Die Busschule macht den Viertklässlern der Grundschule Wielenbach Spaß
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Die Busschule macht den Viertklässlern der Grundschule Wielenbach Spaß.

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"Busschule" für Kinder: So wird Busfahren weniger gefährlich

Mehr als zwei Millionen Schüler und Auszubildende in Bayern fahren mit dem Bus zu Schule und Arbeit. Immer wieder kommt es dabei zu gefährlichen Situationen. Um die zu vermeiden, helfen Busfahrer mit der "Busschule" - zum Beispiel in Weilheim.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Mit einem lauten Knall platzt eine Wasserflasche, als der Busreifen darüber rollt. Demonstrativ hält Ulrich Kranz, Busfahrer vom Regionalverkehr Oberbayern, die platt gedrückte Plastikflasche in die Höhe. "Gut, dass das kein Fuß war", ruft einer der Viertklässler. Er nimmt mit seinen Mitschülern an einer sogenannten "Busschule" teil. Spielerisch lernen die Kinder hier die Busregeln.

Schulung: Für den Busfahrer eine "Herzensangelegenheit"

Seit vielen Jahren bietet Kranz diese Spezial-Schulung an. Für den Busfahrer aus Leidenschaft ist es eine Herzensangelegenheit. Bis zu 1.500 Schülerinnen und Schüler sind pro Jahr im bayerischen Oberland dabei. Heute unterrichtet er die 4. Klasse der Grundschule Wielenbach bei Weilheim. Kranz hat viele praktische Tipps für die Kinder. Etwa wenn der Bus einem ganz langsam rollend von der Seite zu nahe komme, helfe am besten das kräftige Klopfen gegen die Scheibe. Dieses Geräusch sei alarmierend für jeden Busfahrer, instinktiv würde er sofort auf die Bremse steigen, erklärt Kranz.

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So sieht es aus, wenn ein 12 Tonnen schwerer Bus über eine Wasserflasche gerollt ist. Busfahrer Ulrich Kranz zeigt sie den Viertklässlern.

"Niemals aus dem Bus springen"

Ulrich Kranz legt besonderen Wert darauf, dass jedes Kind immer links und rechts schaut, bevor es aus dem Schulbus steigt. Denn immer wieder komme es zu gefährlichen Situationen, weil Autofahrer oder Radfahrer sich eng an dem Bus vorbeidrängten. Daher könne der Blick nach links und rechts Unfälle verhindern.

Daher niemals aus dem Bus springen, so sein Credo. Immer langsam und umsichtig aussteigen. In einer praktischen Übung lernen die Kinder hier das richtige Verhalten. Genauso wichtig ist aber auch die Disziplin beim Einsteigen. Toben und Drängeln seien gefährlich. Vor allem, wenn der Bus gerade einfährt. An manchen Haltestellen würden die Kinder schon in Reih und Glied stehen, darüber freut sich Kranz ganz besonders, das sei vorbildlich.

Bus sicherer als Auto

Die letzten Auswertungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung von 2022 belegen: Mit einem Anteil von nur 4,3 % am gesamten Unfallgeschehen im Straßenverkehr sind Schulbusse nach wie vor die sicherste Alternative für den Schulweg. Die meisten Straßenverkehrsunfälle in der Schüler-Unfallversicherung passieren mit dem Fahrrad (53,77 %), gefolgt vom Pkw (12,4 %). Auch als Fußgänger leben Schüler gefährlicher (8,17 %).

Trotzdem kommt es immer wieder zu schlimmen Unfällen im Zusammenhang mit Bussen. Im Jahr 2022 verunglückten laut Statistischem Bundesamt bundesweit 1.233 Kinder und Jugendliche in Linien-, Schul-, Reise- und sonstigen Bussen - davon kamen drei ums Leben. In reinen Schulbussen verunglückten 190 Insassen dieser Altersklasse. Oft sorgen schon ein paar Verhaltensregeln für mehr Sicherheit.

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Die Kinder stehen im toten Winkel und können über die Spiegel im Bus nicht gesehen werden.

Vier gefährliche "tote Winkel" rund um den Bus

Besonders tückisch für jeden Busfahrer sind die sogenannten "Toten Winkel" - also die Bereiche um ein Fahrzeug, die er im Rück- oder Seitenspiegel nicht sehen kann. Die Kinder lernen das an einem praktischen Beispiel. Schülerin Maria sitzt auf dem Fahrersitz. Und obwohl ihre ganze Klasse fast direkt am Bus steht, sieht sie es im Spiegel nicht. Maria ist erstaunt, wie wenig der Fahrer trotz der riesigen Spiegel sieht.

Der tote Winkel sei oft schuld an Unfällen, erklärt Kranz. Jedes Fahrzeug habe vier tote Winkel: Links und rechts sowie am Heck und direkt vor dem Fahrzeug. Folgende Faustregel lernen die Kinder, wenn sie sich auf den Bus zubewegen: "Wenn du im Außenspiegel des Fahrzeugs den Fahrer nicht sehen kannst, kann er dich auch nicht sehen. Du befindest dich dann im toten Winkel", sagt Kranz.

Schulranzen gehört nicht auf den Sitz

Seine Busschule ist Ulrich Kranz ein großes Anliegen. Der Job als Busfahrer verlange höchste Konzentration, in jeder Sekunde könne eine gefährliche Situation im Straßenverkehr entstehen. Er habe keinen Autopiloten an Bord wie etwa ein Flugkapitän, sagt er schmunzelnd. Umso wichtiger sei es, dass während der Fahrt möglichst wenig Stress entstehe - und da spielen die jungen Fahrgäste eine entscheidende Rolle. Er appelliert an die Kinder, möglichst leise im Bus zu sein und alle freien Sitzplätze zu besetzen. Der Schulranzen gehöre auf den Boden, nicht auf den Sitz. Wer sich an ein paar Regeln halte, mache es allen einfacher.

Für die Kinder der vierten Klasse war es auf jeden Fall ein spannender Vormittag. Sie haben viel gelernt und Spaß gehabt, so ihr Fazit. Busschulen gibt es in verschiedenen Regionen in Bayern. Teilweise bieten sie private Busunternehmer an oder eben der öffentliche Regionalverkehr. Kranz empfiehlt Schulleitungen und Lehrern, sich aktiv um einen solchen Kurs zu kümmern. Michaela Beel, die Schulleiterin der Grundschule Wielenbach, setzt schon seit vielen Jahren auf diesen Kurs. Jedes Kind ihrer Schule durchlaufe einmal die Busschule. Sie weiß, hier lernt jeder was fürs Leben.

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