Söder hält neue Bezahlkarte
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Söder gibt Startschuss für Bezahlkarte

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Söder gibt Startschuss für Bezahlkarte: So funktioniert sie

Mit dem Testbetrieb in vier Kommunen startet am Donnerstag Bayerns Bezahlkarte für Asylbewerber. "Bayern handelt da sehr entschlossen", sagte Ministerpräsident Söder bei der Vorstellung. Wer die Karte bekommt und welche Einschränkungen es gibt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat in München den Startschuss für die bayerische Bezahlkarte für Asylbewerber gegeben. Sie wird von dieser Woche an zunächst in Pilotregionen getestet, soll in einigen Wochen bayernweit zum Einsatz kommen. "Die Bezahlkarte löst nicht alle Probleme, aber sie ist Bestandteil einer großen Problemlösung", sagte Söder. Damit werde das "wichtige Signal" gesetzt, "dass Sachleistung der bessere Weg ist als Geldleistung". Bayern gehe dabei voran und handle sehr entschlossen.

Der CSU-Politiker betonte, der Freistaat habe im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht auf ein bundesweites Verfahren gewartet, da dies zu lange dauere. Somit sei Bayern schneller und "auch letztlich konsequenter". Wer bekommt die Karte? Welche Funktionen hat sie? Ein Überblick.

Wer soll die bayerische Bezahlkarte erhalten?

Die Bezahlkarte ist für alle Menschen in Bayern vorgesehen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Ziel der Karte ist, Geldleistungen weitgehend durch Sachleistungen zu ersetzen.

Nach Angaben von Ministerpräsident Söder wird die Karte im zweiten Quartal bayernweit "ausgerollt". Insgesamt sollen rund 70.000 Asylbewerber ab 14 Jahren eine solche Karte bekommen. Die Höhe der Summe, die zur Verfügung gestellt wird, hängt laut Innenministerium von verschiedenen Faktoren ab – wie Alter, Familienstand und Art der Unterbringung.

Wann werden die ersten Karten ausgegeben?

In vier Kommunen startet ab Donnerstag ein Testbetrieb: in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Günzburg und Traunstein sowie in der Stadt Straubing. Im Kreis Günzburg werden gleich am Donnerstag und Freitag insgesamt knapp 600 Bezahlkarten ausgegeben, wie Landrat Hans Reichhart (CSU) BR24 sagte. Im Kreis Fürstenfeldbruck erhalten die Karte am Samstag zunächst neu ankommende Asylbewerber, die per Bus eintreffen. Die übrigen Leistungsempfänger folgen dann bis Ende des Monats, damit sie ab April ihre Leistungen nicht mehr in bar bekommen.

In Straubing soll die Ausgabe der Karten am Donnerstag starten. Insgesamt rechnet die Stadt damit, in der Testphase bis zu 400 Karten auszugeben. Beim Landratsamt Traunstein heißt es, das Pilotprojekt beginne noch diesen Monat.

Wie funktioniert die Karte?

Die Verwendung der Bezahlkarten gleicht im Alltag weitgehend dem Einsatz von EC- oder Debitkarten. Asylbewerber sollen damit beispielsweise in Supermärkten und Bekleidungsgeschäften bezahlen können – sofern sie genügend Guthaben haben. Ministerpräsident Söder betont: "Damit können – und das ist jetzt wichtig – alle Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz abgebildet werden, also Essen, Kleidung und Hygieneartikel und Ähnliches mehr, auch Kommunikation."

Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) erläutert, für den Leistungsempfänger ändere sich nichts, "außer dass er kein Bargeld mehr ausgehändigt bekommt". Akzeptiert wird die Karte überall, wo mit der MasterCard bezahlt werden kann. "Man hat den großen Vorteil, dass dieses System etabliert ist, in der Fläche anerkannt, weit verbreitet ist und damit natürlich auch die Nutzbarkeit der Karte in vielen Bereichen gewährleistet ist", erläutert Kirchner.

Welche Einschränkungen gibt es bei der Karte?

Da mit den Leistungen der tägliche Bedarf der Asylbewerber abgedeckt werden soll, ist die Bezahlkarte mit mehreren Einschränkungen verbunden. "Es gibt kein Onlineshopping, es gibt kein Glücksspiel, und es gibt vor allem keine Überweisungen ins Ausland oder an Dritte", sagt Söder.

Der Ausschluss bestimmter Waren wie Alkohol oder Zigaretten ist laut Innenministerium technisch nicht möglich. Es könnten aber bestimmte Händlergruppen gesperrt werden, zum Beispiel Geldübermittlungsdienste wie Western Union oder MoneyGram.

Für einzelne ausgewählte Angebote soll eine Online-Zahlung ermöglicht werden – zum Beispiel für das 49-Euro-Ticket oder für Anwaltskosten. Dafür gebe es eine sogenannte Whitelist mit bestimmten Empfängern. Während des Pilotprojekts sollen Kirchner zufolge Erfahrungen damit gesammelt werden, um die Whitelist gegebenenfalls zu überarbeiten.

Was ist mit Bargeld?

