In der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses soll geklärt werden, wie die Abhörpanne passieren konnte und wie die Aussage der Offiziere zum klaren NEIN des Kanzlers zu Taurus Lieferungen passt.
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Sondersitzung des Verteidigungsausschusses

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Wie "Taurus" zum Spaltpilz der Ampel wird

Das Nein des Kanzlers, die russische Abhöraktion und eine Bundestagsabstimmung: Der Marschflugkörper "Taurus" dominiert weiter die Diskussion über eine weitere Unterstützung der Ukraine. Für manche eine willkommene Gelegenheit, Scholz anzugreifen.

"Taurus" ist lateinisch und bedeutet "Stier". Und dieser Stier wird auch diese Woche durch die politische Arena getrieben. Der gleichnamige Marschflugkörper ist längst zum Symbol geworden für die weitere Unterstützung der Ukraine gegen Russland. So wie davor schon "Marder", "Leopard" und andere Waffensysteme. Und wie schon bei früheren Diskussionen, kann schnell der Eindruck entstehen, dass allein diese eine Entscheidung den Krieg entscheidet.

Befördert wird dieser Eindruck auch aus der Koalition - allen voran von Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Bundestag und vom Europaausschuss-Vorsitzenden Anton Hofreiter (Grüne). Der Oberbayer wirft Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor, über den "Taurus" nicht die Wahrheit zu sagen - sowohl, was technische Möglichkeiten des Marschflugkörpers betrifft als auch die rechtliche Einschätzung, dass Deutschland durch eine Lieferung zur Kriegspartei werden könnte.

Ringtausch mit Großbritannien?

Bei den Grünen gibt es Sympathien dafür, die hochpräzise Waffe aus den Beständen der Bundeswehr an die Ukraine zu liefern. Außenministerin Annalena Baerbock sieht sie als eine Möglichkeit, den russischen Minengürtel in der Ostukraine zu überwinden. Die Grünen-Politikerin ist auch offen dafür, den "Taurus" über einen Ringtausch nach Großbritannien zu liefern. Die Briten würden dann mehr von ihren Marschflugkörpern "Storm Shadow" an die Ukraine abgeben.

In der SPD stoßen solche Gedankenspiele auf Skepsis. Parteichef Lars Klingbeil ruft dazu auf, sich auf die aus seiner Sicht notwendigen Dinge zu konzentrieren: den Nachschub mit Munition für die Ukraine. Soll heißen: Alle anderen Debatten sind überflüssig - "Taurus" inklusive.

SPD warnt vor Spaltungsversuchen

Vor der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses im Bundestag zur Abhöraffäre warnt Klingbeil vor Spaltungsversuchen aus Moskau. Der Ausschuss berät in einer Sondersitzung über das abgehörte Gespräch deutscher Luftwaffen-Offiziere. Deutschland ist nach Klingbeils Worten Opfer eines Informationskrieges geworden. "Wir sollten nicht auf Putin reinfallen und sein Spiel mitspielen", so der SPD-Chef.

Klingbeil spricht es nicht aus. Aber mit dem Mitspielen dürfte er auch die wiederholten Einwürfe der Opposition und von Strack-Zimmermann, Hofreiter & Co. meinen. Aus Sicht der Koalitionsspitzen und des Kanzleramts gerät so die anhaltende finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine aus Deutschland in den Hintergrund. Deutschland ist in absoluten Zahlen gerechnet der mit Abstand größte Geber in Europa. Und noch dazu wirkt die Bundesregierung durch die Diskussion gespalten.

Lars Klingbeil warnt mit Blick auf die Taurus-Abhöraktion vor Spaltungsversuchen durch Russlands Präsidenten Wladimir Putin.
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Lars Klingbeil warnt mit Blick auf die Taurus-Abhöraktion vor Spaltungsversuchen durch Russlands Präsidenten Wladimir Putin.

Union sieht offene Flanke der Ampel

Für CDU und CSU ist das eine offene Flanke in der Ampel-Koalition. Die Union will diese Woche im Bundestag nochmal einen Antrag stellen. Mit ihm soll die Bundesregierung aufgefordert werden, den Marschflugkörper "Taurus" sofort an die Ukraine zu liefern. Durch eine namentliche Abstimmung müsste dann jede und jeder Abgeordnete Farbe bekennen oder sich enthalten.

Das Kalkül der Opposition: Auch von SPD, Grünen und FDP stimmen Einzelne für den Antrag und damit gegen den Kanzler. So sagt zum Beispiel CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: "Man kann nicht ständig in der Öffentlichkeit erklären, man sei für die Unterstützung der Ukraine auch mit 'Taurus' und dann im Deutschen Bundestag kneifen."

Strack-Zimmermann wirft Union "Posse" vor

Bei einer ersten Abstimmung dazu vor knapp drei Wochen ging das Kalkül der Union allerdings nicht auf. Aus der Ampel stimmte allein die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann für den Antrag der Union. Wie die Spitzenkandidatin der Liberalen für die Europawahl bei einer weiteren Abstimmung entscheidet, sagt sie nicht.

Sie warnt die CDU, das "ernsthafte Thema nicht zur Posse" verkommen zu lassen, indem man es immer wieder neu auf die Tagesordnung setzt. Das klingt fast schon nach Schadensbegrenzung, um die Risse in der Ampel nicht noch größer werden zu lassen.

BR-Korrespondent Mario Kubina
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BR-Korrespondent Mario Kubina

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