiligt" gewesen. Er vermute eine technische Ursache, sagte er im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.

Besonders groß ist die Bestürzung, weil es ist schon das zweite Zugunglück in Bayern innerhalb weniger Monate ist: Mitte Februar krachten zwei S-Bahnen auf einer eingleisiger Strecke in Schäftlarn bei München frontal zusammen. Ein 24-jähriger Mann starb damals, rund 20 Menschen wurden verletzt.

Im Video: BR24live zum Zugunglück in Garmisch-Partenkirchen

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