Die Bargeldabhebung ist auf monatlich 50 Euro pro Person beschränkt. "Uns ist wichtig, dass wir das verfügbare Bargeld, das es noch gibt, geringer ansetzen als in anderen Bundesländern", betont der Ministerpräsident. Mit 50 Euro könne man bar bezahlen, was notwendig sei – ein Pausenbrot oder eine Busfahrkarte.

"Aber mehr Geld – glauben wir nicht, dass notwendig ist." Wer also in einem Monat schon 30 Euro am Geldautomaten oder der Supermarktkasse abgehoben hat, kann sich bis Monatsende nur noch höchstens weitere 20 Euro in bar auszahlen lassen.

Gibt es regionale Beschränkungen?

Nach Angaben des Innenministeriums kann die Einsatzmöglichkeit der Bezahlkarte auf einen Landkreis oder kreisfreie Stadt beschränkt werden – nach Postleitzahlen. Geplant ist, dass Neuankömmlinge, die ihren Landkreis wegen der Residenzpflicht nicht verlassen dürfen, mit der Karte auch nur in diesem Landkreis bezahlen dürfen.

Kirchner zufolge werden die Karten in den Pilotkommunen mit regionaler Beschränkung ausgeliefert. Die zuständigen Behörden hätten dann die Möglichkeit, die Beschränkung im Rahmen der rechtlichen Rahmenbedingungen individuell anzupassen.

Welche weiteren Möglichkeiten haben die Behörden?

Das Guthaben der Asylbewerber bleibt laut Kirchner bis zur Zahlung bei der Leistungsbehörde. Damit habe der Freistaat die Möglichkeit, die Karte zu sperren, wenn ein Asylbewerber untertauche oder verschwinde. Anderseits sieht Kirchner auch Vorteile für den Empfänger. Wenn er oder sie die Karte verliere, könne sie gesperrt und eine neue ausgegeben werden, das Geld stehe dann weiter zur Verfügung.

Wie geht es weiter?

Während der Testphase will Kirchner mögliche "Kinderkrankheiten" und "Wehwehchen" feststellen, um die Bezahlkarte vor der bayernweiten Einführung optimieren zu können. "Wir arbeiten jetzt schon daran, den Rollout entsprechend vorzubereiten und uns dort Gedanken zu machen, wie wir das Ganze aufstellen." Erklärtes Ziel sei, dass die Bezahlkarte bis Ende des zweiten Quartals überall im Freistaat verfügbar sei. Bisher habe der Freistaat sie in einer "sehr rekordverdächtigen Zeit" auf den Weg gebracht.

Wer bezahlt die Entwicklung der Bezahlkarte?

Die Kosten für Entwicklung, Bereitstellung und Nutzung der Bezahlkarte hat laut Kirchner vollständig der Freistaat Bayern übernommen. Den Kommunen entstünden somit keine Kosten. Wie teuer den Freistaat die Einführung der Bezahlkarte kommt, sagte der Innenstaatssekretär nicht: Er bitte um Verständnis, dass er derzeit keine Aussage machen könne, weil sich die Freisinger Firma PayCenter – Bayerns Kooperationspartner – möglicherweise an der bundesweiten Ausschreibung für Bezahlkarten beteiligen wolle. Der Freistaat sei aber "in einem moderaten Bereich unterwegs".

Was soll die Karte bewirken?

Die Staatsregierung will mit der Einführung der Bezahlkarte dazu beitragen, die Anreize für Menschen zu minimieren, in Deutschland Asyl zu beantragen. Zugleich soll damit laut Ministerpräsident Söder der Geldhahn für Schleuser und Schlepper ein Stück weit zugedreht werden. Der Geldtransfer ins Ausland werde erschwert. Söder versteht die Einführung der Karte auch als Signal an die Bürgerinnen und Bürger, dass die Politik ihren Verpflichtungen nachkomme und Probleme anpacke.

Was kritisiert die Opposition?

Die Integrationsexpertin der Grünen-Landtagsfraktion, Gülseren Demirel, wirft der Staatsregierung vor, sich bei der Bezahlkarte für eine "Schluder-Variante" entschieden zu haben. "Gefangen im Stammtisch-Tunnel, vergisst sie die simpelsten Grundlagen. Nämlich Aspekte wie Rechtssicherheit und Datenschutz." Söder und Co. sollten die lauten Warnsignale aus Test-Kommunen, von Wohlfahrtsverbänden und Helferkreisen dringend ernst nehmen.

Demirel fordert eine Bezahlkarte, die sauber ausgearbeitet und frei von Diskriminierung sei. "Wer als geflüchtete Person neu nach Bayern kommt und noch kein Konto hat, bekäme so eine Karte." Diese wäre "für eine bestimmte Zeit digitales Zahlungsmittel ohne Einschränkungen". Die Stadt Hannover zeige, dass das funktioniere. In den vergangenen Wochen hatten Flüchtlingsorganisationen die bayerischen Kartenpläne wiederholt kritisiert.

Bildrechte: BR/Christian Riedl
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Die Bezahlkarte kommt mit Erklärung in verschiedenen Sprachen.

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