Der Wässerer Jürgen Zwingel öffnet eine Schleuse eines Wässergrabens im Nürnberger Ortsteil Reichelsdorf. Die Traditionelle Wiesenbewässerung ist von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit ernannt worden.
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Die Traditionelle Wiesenbewässerung ist zum immateriellen Kulturerbe ernannt worden.

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Unesco: Frankens Traditionelle Wiesenbewässerung ist Kulturerbe

Die Wässerwiesen haben seit Jahrhunderten Tradition in Franken. Jetzt ist die Traditionelle Wiesenbewässerung von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe ernannt worden. Die Technik hat mehrere Vorteile für Mensch und Natur.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Die Traditionelle Wiesenbewässerung ist von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit ernannt worden. Bei dieser Form der Bewässerung wird Wasser aus Flüssen und Kanälen mithilfe der Schwerkraft auf landwirtschaftliche Flächen wie Felder und Wiesen geleitet. "Die Traditionelle Bewässerung ist ein lebendiges Erbe, das einen entscheidenden Beitrag dazu leistet, die biologische Vielfalt unserer Kulturlandschaften zu erhalten", sagte der Vizepräsident der Deutschen Unesco-Kommission, Christoph Wulf.

Antrag aus Landkreis Forchheim, Möhrendorf und Nürnberg

Vor allem in Nürnberg, im Landkreis Forchheim und in Möhrendorf im Landkreis Erlangen-Höchstadt wurde die Entscheidung mit Spannung erwartet. Die drei Kommunen hatten den Antrag zusammen mit den Queichwiesen in Rheinland-Pfalz von deutscher Seite vorangetrieben. Daran beteiligt waren auch traditionelle Bewässerungskulturen in Belgien, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz.

Bewässerung kultiviert trockene Gebiete

Bei der Traditionellen Bewässerung werden vorübergehend kleine Gräben ausgehoben oder Wasser aufgestaut, um künstliche Überläufe zu schaffen. Diese nachhaltige Form der Wasserversorgung dient laut Unesco dazu, trockene Gebiete zu kultivieren. Neben dem landwirtschaftlichen Nutzen habe die Technik zudem positive Auswirkungen auf die Biodiversität.

Video: Wasser aus der Rednitz - Wässerwiesen in Mittelfranken

Klimawandel und Trockenheit in Franken: Das System der Wässerwiesen und Wässergenossenschaften an der Rednitz ist Immaterielles Kulturerbe.
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Bewässerungstechnik der Wässerwiesen

Wässerwiesen seit dem 15. Jahrhundert

Die ersten Belege für diese Form der besonderen Bewässerungswirtschaft reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück und stammen aus dem Wiesenttal. Wie Roland Lindacher von der Unteren Naturschutzbehörde im Landkreis Forchheim im BR24-Gespräch erklärte, geht es dabei nicht nur um die Bewässerung von Wiesen. Die Schwebteilchen im Wasser wirkten vielmehr wie ein natürlicher Dünger und hätten vor Erfindung des Kunstdüngers dazu gedient, den Ertrag zu steigern, so der Experte.

Im Frühjahr diene die Bewässerung auch dazu, die Wiese zu erwärmen. Zudem gebe es spezialisierte Pflanzen und Tiere, die den Lebensraum der wechselfeuchten Wiesen bräuchten. Darüber hinaus dienten die Wiesen auch dazu, Hochwasser oder Starkregen aufzunehmen.

Wissen über Generationen

Nach Roland Lindachers Worten werden noch mehrere hundert Hektar Grünland zwischen Rednitz, Regnitz und Wiesent auf diese traditionelle Art bewässert. "Das ist keine Technik, die man in einem Wochenendkurs erlernen kann, sondern die eben über Generationen weitergegeben wird." Teil der Traditionellen Wiesenbewässerung sind auch die zehn Möhrendorfer Wasserschöpfräder, die jedes Jahr ab dem 1. Mai von Ehrenamtlichen an der Regnitz aufgestellt und Ende September wieder eingelagert werden. Auch für die Wasserschöpfräder gibt es Belege vom Beginn des 15. Jahrhunderts.

Wiesenwässerung unterstützt Trinkwasserversorgung

Die Nachricht wurde von den betroffenen Kommunen mit großer Freude aufgenommen. "Seit dem Mittelalter ist die traditionelle Bewässerung der Wässerwiesen belegt und zeugt davon, dass auch hier schon lange, bevor es die Kategorie ‚Nachhaltigkeit‘ gab, nachhaltig gewirtschaftet und Landwirtschaft betrieben wurde", sagte Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU). Umweltreferentin Britta Walthelm (Bündnis 90/Die Grünen) ergänzte, die bewässerten Wiesen hätten einen positiven Einfluss auf Umwelt und Klima. "Tatsächlich kühlen die Wiesen die im Sommer zunehmend überhitzte Stadt."

Die Stadt Forchheim erklärte, die Bewässerungen seien in Zeiten des Klimawandels gefragter denn je. "Die Wässerwiesen binden in erheblichem Maß Kohlenstoff und dienen somit dem Klimaschutz der Stadt Forchheim." Zudem werde dadurch die Trinkwasserversorgung und die Grundwasserneubildung unterstützt.

Der Unesco-Ausschuss für das immaterielle Kulturerbe tagt noch bis 9. Dezember in Kasane im afrikanischen Botswana.

Mit Informationen von dpa.

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