Urteil rechtskräftig: Fotografieren von Falschparkern ist erlaubt
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Falschparker (Symbolbild)

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Urteil rechtskräftig: Fotografieren von Falschparkern erlaubt

Sie fotografierten Falschparker und schickten die Bilder an die Polizei: Zwei Männer in Bayern bekamen deshalb Ärger mit der Datenschutzaufsichtsbehörde. Ein Gericht gab den Männern jedoch Recht - nun ist dieses Urteil auch rechtskräftig.

Verstößt man gegen den Datenschutz, wenn man falsch parkende Autos ablichtet und die Bilder als Beweis an die Polizei weiterleitet? Zwei Männer in Bayern hatten deshalb Verwarnungen durch das Landesamt für Datenschutzaufsicht (LDA) erhalten und waren dagegen vor Gericht gezogen. Das Verwaltungsgericht in Ansbach hatte ihnen im November Recht gegeben - nun ist das Grundsatzurteil rechtskräftig, wie BR24 vom Anwalt eines Klägers erfahren hat. "Unsere Rechtsauffassung wurde vom Gericht bestätigt und die Behörde hat offensichtlich keine ausreichenden Erfolgsaussichten gesehen, das von einer höheren Instanz noch prüfen zu lassen", sagte Anwalt Matthias Lachenmann BR24.

Melden von Falschparkern im Interesse aller?

Vor Gericht ging es um die Fälle von Heiner Fuhrmann und Andreas S. Sie hatten in München in sechs beziehungsweise 17 Fällen Falschparker fotografiert und der Polizei gemeldet. Das blieb nicht ohne Folgen: Die beiden erhielten vom LDA eine Verwarnung und sollten je 100 Euro zahlen. Dagegen zogen die Männer vor Gericht, unter anderem unterstützt von der Deutschen Umwelthilfe (DUH).

Das Gericht befasste sich konkret damit, ob es im Rahmen der Datenschutzgrundverordnung ein berechtigtes Interesse am Verarbeiten von Daten aus den Fotos gibt oder nicht. Dabei stellte sich etwa die Frage, ob es im Interesse der Allgemeinheit liegt, wenn Privatpersonen Falschparker bei der Polizei anzeigen - oder ob die Anzeigensteller persönlich betroffen sein müssen. Und ob im speziellen Fall der beiden Männer nicht auch eine schriftliche oder telefonische Meldung anstelle der Anzeige ausgereicht hätte.

Anwalt Lachenmann erklärte nun BR24, er ordne die Urteilsbegründung des Gerichts folgendermaßen ein: Eine persönliche Betroffenheit des Anzeigenerstatters sei für das Vorliegen eines berechtigten Interesses nicht erforderlich. "Das Gericht stellt klar, dass auch die abstrakte Gefährdung ausreichen kann, dass Verstöße durch Bürger angezeigt werden können."

Anwalt: Fotos sollten keine Zusatzdaten preisgeben

Lachenmann warnte im Gespräch mit BR24 davor, das Urteil in dieser Hinsicht als "Freibrief" zu verstehen: Das Gericht halte es zwar rechtlich für zulässig, Fotos von falschparkenden Autos zu machen und diese ans Ordnungsamt oder die Polizei weiterzuleiten. Dabei müsse aber "das Prinzip der Datenminimierung gewahrt werden" - es sollten also keine anderen Autos oder Verkehrsteilnehmer auf den Bildern zu erkennen sein. Zudem betonte er: "Was sich nicht aus dem Urteil ergibt, ist, dass man die Fotos bei Social Media hochladen darf."

Das LDA hatte die Verwarnung der beiden Männer damit begründet, dass auf den Fotos der Falschparker auch weitere Informationen vorhanden seien, etwa Aufkleber auf einem Auto oder eine Delle in der Karosserie.

Werden nun mehr Menschen "Polizei spielen"?

In den Kommentaren äußerten sich einige Userinnen und User von BR24 irritiert über das Urteil und stellten die These auf, dass sich nun mehr Menschen bemüßigt fühlen könnten, selbst "Polizei zu spielen" und Falschparker zu melden - da sie aus datenschutzrechtlicher Sicht keine Konsequenzen fürchten müssten.

Der Jurist und Datenschutzexperte Thilo Weichert betonte im Gespräch mit BR24, dass er diese Befürchtungen nicht teile: "Die Urteile sind kein Freibrief für Denunzianten. So mag es Sachverhalte geben, bei denen ein Verstoß nicht eindeutig vorliegt." In diesem Fall könnte eine Falschbeschuldigung sogar unangenehm auf den Anzeigeerstatter zurückfallen. Der Experte gab auch zu bedenken, dass eventuell schutzwürdige Interessen des Autofahrers bestehen könnten - "etwa wenn der Angezeigte offenbar einen legitimen Grund hatte, objektiv einen Ordnungswidrigkeits-Tatbestand zu erfüllen, etwa wenn das unzulässige Parken wegen eines Notfalls gerechtfertigt gewesen sein könnte."

Es müsse außerdem längst nicht bei jedem Falschparker die Polizei gerufen werden, so Weichert. In vielen Fällen sei es sinnvoller, den Betroffenen einfach "direkt auf sein asoziales Verhalten anzusprechen."

Landesamt für Datenschutz will Richtlinien offenbar anpassen

Im November hatte die Behörde dann angekündigt, nach Vorliegen der Urteilsgründe zu prüfen, ob es sich um eine Einzelfallentscheidung handele oder ob eine für den Datenschutz kritische Neubewertung der Nutzung von Fotoaufnahmen im öffentlichen Raum eingeleitet worden sei.

Darüber hinaus will das LDA laut eigenen Angaben mit der Polizei klare und einheitliche Richtlinien abstimmen, welche Angaben bei einer Anzeigeerstattung wegen Falschparkens verlangt werden und welcher Kommunikationsweg dafür genutzt werden sollte. Zu einer aktuellen Anfrage von BR24, welche Schritte man nun verfolgen werde, nahm die Behörde keine Stellung.

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