Der Bahnhof in Griesen im Winter (Archivbild)
Bildrechte: picture alliance / dpa / Peter Kneffel

Beim Bahnhof Griesen wären die beiden Regionalzüge im Januar 2020 auf der eingleisigen Strecke beinahe zusammengestoßen.

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"Nix davo gewisst hän": Wortwahl Mitursache für Beinahekollision

Vor vier Jahren wären auf der Werdenfelsbahn bei Griesen beinahe zwei Züge zusammengestoßen. In ihrem Abschlussbericht nennt die zuständige Bundesstelle die Streckentechnik und die missverständliche Wortwahl der Fahrdienstleiter als Ursachen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

22. Januar 2020, 16.46 Uhr: Nur die Schnellbremsung eines Lokführers kann die Kollision zweier Züge auf der eingleisigen Strecke der Werdenfelsbahn von Garmisch-Partenkirchen nach Reutte in Tirol verhindern. Der Zug Richtung Reutte kommt beim Bahnhof Griesen 20 Meter vor dem stehenden Zug Richtung München zum Halten, die Fahrgäste bleiben unverletzt.

So beschreibt die Bonner Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchungen (BEU) das Beinahe-Unglück in ihrem Abschlussbericht (Externer Link).

Verspätung wegen Auto auf Bahnübergang

Durch einen Zwischenfall – der Zug Richtung Reutte hatte wegen eines Autos auf einem Bahnübergang stoppen müssen und konnte erst mit 25 Minuten Verspätung weiterfahren – hatte es laut Bericht eine Verschiebung im Fahrplan gegeben. Die beiden Züge hätten sich eigentlich auf Tiroler Seite im Bahnhof Ehrwald Zugspitzbahn kreuzen sollen. Wegen eines "nicht vorschriftenkonform durchgeführten Zugmeldeverfahrens" sei zwei Personenzügen, die in gegensätzlichen Richtungen unterwegs waren, die Zustimmung zur Fahrt auf die eingleisige Strecke erteilt worden, so die Bundesstelle.

Die Bonner Fachleute stoßen sich an der Wortwahl: Die Gespräche der Fahrdienstleiter Griesen und Reutte hätten "in einem lockeren Stil" stattgefunden und seien "stark von regionalem Dialekt geprägt" gewesen. "Für betriebliche Meldungen vorgegebene Wortlaute wurden teils stark verkürzt oder gar nicht verwendet." Das BEU zitiert dazu aus dem Gespräch, etwa aus Reutte: "... könn mer mal zu dir runter fahren oder?" und: "I hab mir jetzt grad mit der Leitstelle in Garmisch telefoniert das mor gar nix davo gewisst hän." Und dann schließlich in Griesen: "... äh … da steht der Zug vor eahm".

BEU kritisiert missverständliche Kommunikation

"Dieses Gespräch wies keine Elemente einer Zugmeldung auf", kritisiert die BEU und verlangt, wie vorgeschrieben, die Einhaltung einer unbedingten Sprechdisziplin durch alle Teilnehmer. "Die Verwendung der deutschen Sprache sollte hierbei möglichst dialektfrei und langsam, deutlich und in normaler Lautstärke erfolgen."

Die Nichteinhaltung der Kommunikationsregeln habe zu einem missverständlichen Austausch von Informationen geführt. In der Folge hätten die Fahrdienstleiter Anweisungen gegeben, die "einzeln betrachtet nach dem jeweiligen Informationsstand des Fahrdienstleiters zulässig" gewesen seien. Allerdings bildeten diese die "reale Situation nicht korrekt" ab, sodass es "schlussendlich zur Zulassung zweier gegenläufiger Zugfahrten im gleichen Gleisabschnitt kam".

In dem Bericht wird neben der Kommunikation aber auch die Technik des Stellwerks in Griesen kritisiert. Diese habe es zugelassen, dass der zweite Zug auf den bereits besetzen Gleisabschnitt fahren konnte. "Die Stellwerkstechnik war damit nicht geeignet, die sich aus der mangelhaften Kommunikation resultierenden menschlichen Fehler zu kompensieren." Das Ereignis zeige deutlich "das hohe Risikopotenzial des hier angewandten Zugmeldeverfahrens ohne technisch realisierten Folge- und Gegenfahrschutz".

Bahn hat mit Modernisierung der Werdenfelsbahn begonnen

Schon in seinem Zwischenbericht hatte die BEU deshalb im Juni 2020 eine technische Einrichtung gefordert, die den Fahrdienstleitern anzeigt, wenn das einspurige Gleis belegt ist.

Nach dem Zugunglück von Burgrain im Juni 2022 hat die Bahn begonnen, das Streckennetz der Werdenfelsbahn umfangreich zu sanieren. Im Juni 2023 wurde schließlich die neue Meldetechnik im Bahnhof Griesen installiert, Teile der Strecke zwischen Garmisch-Partenkirchen und Pfronten wurden erneuert. In ihrem Abschlussbericht kündigt die Bundesstelle an, dass die neue Stellwerkstechnik im kommenden Oktober im Bahnhof Griesen eingebaut werden soll.

Mit Informationen von dpa.

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