Archivbild: Jugendliche in einer KZ-Gedenkstätte.
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Studie: Nazi-Verbrechen bewegen Jugendliche mehr als früher

Eine aktuelle Studie zeigt: Jugendliche und junge Erwachsene gehen mit der Zeit des Nationalsozialismus anders um als ihre Elterngeneration. Sie interessieren sich mehr dafür – und lassen die Gräuel der damaligen Zeit emotional näher an sich heran.

Wie gehen Jugendliche heute mit den Verbrechen der Nationalsozialisten um? Haben sie dazu eine andere Haltung als ihre Eltern - auch weil die zeitliche Distanz immer größer wird? Das wollte eine Studie des "Rheingold Instituts" herausfinden.

Die Forschenden haben deshalb einhundert tiefenpsychologische Interviews und eine repräsentative Umfrage unter jungen Menschen, der sogenannten "Generation Z" der 16- bis 25-Jährigen, sowie deren Eltern geführt.

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"Krass, es ist echt passiert!" - Manche müssen weinen

Das Ergebnis der Studie: Junge Menschen nehmen das Geschehene viel emotionaler wahr als noch ihre Eltern. Die Älteren, die 40- bis 60-Jährigen, können sich besser von dem Schrecken der NS-Zeit distanzieren.

Das erlebt auch Rainer Karl häufig, er ist Geschichtslehrer an der Realschule in Neubiberg, einem Vorort von München. Wenn er Führungen im ehemaligen Konzentrationslager Dachau macht oder eine Opfergeschichte im Unterricht behandelt, würden sich die Schülerinnen und Schülern oft in die Lage der Getöteten hineinversetzen, manche auch weinen, so der Lehrer.

Erschlagend sei es, sich mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen, sagt dazu die Schülerin Anna Buschmann. Die 16-Jährige geht in die zehnte Klasse an der Staatlichen Realschule Neubiberg. "Wenn man das, was passiert ist, in einem Buch lesen oder in einem Film sehen würde, würde man sich denken: ‚Ja, das ist ganz schön krass.‘ Aber es ist in echt passiert!"

Junge Generation sieht keine direkte Schuld mehr

Die Theorie der Forschenden der neuen Studie ist: Dadurch, dass die derzeitige Generation junger Menschen kaum noch jemanden aus der Generation der Täter kennt, würden Schuldgefühle und der Umgang damit weiter weg rücken. Beides würde hingegen die ältere Generationen stark beschäftigten.

Ein rationalerer, analytischerer Umgang mit den Gräueln der NS-Zeit helfe dabei, sich etwas von der Schuld - vielleicht auch der eigener Familienmitglieder -zu distanzieren.

Auch heute wieder Rassismus, Diskriminierung, Rechtsradikale

Dafür ziehen Jugendliche und junge Erwachsene heute Verbindungen zwischen der damaligen und der heutigen Zeit, auch das zeigt die Studie. Ob Rassismus im Alltag, Diskriminierung oder einfache Weltbilder von Populisten oder Rechtsradikalen, oft ziehen junge Menschen Parallelen und versuchen, Lehren zu ziehen.

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Schülerin Lina Brettschneider, ebenfalls Zehntklässlerin, kennt zwar niemanden persönlich, der sich zum Beispiel eine starke Führerfigur wünschen würde. Aber sie nimmt Tendenzen auch in Deutschland wahr. Und ist gleichzeitig überzeugt: "dass sehr viele aus der Geschichte gelernt haben, die man definitiv nicht vergessen sollte."

Wichtig, sich mit aktuellen Tendenzen auseinanderzusetzen

Das Fazit der Schülerinnen und Schüler der Neubiberger Realschule: Rassismus, Diskriminierung von Minderheiten, Gruppendynamiken, einfache Weltbilder nach dem Schema "wir gegen die" - all das gibt es auch heutzutage.

Wer sich aber damit auseinandergesetzt hat, wozu solche Tendenzen damals geführt haben, hoffen die Schülerinnen und Schüler, ist bereit, dagegen anzukämpfen, sollten sie sich wiederholen.

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