Die Gedenkstätte für die Opfer des Anschlags am OEZ in München 2016
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Die Gedenkstätte für die Opfer des Anschlags am OEZ in München 2016 (Archivbild).

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Rassistische Übergriffe in München: Beratungsfall-Zahl steigt

Die Zahl von Diskriminierungen und rassistischen Übergriffen in München war ohnehin hoch – im vergangenen Jahr ist sie weiter gestiegen. Das geht aus dem Jahresbericht 2022 hervor, den die Opferberatungsstelle "Before" heute vorgestellt hat.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Noch nie haben so viele Menschen Hilfe bei der Opferberatungsstelle "Before" gesucht wie im vergangenen Jahr. Die Zahl der Beratungsfälle stieg 2022 im Vergleich zum Vorjahr um rund 15 Prozent auf ein neues Allzeithoch.

Insgesamt betreuten die Mitarbeiter von Before im vergangenen Jahr 465 Hilfesuchende, die zum Beispiel wegen ihrer Herkunft am Arbeitsplatz oder bei der Wohnungssuche diskriminiert, die rassistisch beleidigt oder körperlich angegriffen wurden. Fast die Hälfte von ihnen waren Opfer von Gewalt - und die Dunkelziffer ist hoch. Bis heute kümmert sich Before außerdem um Betroffene des neonazistischen Oktoberfestattentats von 1980 und des rassistischen Anschlags am Olympia-Einkaufszentrum 2016.

Appell: Vorfälle ernst nehmen

Ein Großteil der von Before registrierten Vorfälle ereignet sich in öffentlichen Verkehrsmitteln, am Arbeitsplatz oder im Wohnumfeld – also dort, wo es schwerfällt, Übergriffen auszuweichen. Rassistische oder antisemitische Attacken im nachbarschaftlichen Umfeld dürften nicht bagatellisiert werden, fordert Opferberaterin Anja Spiegler: "Die Belastung für die Betroffenen bei Übergriffen im Wohnumfeld ist immens, besonders weil es täglich zur Konfrontation mit den Täterinnen und Tätern kommen kann." Umso wichtiger sei es, dass Nachbarn und Vermieter die Vorfälle ernst nehmen und sich solidarisieren. So sollten Wohnungsgesellschaften zum Beispiel Anlaufstellen für Betroffene einrichten.

Angriffe selbst auf Mütter mit Kleinkindern

Immer wieder werden auch Kinder und Jugendliche rassistisch beschimpft, bedroht und geschlagen. So betreute Before im vergangenen Jahr 24 Kinder unter zwölf Jahren sowie 28 Jugendliche, die Opfer von Gewalt geworden waren. Und rassistische Täter machen selbst vor Müttern mit kleinen Kindern nicht halt. So kommt es immer wieder zu Attacken zum Beispiel in der U-Bahn oder auch auf Spielplätzen in Parks oder Wohnanlagen. Gerade in solchen Situationen sei Zivilcourage gefragt, fordert Before: Zeugen sollten einschreiten und den Betroffenen zur Seite stehen, damit Eltern und Kinder nicht traumatisiert werden und sich aus Angst völlig aus der Öffentlichkeit zurückziehen.

Kaum Anlaufstellen für Betroffene im Freistaat

München sei leider nicht frei von Diskriminierungen und rechten, rassistischen Übergriffen, konstatiert der Geschäftsführende Vorstand von Before, Siegfried Benker, und fordert: "An diesen Zustand darf sich die Stadtgesellschaft nicht gewöhnen." Auch mit Blick auf die kommenden Landtagswahlen hofft man bei Before auf einen Wahlkampf ohne Stimmungsmache gegen Migranten und darauf, dass Einrichtungen wie die Münchner Beratungsstelle demnächst auch im übrigen Bayern flächendeckend eingerichtet werden. Denn in den meisten Regionen des Freistaates haben Opfer von rassistischer und rechter Gewalt kaum eine Anlaufstelle, an die sie sich wenden können.

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