Der Al Wasl Dome auf dem Gelände der Expo City in Dubai.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Peter Dejong

Beim COP28-Treffen wollen mehr als 190 Länder die erste große Bestandsaufnahme der Umsetzung der Pariser Klimakonferenz 2015 erstellen.

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Weltklimakonferenz: Augsburger Experten präsentieren Forschungen

In Dubai hat die Weltklimakonferenz begonnen und Wissenschaftler der Uni Augsburg sind dabei. Dass ein Meteorologe unter ihnen ist, überrascht nicht weiter – aber auch ein Augsburger Wirtschaftsforscher beschäftigt sich intensiv mit dem KIimawandel.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der Meteorologe und Regionalklimaexperte Harald Kunstmann ist einer der Augsburger Wissenschaftler bei der Weltklimakonferenz in Dubai. Er wird dort seine Forschungen zur besseren Voraussagbarkeit von Dürreperioden vorstellen. Die Weltklimakonferenz ist laut Kunstmann "vielleicht sogar die einzige Konferenz", bei der Wissenschaftler mit Politikern und außerdem mit Nichtregierungsorganisationen und größeren Firmen zusammentreffen können.

"Das macht es für uns interessant, weil wir natürlich ein großes Interesse haben, dass unsere Methoden auch in die Praxis transferiert werden", sagt der Augsburger Forscher. Die Konferenz sei nötig, um Aufmerksamkeit zu bekommen. "Wir können nicht erwarten, dass Nichtregierungsorganisationen unsere wissenschaftlichen Artikel lesen", betont Kunstmann.

Kunstmann fordert Druck der Bürger beim Thema Klima

Auf politischer Ebene erwartet Kunstmann von der Weltklimakonferenz in Dubai eher überschaubare Entscheidungen: "Es läuft immer auf einen ganz schwachen Kompromiss hinaus, wenn fast 200 Länder am Schluss miteinander verhandeln", ist Kunstmanns Prognose. Kunstmann sieht deshalb die Bürger in der Pflicht, Druck zu machen, wenn sie mehr Klimaschutz wollen: "Der Politiker und der Staatschef reagiert natürlich nur auf den Druck und auf den Willen der Bevölkerung. Nur dann passiert auch übergeordnet etwas." Weltweit seien die Emissionen immer noch viel zu hoch, so Kunstmann.

Meteorologe lobt Bayerischen Städtetag und Akteure in Augsburg

EU-weit sieht Kunstmann einen deutlichen Rückgang des CO2-Ausstoßes. Forderungen wie die des Bayerischen Städtetages, Klimaschutz als Pflichtaufgabe der Kommunen festzuschreiben, gehen aus seiner Sicht in die richtige Richtung. Damit könne vom Bund das notwendige Geld für bessere Maßnahmen fließen.

Vor Ort in den Regionen werde ohnehin schon viel getan, lobt Kunstmann, "Initiativen, zum Beispiel die Energiewende Oberland, die also die Landkreise Tölz, Miesbach, Weilheim und Garmisch-Partenkirchen umfasst, die auch in ihren Kommunen versuchen zu unterstützen, Klimaneutralität am besten sogar bis 2035 zu erreichen, das macht Mut", so Kunstmann.

Lobenswert sei etwa auch die Anstrengung der Uni Augsburg oder des FC Augsburg, klimaneutral zu werden. "Der FC Augsburg hat eine sehr ernsthafte Nachhaltigkeitsstrategie, ermittelt mittlerweile seinen CO2-Fußabdruck und ist sehr bestrebt, zum Beispiel auch im Bereich Wasserhaushalt und Wassereinsparung Neuland zu betreten", so Kunstmann im Gespräch mit dem BR.

Wirtschaftswissenschaftler fordert neue Geschäftsmodelle

Um die richtigen Maßnahmen an den Start zu bringen und den wirklich großen Hebel in Sachen Klimaschutz anzulegen, müsse die Wirtschaft mit ins Boot, sagt Professor Marco Wilkens, Finanzwissenschaftler der Universität Augsburg, der auch in Dubai vor Ort sein wird. "Weltweit sind das 90 Billionen Euro, die wir alleine zur Bekämpfung des Klimawandels ausgeben müssen, die nächsten 20, 30 Jahre. Das wird typischerweise nur dann investiert, wenn diese Investitionen auch einigermaßen rentabel sind."

