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Wie viele Lehrer fehlen in Bayern?

In der Wahlarena mit Hubert Aiwanger ging es auch um den Lehrermangel in Bayern. Der Freie-Wähler-Kandidat behauptete, es fehlten tausende Lehrer. Der #Faktenfuchs prüft seine Aussagen.

FW-Spitzenkandidat Aiwanger sagte am Mittwochabend in der BR Wahlarena: "Da fehlen tausende [Lehrer] heute schon sichtbar."

Ist das richtig?

Im Faktencheck zeigt sich: Ja, es werden in den kommenden Jahren vermutlich weniger Absolventen in den Lehrerberuf einsteigen, als nötig wären, um die steigenden Schülerzahlen genau so gut zu unterrichten, wie es derzeit der Fall ist. Allerdings lassen sich keine genauen Zahlen nennen. Denn da es um die Zukunft geht, gibt es nur Prognosen. Diese Schätzungen sind zudem von verschiedenen Faktoren abhängig, die nicht genau vorauszusagen sind.

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Quelle: Lehrerbedarfsprognose 2018 des bayerischen Kultusministeriums

Zu diesen Faktoren zählen etwa die Geburtenzahlen, die Berufsentscheidungen von Abiturienten, die Zahl der Lehrer, die Elternzeit nehmen oder die Zahl derer, die in Pension gehen.

Wie viele Lehrer fehlen in Bayern?

Steigende Geburtenzahlen, Zuwanderung und viele Pensionierungen von Lehrern führen im Freistaat dazu, dass Lehrkräfte an den Schulen fehlen. Das bayerische Kultusministerium selbst veröffentlicht regelmäßig eine Lehrerbedarfsprognose – die Experten allerdings kritisch sehen. In der aktuellen Prognose des Ministeriums steht, dass es künftig bei allen Schularten einen Mangel an dafür ausgebildeten Lehrern geben wird:

- an Grundschulen

- an den Mittelschulen

- an den Förderschulen

- an den Realschulen

- an den Gymnasien – zumindest ab 2025

Auch an den beruflichen Schulen wird es der Modellrechnung zufolge voraussichtlich zu einem Mangel an Lehrkräften kommen – wohl ab 2030. Das Ministerium schreibt aber: hier „erscheinen die gegenwärtigen Studierendenzahlen grundsätzlich angemessen“. Es bliebe zu ergänzen: noch.

Die Lehrerbedarfsprognose veröffentlicht das Kultusministerium nur in Fünf-Jahres-Schritten. Um den gesamten geschätzten Bedarf bis 2030 zu berechnen, wären jedoch die Zahlen aus jedem einzelnen Jahr nötig.

Diese gibt das Ministerium allerdings nicht heraus. "Eine Veröffentlichung von Ergebnissen für die Zwischenjahre ist nicht vorgesehen", schreibt eine Sprecherin dem Bayerischen Rundfunk. "Nicht zuletzt soll so der etwaigen Fehleinschätzung vorgebeugt werden, die Prognose erhebe den Anspruch, jahresgenau die zukünftigen Einstellungszahlen voraussagen zu können." Dass es sich bei der Prognose um eine Schätzung handelt, ist allerdings klar.

Wie kann man rechnen?

Allein aus den verfügbaren Zahlen ergibt sich: An den Grund-, Mittel-, Real- und Förderschulen sowie an den Gymnasien in Bayern fehlen allein in diesen drei Jahren (2020, 2025, 2030) zusammengerechnet - geschätzt - 4660 Lehrer.

Diese sehr grobe Behelfsrechnung zeigt schon, dass Aiwangers Aussage vermutlich richtig ist - soweit eben Prognosen etwas über die künftige Realität sagen können.

Es gibt allerdings auch Hinweise darauf, dass die Modellrechnungen des Kultusministeriums mit zu niedrigen Geburtenzahlen arbeiten - was zu einer zu niedrigen Lehrerbedarfsprognose führen kann. Der BLLV wies das für die Schüler- und Absolventenprognosen der vergangenen Jahre nach: Tatsächlich wurden seit 2013 jedes Jahr mehr Kinder geboren, als das Ministerium schätzte . Für 2017 zeigen das auch die Zahlen des Statistischen Bundesamts: Nach Auskunft der Behörde wurden in dem Jahr 126 187 Kinder in Bayern geboren, die Schüler-Prognose des Ministeriums erwartete für das Jahr dagegen nur 124 800 Geburten.

Die Debatte um Lehrermangel beschäftigt Schüler, Eltern und Lehrer seit Jahren. Doch immer wieder hält die Landesregierung dagegen: Der Staat garantiere die Bildung der Kinder. Vorhandene Lücken werden immer wieder gestopft, zum Beispiel durch Quereinsteiger oder Pensionäre, die zurück in den Unterricht kommen.

Da aktuell vor allem Kräfte an den Grund- und Mittelschulen fehlen, schult der Freistaat auch Realschul- und Gymnasiallehrer um, die dann an den Grund- und Mittelschulen unterrichten. Der Lehrerverband BLLV kritisiert allerdings, dass durch solche Maßnahmen die Qualität des Unterrichts leide.

Wie viele Lehrer arbeiten in Bayern?

Fürs aktuelle Schuljahr liegen noch keine amtlichen Daten dazu vor, wie viele Lehrer derzeit in Bayern arbeiten. Im vergangenen Schuljahr gab es in Bayern rund 115 000 Lehrerinnen und Lehrer an staatlichen und nicht staatlichen Schulen.

Ob das ausreichend viele sind, ist umstritten. Laut Kultusministerium fielen 2017/2018 1,6 Prozent der Schulstunden ersatzlos aus. Weitere 6,8 Prozent des Unterrichts wurden "nicht regulär" gehalten. Mit den Ausfällen zusammen macht das dann 8,4 Prozent.

In diesen Stunden ist nicht garantiert, dass die Kinder und Jugendlichen Inhalte wie vorgesehen lernen.

Was sagt die Regierung?

Im BR TV-Duell mit Ludwig Hartmann, einem der zwei Spitzenkandidaten der Grünen, sagte Ministerpräsident Markus Söder:

"Wir haben jetzt in dem Schuljahr wieder 4300 neue Lehrer eingestellt, 850 mehr als bislang."

Die Aussage Söders ist allerdings irreführend: Die 4300 neuen Lehrer, von denen Söder sprach, wurden nicht etwa zusätzlich eingestellt. Sie kamen vielmehr als Ersatz für Kollegen, die in Pension gingen. Auf Nachfrage erklärt eine Sprecherin des Ministeriums:

"Jede frei gewordene Lehrerstelle wurde nachbesetzt, zudem wurden rund 850 zusätzliche Lehrerstellen besetzt."

Neu geschaffen wurden 2018 also lediglich rund 850 (genauer 848) zusätzliche Lehrerstellen.