Eine Demonstrantin auf einer Querdenken-Demonstration in Nürnberg trägt eine Jacke mit der Aufschrift "Nein zur Impfung"
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Immer mehr Angehörige von Verschwörungsgläubigen brauchen Hilfe. In Mittelfranken gründet sich nun eine Selbsthilfegruppe.

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"Verquerte Welt": Selbsthilfe für Angehörige von Querdenkern

In der Corona-Pandemie hat die Zahl der Verschwörungsgläubigen zugenommen. Für Angehörige ist das Leben mit ihnen schwierig, die Atmosphäre in der Familie oft vergiftet. Deshalb gründen sich immer mehr Selbsthilfegruppen. Auch in Mittelfranken.

Wenn die Mutter, der Bruder oder der Ehepartner an Verschwörungstheorien glaubt, dann stehen Angehörige meist hilflos daneben. Wie sollen sie mit jemandem reden, der andere Argumente als die seinen nicht mehr gelten lässt? Der sich immer mehr in eine Parallelwelt flüchtet? Der die etablierten Medien als "Lügenpresse" und Nicht-Gläubige als "Schlafschafe" betitelt? Eine belastende Situation – so belastend, dass manch einer Hilfe braucht oder sich mit anderen Betroffenen austauschen will.

Betroffene gründet Selbsthilfegruppe "verquerte Welt"

Eine Betroffene ist es auch, die nun im Landkreis Erlangen-Höchstadt eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Querdenkern ins Leben rufen will. Wie auf dem Portal für Selbsthilfegruppen in der Region Nürnberg angekündigt ist, wird sich die Gruppe ab dem 26. Januar 2022 alle zwei Wochen treffen. Bei den Sitzungen unter dem Titel "verquerte Welt – Leben mit Verschwörungsanhängern" soll es darum gehen, wie man die Freunde oder Angehörigen mit einem Gespräch noch erreichen kann. Auch die Hilflosigkeit soll thematisiert werden, die Betroffene verspüren, wenn ihnen nahestehende Menschen in Verschwörungswelten abdriften und sich manche von ihnen gar radikalisieren.

Verschwörungsgläubige glauben nicht an Logik

Elisabeth Benzing, Geschäftsführerin der Kontakt- und Informationsstelle Selbsthilfegruppen (KISS) Mittelfranken, hat selbst ein Jahr lang eine solche Gruppe in Nürnberg geleitet. "Der größte Knackpunkt ist immer: Wie können wir in der Familie, in der Partnerschaft einen Dialog noch aufrechterhalten?", berichtet die Leiterin der Selbsthilfegruppen-Kontaktstelle. Mit Logik und Argumenten komme man an die Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, nicht ran. "Man kann das Gespräch über das Thema ausklammern", so Benzing.

Kein Gespräch möglich: Kontakt zu Eltern abgebrochen

Aber in einigen Fällen sei es nicht möglich, nicht über Verschwörungstheorien zu sprechen, so die Erfahrung von Elisabeth Benzing. Manchmal ziehe sich der Verschwörungsglaube durch alle Lebensbereiche. Und manchmal gebe es keine Lösung. Benzing berichtet, dass sich in ihrer Gruppe ein Betroffener von seiner Frau habe trennen müssen. Eine weitere Teilnehmerin habe den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen.

Anmeldung zur Selbsthilfegruppe aus ganz Mittelfranken möglich

Zu der neu gegründeten Gruppe "verquerte Welt – Leben mit Verschwörungsanhängern" können sich Betroffene aus ganz Mittelfranken anmelden. "Wenn sich viele melden, kann man auch eine weitere Gruppe gründen", sagt KISS-Geschäftsführerin Elisabeth Benzing. Wer sich anmelden oder erst einmal darüber informieren will, kann dies über die Kontakt- und Informationsstelle Selbsthilfegruppen (KISS) Erlangen oder die Zentrale in Nürnberg tun.

💡 Hier können Sie sich anmelden

Die Kontakt- und Informationsstelle Selbsthilfegruppen (KISS) ist folgendermaßen erreichbar:

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