Inzwischen seien Geldgeber durchaus bereit, auf ein wenig Rendite zu verzichten, wenn sie in nachhaltige Dinge investieren. "Aber das heißt, wir müssen insbesondere dafür sorgen, dass wir Geschäftsmodelle schaffen, um die Investitionen zu gewährleisten, die wir brauchen in den nächsten Jahrzehnten" fordert Wilkens.

Weltklimakonferenz als Ort der Kooperation

Theoretisch sei das Thema Klimawandel einfach lösbar. Die Frage sei, "wie kriegen wir es praktisch hin auf der Basis der Interessen der verschiedenen Menschen?" Hier spiele Egoismus eine entscheidende Rolle: "Und wie löst man Egoismus? Über Kooperation! Das heißt, wir müssen kooperieren. Und die COP ist eine der wenigen Veranstaltungen, wo die Welt kooperiert oder zumindest versucht zu kooperieren. Und wenn wir eine Chance haben, dann über diese weltweiten Kooperationen", glaubt Wilkens.

Wilkens betont Bedeutung staatlicher Regulierung

Dabei macht der Wissenschaftler klar, dass es ohne staatliche Vorgaben nicht gehen werde. "Wir müssen unbedingt Geschäftsmodelle generieren, die es lohnenswert machen, in eine grüne Ökonomie zu investieren, und die es nicht mehr lohnenswert erscheinen lassen, in die alte braune Ökonomie zu investieren. Und da braucht es Gesetze, da braucht es ganz vorneweg CO2-Preise bei und CO2-Steuern und alle die Dinge, die man natürlich nicht so gerne möchte." Daran führe kein Weg vorbei. Wenn man es mit der Transformation ernst meine, so Wilkens.

Wärmepumpe als Beispiel für künftige Debatten

Die leidenschaftlich geführte Diskussion um Wärmepumpe und Heizungsgesetz etwa habe dabei einen durchaus positiven Effekt mit sich gebracht, bilanziert der Augsburger Wirtschaftswissenschaftler: "Das ist ein gutes Beispiel, mit der Wärmepumpe. Man kann in der Tat diesen gesamten Prozess so als Muster nehmen, als Beispiel für das, was uns in den nächsten Jahren erwartet."

Lange Zeit sei man davon ausgegangen, dass man den Klimawandel irgendwie nebenbei bekämpfen könne. Die Diskussionen um die Wärmepumpe hätten jetzt deutlich gemacht, dass man selbst investieren müsse und auch selbst kurzfristig in den sauren Apfel beißen müsse, wenn man das Klimaproblem in den Griff bekommen wolle.

Wirtschaftswissenschaftler hält Resignation nicht für angebracht

Wilkens bleibt dabei optimistisch: "Viele sagen immer, bringt das überhaupt noch was, sich für die Begrenzung des Klimawandels einzusetzen?" Seine Antwort sei: "Jede Maßnahme, die den Klimawandel begrenzt, also zumindest ein bisschen abmildert, ist es die Sache wert." Damit lasse sich Zeit gewinnen für technologischen Fortschritt, aber auch für gesellschaftliche Prozesse. In zehn bis zwanzig Jahren - vielleicht auch früher - hält Wilkens eine "Grüne Ökonomie" für möglich.

Augsburgs Fakultäten gehen Thema Klimawandel gemeinsam an

Die Forscher sammeln Daten, erstellen Rechenmodelle, entwerfen Prognosen – und vernetzen sich. Das fängt schon auf regionaler Ebene an – und hört bei der Weltklimakonferenz auf. Die Universität Augsburg hatte vor einigen Jahren das Zentrum für Klimaresilienz gegründet. "Das ist eine aus meiner Sicht sehr tolle und auch sehr wichtige Einrichtung, da sie nahezu alle Fakultäten der Universitäten unter einem Dach versammelt und überlegt, wie man sich auch vorbereitet, also wie man eine Gesellschaft resilient macht, also widerstandsfähig macht gegen den nicht mehr vermeidbaren Klimawandel", sagt Wirtschaftswissenschaftler Wilkens.

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