"Tugendschilder" in der Wartehalle am Bahnhof Geltendorf.
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"Tugendschilder" in der Wartehalle am Bahnhof Geltendorf.

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Wo Jugendliche ihre Tugend finden: Junge Kunst in der Wartehalle

Wo Jugendliche ihre Tugend finden: Junge Kunst in der Wartehalle

In Geltendorf wird derzeit geschnippelt, gedruckt und geklebt. Im ehemaligen Wartesaal des Bahnhofs arbeiten ein Dutzend Jugendliche, unterstützt von Profis, an einer begehbaren Rauminstallation.

Wie eine Profi-Fotografin dirigiert die 14-jährige Melanie den 12-jährigen Niklas vor einer weißen Wand in eine fotogene Haltung – er soll die Fäuste vor den Körper nehmen und möglichst unverwandt schauen. Melanie macht unzählige Aufnahmen mit einem Smartphone. "Ich hab versucht, ihn zu motivieren, die richtige Pose zu finden, die auch Stärke ausdrückt", erklärt Melanie.

Bahnhofs-Wartehalle wird zur Kunstwerkstatt

Die junge Fotografin und ihr junges Modell verlassen die kleine Kammer und gehen in den Hauptraum des Kunstprojekts "Bahnhof 119" – die ehemalige Wartehalle des Bahnhofs Geltendorf. Junge Künstlerinnen und Künstler zwischen 12 und 18 Jahren wuseln durch den Raum, sitzen oder liegen am Boden und schneiden Papier, bearbeiten Kartonagen mit Teppichmessern und bearbeiten Klebepistolen, bis der Haftstoff ausgeht. Niklas und Melanie stellen sich vor einen riesigen Drucker und lassen die Stärkeposen von Niklas auf ein riesiges Blatt Papier ausdrucken.

Wartehalle heißt vorübergehend "Bahnhof 119"

Organisator und Vater des Kunstprojekts "kunstbaustelle" und des "Bahnhof 119", ist der Künstler Wolfgang Hauck, der zwischen Kartons und Scheren in der Mitte der Halle steht: "Wir sind mitten in einem Labor, in dem wir versuchen, Theater mit Objekten und Geschichten mit Objekten zu erzählen und dafür benutzen wir Kartonagen, mit denen man ganz einfach Szenerien herstellen kann."

Junge Künstlerinnen und Künstler arbeiten zusammen mit Profis

Der Wartesaal ist gefüllt mit Figuren, Schildern und kleinen Bühnenbildern, alles hergestellt aus Karton. Hilfe bekommen die jungen Künstlerinnen und Künstler von Profis: zwei Kunstdozenten aus den Niederlanden helfen und inspirieren, eine Bühnenbildnerin, die 35 Jahre bei den Wagner-Festspielen gearbeitet hat, bespricht Ideen und hilft bei der Ausführung.

Niklas Porträt-Foto ist inzwischen ausgedruckt. Er schneidet das Bild aus und klebt es auf einen Karton. Dazu kommt noch der Schriftzug einer Tugend, die er sich aussucht: "Ich nehme Hingabe, denn wenn man für etwas steht, kann man das mit Hingabe machen – ich esse zum Beispiel mit Hingabe". Am Ende wird Niklas ein Schild unter die Decke hängen, fast wie das Schild eines Wikingerstammes, mit seinem Porträt und seiner Tugend.

Kunst in der Wartehalle während Pandemie "an sich schon Erfolg"

Für Organisator Wolfgang Hauck ist das Projekt schon jetzt ein großer Erfolg, weil es überhaupt stattfindet. Eigentlich war echtes Theater mit Zuschauern geplant, doch durch die Pandemie war das nicht möglich, deswegen der begehbare Wartesaal, mit all den Objekten, die hier entstehen: "Das wird eine begehbare Rauminstallation, man kann einen eigenen Dialog mit den Objekten führen, die Objekte werden sprechen, wir werden auch noch Tonaufnahmen hinzufügen und die Tugenden, die hier rumhängen, werden einen eigenen dramaturgischen Rahmen bilden, auf den wir noch gespannt sind."

Das Projekt "Bahnhof 119" der "kulturbaustelle" im ehemaligen Wartesaal des Bahnhofs Geltendorf wird vom 5. bis zum 30. Juni zu besichtigen sein.

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